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Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)

Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)

Titel: Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Mockridge , Lars Lindigkeit , Markus Paßlick
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unseren Jüngsten rufen will, weiß ich plötzlich nicht mehr, wie der heißt. Ich benutze dann einen einfachen Trick: Ich fange beim Ältesten an, hole tief Luft und rufe:
    »Nicky, Teo, Luki, Lenny, Jeremy … LIAM!«
    Ah, genau, Liam heißt er. YES!
    Inzwischen lasse ich die Namen komplett weg. Wenn mir ein Name nicht einfällt, brülle ich einfach durchs ganze Haus: »Kommt alle her, Himmel , Arsch und Zwirn !« Oder: »Essen ist fertig, Himmel , Arsch und Zwirn !« Inzwischen glauben meine drei Großen, sie heißen »Himmel, Arsch und Zwirn!«
    Die zwei in der Mitte heißen » Verflixt « und » Zugenäht «. Und der Kleine ist der » Heilige Bimbam «.
    So weit, so gut. Nur: Auf die Namen muss man auch erst mal kommen. Es bleiben Namen, halt nur andere.
    Vor einigen Jahren spielten zwei von meinen Jungs auf der Straße, da hörte ich von weitem ein Auto mit hoher Geschwindigkeit in unsere Richtung brausen. Als besorgter Vater rief ich: »Pass auf, Verflixt !«
    Verflixt guckte kurz hoch und sagte: »Wer, ich? Ich bin Zugenäht !«
    Ich rief verzweifelt: »Lauf doch los, Heiliger Bimbam !«
    Da rannte der Kleine plötzlich aus dem Garten quer über die Straße.
    Ich brüllte mit letzter Kraft: »Was macht ihr denn, Himmel , Arsch und Zwirn ?«
    Da tönte es aus dem Haus: »Wir gucken SIMPSONS!«

    Es gibt auch andere Momente, die mich schier verzweifeln lassen. Sie kommen aus dem Nichts, und sie kommen immer öfter: Ich sitze zum Beispiel im Wohnzimmer und denke so vor mich hin. Plötzlich fällt mir siedendheiß ein: Ich brauche ganz dringend was aus dem Arbeitszimmer. Jetzt sofort und wie gesagt: ganz dringend. Ich bewege mich also so lautlos wie möglich aus dem schweren Ledersessel (»Ääääärrh Pffffrrr«) und mache mich auf den Weg in mein Arbeitszimmer.
    Leute, das sind zehn Schritte, keine zehn Kilometer. Ich will nur damit sagen: Ich bin jetzt nicht tagelang unterwegs. Ich brauche dazu keinen Rucksack voller Proviant oder einen Packesel für die Expeditionsausrüstung. Ich gehe also durch den Flur in mein Arbeitszimmer, stehe vor meinem Schreibtisch und denke:

    Und danach denke ich: Warum bin ich hierhergekommen? Was brauche ich so dringend? Ich weiß es nicht mehr! Vor zwei Sekunden war dieser Gegenstand noch mein ganzer Lebensinhalt. Und jetzt: einfach weg! In meinem Kopf ist ein schwarzes Loch, ein Strudel, der meine Erinnerung in die Tiefe reißt.
    Früher habe ich oft Dinge vergessen, weil ich mit den Gedanken woanders war. Wenn ich heute Dinge vergesse, bin ich mit meinen Gedanken im Nirgendwo. Ich stehe mitten in meinem eigenen Arbeitszimmer, wie ein fremder Vollidiot. Meine Beine sind dann immer ganz stolz, die haben ihre Arbeit getan, die sind fertig und stehen so rum. Dann werden meine Hände tätig. Planlos fassen sie alles an, wühlen sich durch das Chaos auf meinem Schreibtisch, befummeln sogar die Gardinen.
    Kurz bevor ich völlig durchdrehe, mischen sich meine Augen ein. Ich habe sehr freundliche Augen, die signalisieren mir völlig ruhig und entspannt: »Bill, mach dir keine Sorgen, entspanne dich. Wir haben einen einfachen Trick: Wir schauen wie die Kollegen des Adlers durch das ganze Zimmer. Wir werden entdecken, was du begehrst, und sei es noch so klein.«
    Und meine Adleraugen schauen durch das Zimmer. Über die Regale, untern Schreibtisch, durch das Fenster, über den Boden. Ich öffne dabei meine Arme wie Schwingen, um meinen Augen ein besseres Gefühl zu geben. Und immer wieder fragen sie mich: »Und Bill? Hast du es schon gesehen?«
    Ich antworte mit zittriger Stimme: »Wahas? Was soll ich gesehen haben? Ich weiß ja nicht mal, was ihr sucht!«
    Und was mich völlig in den Wahnsinn treibt: Ich weiß, das Ding steht irgendwo dort im Regal, winkt mir zu und ruft: »Hallo! HAAAALLO, BI-HILL! Hiiier bin ich!«
    Meine Schwiegermutter ist sechsundachtzig und voller Ratschläge (gebetene und ungebetene). Sie sagt immer: Wenn Mann etwas vergessen hat, soll Mann wieder zurückgehen. Am Ausgangspunkt fällt es einem dann wieder ein. Ich kann es ja mal probieren.
    Ich verlasse, durch mich selbst gedemütigt, das Arbeitszimmer. Meine Beine sind sauer, meine Hände umgreifen langsam, aber fest meinen Hals und meine Augen tränen vor Enttäuschung. Ich gehe zurück ins Wohnzimmer und lasse mich nahezu lautlos in den Ledersessel fallen (»Fffrrrrummz!«).
    In dem Moment erwacht mein Gesäß und – verdammte Hacke! Meine Schwiegermutter hat recht! Da ist es wieder! Heller als tausend

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