Jane True 02 - Meeresblitzen
kam, um nach mir zu sehen.
»Jane, was machst du da?«
»Ich packe. Soll ich mein Rückflugticket online bestellen? Oder soll ich die Fluggesellschaft anrufen? Ist morgen zu kurzfristig? Ich will nicht, dass du mehr für meinen Rückflug zahlen musst.«
»Jane, Schatz…«
»Ich hoffe, ich bekomme morgen überhaupt noch einen Platz. Sonst nehme ich vielleicht einfach einen Mietwagen. Das bezahle ich dann natürlich…«
»Jane, Sekunde.«
»Klar…«, murmelte ich und organisierte weiter im Geiste meine Sachen. Mein Make-up und meine Kosmetik hatte ich bereits fast vollständig gepackt, mit Ausnahme der Sachen, die ich morgen früh noch brauchen würde. Also fing ich an, meine dreckigen Klamotten in eine frische Mülltüte zu stopfen, die ich aus der Küche mitgebracht hatte, bis ich merkte, dass Ryu versuchte, meine Aufmerksamkeit zu erlangen.
»Entschuldige, was gibt’s?«, fragte ich, als ich alles in der Tüte verstaut hatte.
»Liebling, wir müssen reden.«
»Über was?«
»Über uns. Über diese Woche. Über alles.«
Ich hielt inne. In meinem müden Hirn ging alles durcheinander. Dann zwang ich mich, mein letztes Paar dreckiger Socken in die Tüte zu werfen und sie zuzubinden, bevor ich mich zu Ryu umwandte.
»Ist das jetzt das Gespräch, in dem du mir mitteilst, dass es nett mit uns war, aber dass du jetzt mit dem Satyr durchbrennst«, scherzte ich, wenig erfreut über die Wendung, die das Ganze jetzt nahm. Ich wollte nicht »reden«, zumindest nicht über ernste Dinge. Ich war so durcheinander und so müde, dass jede Art von »Gespräch« jetzt eine ganz schlechte Idee war.
»Nein, ist es nicht«, sagte Ryu lächelnd. »Es ist das Gespräch, bei dem wir die Sache auf den Punkt bringen und uns gegenseitig sagen, was wir fühlen. Bei dem wir über unsere Zukunft sprechen. Ich möchte, dass wir zusammen sind.«
»Ryu, wir sind doch zusammen. Wenn es hier um Exklusivität geht, dann kann ich dir versichern, dass ich zu Hause in Rockabill nicht hinter deinem Rücken mit Stuart rummachen werde.«
»Das ist genau der Punkt. Exklusivität.«
»Hä?«
»Ich brauche dich bei mir.«
»Ich bin ja bei dir…«
»Baby, bitte. Wenn mir diese Woche etwas gezeigt hat, dann wie sehr ich will, dass du Teil meines Lebens bist. Also möchte ich, dass du ernsthaft überlegst, zu mir nach Boston zu ziehen. Es muss ja nicht sofort sein. Aber ich will, dass du darüber nachdenkst.«
»Oh«, sagte ich und starrte auf meine Hände. Mein Hirn überschlug sich. Ich konnte meinen eigenen Gedanken kaum folgen, aber sie kreisten um ein einziges negatives Gefühl: Nein . Es kam nicht infrage, dass ich irgendwann in nächster Zeit nach Boston ziehen würde. Da war mein Training und mein Vater und mein Leben in Rockabill und die Tatsache, dass ich nicht einmal wusste, ob ich wirklich …
»Ist das alles, was du mir zu sagen hast?«
»Nein, ich weiß nur nicht, wo ich anfangen soll… Ich glaube nicht, dass ich für all das schon bereit bin…«
»Das reicht mir nicht als Antwort. Ich glaube, wir sind so weit. Ich liebe dich, Jane.«
Ich zuckte zusammen. Tat er das? Wirklich?
»Ryu, wir kennen uns doch kaum…«
»Was redest du denn da? Ich kenne dich nun schon seit Monaten. Ich weiß, dass du stark bist und schlau und mutig. Ich weiß, dass du zu mir passt. Wir passen gut zusammen,
und wir mögen die gleichen Dinge. Wir würden uns gegenseitig noch stärker machen.«
Ich dachte über seine Worte nach. Wir hatten so vieles zusammen durchgemacht, und in mancher Hinsicht waren wir uns sehr nah. Aber in manch anderer kannten wir uns überhaupt nicht. Und passte ich wirklich so gut zu ihm?
Ich sah mich in seinem tadellosen, kühlen, teuer eingerichteten Schlafzimmer um, und wieder kam mir unwillkürlich der Gedanke: Nein .
»Okay, warum?«, fragte ich in dem Versuch, mich von dem negativen Wort abzulenken. »Warum jetzt? Warum können wir es nicht so belassen, wie es jetzt zwischen uns ist?«
»Muss ich dir das wirklich erklären?«
»Wenn man bedenkt, dass hierherzuziehen für mich bedeutet, dass ich meine Familie und meine Freunde zurücklasse und auch mein Training, dann ja. Ich sehe keinen Grund dafür, dass wir irgendetwas überstürzen.«
Ich hockte neben meinem Koffer, und Ryu kniete sich neben mich.
»Jane, es gibt so viele Gründe, warum ich dich hier bei mir haben will. Aber am allermeisten will ich es, weil ich dir sonst nicht treu sein kann. Sag mir nicht, dass dir das nicht klar ist. Ich bin es
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