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Jane Reloaded - Roman

Jane Reloaded - Roman

Titel: Jane Reloaded - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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ich zum ersten Mal gehört, als ich fünf Jahre alt war. Die Erinnerung daran fühlt sich bis heute nicht gut an.
    Was ein Labor war, hatte ich schon als kleines Kind begriffen, weil meine Großmutter in einem arbeitete. Warum aber meine Eltern wegen eines Labors, egal wie es hieß, stritten und sich mit hässlich verzerrten Gesichtern anschreien mussten, das verstand ich nicht. Immer wenn dieser fremde Name Laos auftauchte, hielt ich mir die Ohren zu und sang auf alle Melodien, die mir gerade einfielen, immer lauter Lalalala, bis mir die Tränen kamen.
    Bald darauf ging mein Vater weg – zog genau an diesen Ort. Gregor versprach mir zum Abschied, ich würde ihn eines Tages dort besuchen kommen und ihn dann sicher verstehen. Denn Laos sei das alte Lan Sang gewesen, das Land der Millionen Elefanten, und bis heute sei dieser Flecken Erde ein Garten Eden mit bunten Orchideen und Wasserfällen, mit Affen und Tigern. Auf einem Elefanten könnte ich sicher auch reiten und vielleicht sogar Koboldmakis beobachten oder mit den Gibbons singen. Ich nickte nur, glaubte ihm aber kein Wort.
    Meine Mutter erwähnte Gregor und diesen Ort nicht mehr, und ich versuchte, es ihr gleichzutun, nahm mir sogar vor, meinen Vater ganz zu vergessen. Doch es gelang mir nicht. Als ich größer wurde, bekam ich zudem immer öfter zu hören, wie sehr ich meinem Vater ähneln würde. Vor allem wegen der Augen, sagten viele Bekannte, obwohl meine doch nur andeutungsweise asiatisch geschnitten sind. Gregors Augen dagegen haben die typisch chinesische Form. Manchmal stand ich vor dem Spiegel und zog mit meinen Zeigefingern die Augenwinkel nach hinten, damit ich noch mehr wie er aussah. Mein Vater entstammte einer kurzen und heftigen deutsch-chinesischen Liebe, daher die ungewöhnliche Namenskombination Gregor Bao Li. Sein zweiter Vorname Bao bedeutet übrigens Leopard, der Familienname ist Li. Meine Mutter hatte nach der Heirat ihren eigenen Nachnamen behalten, da war sie noch stolz auf den Namen Klark gewesen.
    Während seiner seltenen Kurzbesuche in Deutschland lud Gregor mich nie wieder zu sich ein, und so begann ich heimlich von diesem Ort zu träumen, an dem mein Vater lebte und den ich Lala nannte. Die Abkürzung klang nicht nur weniger bedrohlich als Laos-Labor, sondern sogar leicht und lustig. Lala stand für etwas Unerreichtes, das mich zwar magisch anzog, aber immer auch ein wenig ängstigte. In meiner kindlichen Gedankenwelt wurde es zu einem Fantasieort, an den ich mich gerne flüchtete, weil dort alles wunderbar und schön war. Irgendwann hatte ich meiner Mutter davon erzählt, und wenn ich mich ganz in mich zurückzog oder allein sein wollte, sagte sie: Du bist wohl wieder in Lala.
    Als ich nun viele Jahre später in der Ankunftshalle des Golden-Triangle-Airport stand und dem echten Laos-Labor plötzlich ganz nah war, fühlte ich mich wieder genauso hin und her gerissen wie früher, als ich von Lala geträumt hatte.
    Die stickige Luft nahm mir fast den Atem, die schwüle Hitze war wie eine Wand. Als hätte mir jemand einen Schlag auf den Kopf versetzt. Und obwohl ich genau wusste, dass das Land der Millionen Elefanten schon lange untergegangen war und man die frei lebenden Dickhäuter an zwei Händen abzählen konnte, freute ich mich wie das Kind, dem Gregor einen Ausflug in den Garten Eden versprochen hatte. Aber die kleine Tanja gab es schon lange nicht mehr, und ich sollte mich besser zusammenreißen, denn hier stand keine kindische Träumerin mehr, sondern Jane reloaded.
    Mit fünfzehn Jahren hatte ich mich so genannt, und zwar auf einer Reise nach Afrika. Zum zweiten Mal durfte ich damals meine Großmutter zu einer Grabungsexpedition nach Äthiopien in die Afar-Senke begleiten, wo wir wieder auf Knieschonern im Dreck herumrutschen würden, um in glühender Hitze nach fossilen Zähnen zu suchen: von Tieren, aber vor allem auch von Hominiden. Auf dieser Reise flogen wir als Belohnung für die heiße Schwerstarbeit jedoch zuerst nach Tansania, um den Serengeti-Nationalpark und die Olduvai-Schlucht zu besuchen, wo die berühmte Mary Leakey und ihr Ehemann Louis gegraben und die Wiege der Menschheit in Afrika entdeckt hatten. Genau diesen Ort und den Geist, der hier und über den südlich gelegenen Fußspuren von Laetoli wehe, müsse jede in der Klark-Familie einmal gesehen und gespürt haben, lautete das Credo meiner Großmutter.
    Auf dem Weg in die Serengeti stoppte der Jeep am ersten Abend am Ngorongoro-Krater, wo es bei unserer

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