Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)

Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)

Titel: Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Mockridge , Lars Lindigkeit , Markus Paßlick
Vom Netzwerk:
nachdem wir das Urlaubs-Methadonprogramm im Garten verbracht haben, nie in unser eigenes Haus, ohne dass das 120-Dezibel-Piepen sämtlichen Bewohnern unserer Straße die Trommelfelle gesprengt hat, aber das ist ein anderes Thema. Gut, eigentlich ist es genau dasselbe Thema, aber ich möchte nicht darüber sprechen. Einige jetzt schwerhörige Nachbarn sind noch immer angesäuert. Nur Friedhelm nicht. Friedhelm wohnt bei uns in der Straße nur ein paar Häuser weiter, und er hat natürlich vollstes Verständnis dafür. Er ist ja selber so ein Sicherheitsfanatiker. Rüstet auf bis zum Gehtnichtmehr, noch viel schlimmer als ich. Er hat mir neulich seine neueste Installation gezeigt: Per Fernsteuerung gehen die Rollläden dreimal am Tag auf und zu.
    »So denkt jeder Einbrecher, dass jemand zu Hause ist!«, erklärte er mir stolz.
    Ich war fasziniert von Friedhelms Methode: Er täuschte Leben vor, wo sonst keines ist. Das kannte ich bislang nur von meinen pubertierenden Jungs samstagmorgens am Frühstückstisch, wenn sie die Nacht vorher durchgefeiert hatten. Und bei Friedhelm geht es sogar noch weiter – nicht nur die Rollläden fahren runter, nein, es knipsen sich auch vollautomatisch alle Lichter an und aus, inklusive Radio, Fernseher und Stereoanlage. Was für ein Getöse! Trotzdem war dann, während er weg war, zweimal die Polizei bei ihm. Nicht wegen der Einbrecher, sondern wegen der vielen parkenden Autos. Die Jugendlichen aus dem Umkreis hatten gedacht, bei ihm hätte eine neue Großraumdisco eröffnet. Meine Jungs haben mit ihren Kumpels auch mitgefeiert und konnten nach durchzechter Nacht morgens direkt die hundert Meter zu unserem Frühstückstisch rübergehen. Immerhin das war praktisch.
    Noch besser sind … aber bevor ich davon erzähle, sollte ich doch lieber noch mal gucken, ob ich auch wirklich meine Tasche aus meinem Au … Ja? Tatsächlich? Was Sie nicht sagen! Danke. Jedenfalls: Noch besser sind Alarmanlagen, die automatisch eine SMS auf dein Handy senden, wenn jemand Unbefugtes dein Haus betritt. Sie sitzen also auf den Malediven am Strand – in der linken Hand ein schönes Eis, in der rechten das Handy, das plötzlich piept. Sie lesen: »Es wird gerade bei dir eingebrochen!« Na, toll. Was bringt mir das? Soll ich den Einbrechern etwa zurückschreiben? »Lieber Einbrecher, vielen Dank für deinen Besuch. Bitte fühle dich wie zu Hause. Der Schmuck ist nicht echt, und kannst du bitte, wenn du eh schon gerade dabei bist, den potthässlichen Glastisch zertrümmern, das kann ich dann als Versicherungsschaden absetzen …« Oder auch: »Hallo, lieber Einbrecher, bitte Bier für die Rückkehr kaltstellen, hab ich nämlich vergessen!«
    Was gegen Einbrecher natürlich auch hilft, ist ein schönes großes Schild: »Warnung vor dem Hunde!« Gerade bei solch blutrünstigen Bestien wie unseren wirkt das Wunder. Kennen Sie diesen tollwütigen Bernhardiner aus Stephen King’s »Cujo«? Ein Kuscheltier gegen unsere Kampfhunde. Dementsprechend martialisch muss so ein Warnschild sein, mit abgebildeten gefletschten Zähnen, tiefen Kratzspuren einer riesigen Pranke und am besten noch ein paar Blutflecken von mindestens fünf Opfern drauf. Das Ding hab ich direkt an unseren Eingangszaun genagelt. Und es verfehlt seine Wirkung nicht: Wenn jetzt ein Einbrecher lebensmüde unser Grundstück betritt und unsere kleinen, sabbernden, keuchenden Möpse Möppi und Kenzo herantapsen sieht, erstickt er unweigerlich an seinem qualvollen Lachanfall. Das entspricht eindeutig nicht den Genfer Menschenrechtskonventionen, ich weiß – aber er wurde schließlich gewarnt. Don’t mess with Möppi and The Kenzonator!

    So sieht’s aus in meinem aufgerüsteten Leben als rüstiger Senior. Oft frage ich mich selbst, warum ich mir diesen Sicherheitsirrsinn überhaupt antue. Warum fühlen wir uns so unsicher? Laut Kriminalstatistik passiert nämlich immer weniger. Wir haben anscheinend immer noch das Gefühl, früher sei alles besser gewesen. »Früher konnte ich noch mein Haus verlassen, ohne abzuschließen!«, höre ich meine Nachbarin Frau Reinecke oft sagen. »Ja, Frau Reinecke, da können Sie mal sehen, wie tief die Einbrecher gesunken sind«, würde ich immer gerne entgegnen. Tue ich aber natürlich nicht. Ich denke es nur. Und was ich ebenfalls tief im Innersten denke: eigentlich alles Quatsch mit diesem Sicherheitsgedöns. Sicher ist nur, dass wir irgendwann einmal den Löffel abgeben. Und genau deshalb sollten wir das Leben

Weitere Kostenlose Bücher