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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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im Herrenhaus nehmen könnte. Als ich mich überzeugt hatte, dass dies trotz einiger Schwierigkeiten möglich sei, sagte ich ihr, dass ich gerne bleiben würde. In diesem Augenblick ertönte die Glocke des Wohnzimmers.
    »Wenn Sie hineingehen, Mary, so sagen Sie Ihrem Herrn, dass jemand da sei, der mit ihm zu sprechen wünscht. Nennen Sie ihm jedoch nicht meinen Namen.«
    »Ich glaube nicht, dass er Sie vorlassen wird«, entgegnete sie. »Er weist alle Leute ab.«
    Als sie zurückkam, fragte ich, was er gesagt habe.
    »Er lässt nach Ihrem Namen und Ihrem Anliegen fragen«, entgegnete sie. Dann machte sie sich daran, ein Glasmit Wasser zu füllen und es mit zwei Kerzen auf ein Tablett zu stellen.
    »Klingelte er Ihnen, um dies zu verlangen?«, fragte ich.
    »Ja, er lässt stets Kerzen bringen, wenn es dunkel wird, wenn er auch blind ist.«
    »Geben Sie mir das Brett, ich will es hineintragen.«
    Ich nahm es ihr aus der Hand, und sie bezeichnete mir die Tür des Wohnzimmers. Das Tablett zitterte in meiner Hand, ich verschüttete das Wasser, das Herz pochte mir fast hörbar in der Brust. Mary öffnete die Tür für mich und schloss sie hinter mir wieder.
    Das Wohnzimmer sah düster aus; ein vernachlässigtes Feuer qualmte im Kamin, und darüber gebeugt, den Kopf auf den hohen, altmodischen Kaminsims gestützt, stand der blinde Bewohner des Zimmers. Sein alter Hund Pilot lag an einer Wand; es schien, als hätte er sich selbst behutsam aus dem Wege geräumt aus Furcht, dass er getreten werden könnte. Als ich eintrat, spitzte Pilot die Ohren. Dann sprang er winselnd empor und stürzte auf mich zu – fast hätte er mir das Tablett aus der Hand gestoßen.
    Ich stellte es auf den Tisch, streichelte ihn und sagte leise: »Kusch, Pilot!« Mechanisch drehte Mr. Rochester sich herum, als wolle er
sehen
, was diese Unruhe verursachte. Da er aber nichts sehen
konnte
, wandte er den Kopf wieder ab und seufzte laut auf.
    »Gib mir das Wasser, Mary«, sagte er.
    Ich näherte mich ihm mit dem nur noch zur Hälfte gefüllten Glas. Pilot folgte mir, noch immer mit dem Schweif wedelnd.
    »Was gibt es denn?«, fragte er.
    »Kusch, Pilot!«, sagte ich noch einmal. Im Begriff, das Wasserglas an die Lippen zu führen, hielt er inne und schien zu lauschen. Dann trank er und setzte das Glas wieder hin.
    »Du bist es doch, Mary?«
    »Mary ist in der Küche«, entgegnete ich.
    Mit einer hastigen Gebärde streckte er die Hand aus, da er aber nicht sah, wo ich stand, berührte er mich nicht.
    »Wer ist es? Wer ist es?«, fragte er ängstlich und versuchte, wie es schein, mit seinen blinden Augen zu
sehen
. Ein vergeblicher, trauriger Versuch. »Antworte mir, sprich noch einmal!«, befahl er laut und herrisch.
    »Wollen Sie noch ein wenig Wasser, Sir? Ich habe die Hälfte von dem verschüttet, was im Glas war«, sagte ich.
    » Wer
ist es?
Was
ist es?
Wer
spricht?«
    »Pilot kennt mich, und John und Mary wissen, dass ich hier bin. Ich bin erst heute Abend angekommen«, antwortete ich.
    »Allmächtiger Gott! Welche Täuschung hat sich meiner bemächtigt? Welch schöner Wahnsinn hat mich erfasst?«
    »Keine Täuschung, kein Wahnsinn, Sir. Ihr Geist ist zu stark, um Täuschungen zu verfallen; ihre Gesundheit zu kräftig für den Wahnsinn.«
    »Und wo ist die Sprecherin? Ist es nur eine Stimme? Oh, ich
kann nicht
sehen, aber ich muss fühlen, oder mein Herz hört auf zu schlagen, und mein Kopf zerspringt. Was auch immer, wer auch immer du sein magst – lass dich anfassen, oder ich kann nicht länger leben!«
    Er tastete umher. Ich fasste seine unsichere Hand und umschloss sie mit den meinen.
    »Es sind ihre Finger!«, rief er aus, »ihre kleinen, dünnen Finger! Und wenn sie es sind, so muss doch noch mehr von ihr da sein.«
    Die kräftige Hand entzog sich meiner Umklammerung; er fasste meinen Arm – meine Schulter – meinen Hals – meine Taille – er zog mich an sich und hielt mich umschlungen.
    »Ist das Jane?
Was
ist es? Dies ist ihre Gestalt, ihre Größe …«
    »Und dies ist ihre Stimme«, fügte ich hinzu. »Sie ist hier,ganz und gar hier, und ihr Herz auch. Gott segne Sie, Sir! Ich bin so glücklich, Ihnen wieder nahe zu sein!«
    »Jane Eyre! – Jane Eyre!«, war alles, was er sagte.
    »Ja, mein teurer Herr«, antwortete ich, »ich bin Jane Eyre; ich habe Sie wiedergefunden, ich bin zu Ihnen zurückgekehrt!«
    »In Wahrheit? Leibhaftig? Meine lebendige Jane?«
    »Sie halten mich, Sir – Sie halten mich ja, und fest obendrein. Ich bin

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