Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)
es so was wirklich geben sollte, dann sagt mir bitte Bescheid. Das würde mich interessieren, also nur so, aus Interesse.«
Die beiden unterbrachen ihren Streit, schauten erst mich groß an und dann sich gegenseitig. Nach einer kurzen Pause sagte Frau Lülsdorf: »Ja, danke, das ist eine gute Idee.«
Und ihr Mann bestätigte: »Prima, das machen wir!«
Ich nahm eine Packung Grießbrei aus dem Regal und verabschiedete mich. Im Weggehen hörte ich Herrn Lülsdorf noch fragen: »So ein netter Mann, woher kennen wir den eigentlich?«
Seine Frau erwiderte genervt: »Du vergisst wirklich alles! Das ist Herr Schiller. Der ist doch beim Fernsehen. Der wohnt im Marienhof!«
Am nächsten Tag sind die beiden wirklich zu Dr. Peters gegangen. Nach ausgiebigen Untersuchungen stellte er seine Diagnose: »Liebe Frau Lülsdorf, lieber Herr Lülsdorf, ich habe eine gute Nachricht: Ihnen fehlt gar nichts. Sie sind beide kerngesund. So gesund müsste man sein, mit achtzig Jahren. Nur bei der Vergesslichkeit kann ich nichts für Sie tun. Ich habe aber einen Rat für Sie: Schreiben Sie die Dinge einfach auf! Dann hat man es schwarz auf weiß und kann es immer beweisen.«
Beide versprachen, sich an den Tipp von Dr. Peters zu halten.
Bei der Verabschiedung sagte Herr Lülsdorf: »Ach, Herr Doktor, könnten Sie das auch bitte dem Herrn Schiller aus dem Fernsehen sagen?«
Und seine Frau ergänzte: »Ein netter Mann, den kennen Sie doch, der hatte früher das Reisebüro bei ›Gute Zeiten, schlechte Zeiten‹.«
Dr. Peters lächelte: »Ja, den kenne ich, der kommt häufiger zu mir, zusammen mit Herrn Mockridge.«
Am selben Abend saßen Herr und Frau Lülsdorf zufrieden vor dem Fernseher. In einer Werbepause stand Herr Lülsdorf auf und ging langsam Richtung Küche.
Sie fragte: »Heinrich, wo willst du jetzt schon wieder hin?«
Er antwortete: »Ich gehe in die Küche, ein Bier holen.«
Da wurde sie ganz aufmerksam: »Ach, das trifft sich aber gut. Wenn du in die Küche gehst, kannst du mir etwas von dem Grießbrei mitbringen, den ich heute Morgen gekocht habe? Mit ein bisschen Himbeersoße oben drüber und vielleicht ein wenig Schlagsahne aus der Sprühdose. Aber bitte nicht so viel, nur einmal pfft, nicht pfffffffffffffffffft. Und wenn du schon dabei bist, vielleicht eine Schattenmorelle, ohne Stein, oben auf die Schlagsahne. Ja, Schatz, bist du so lieb?«
»Ja, natürlich, Lisbeth, das mache ich für dich. Ich gehe dann jetzt.«
Bevor er weitergehen konnte, unterbrach sie ihn vehement: »Nee-nee-nee-nee! Jetzt kommst du her und schreibst das alles auf, wie Dr. Peters es uns gesagt hat.«
Er erwiderte deutlich angesäuert: »Ich denke nicht dran, das aufzuschreiben! Ich bin doch nicht plemm-plemm! Verdammt nochmal!«
Er ging schnurstracks weiter in Richtung Küche. Von dort hörte sie ihn laut und lange werkeln. Nach zwanzig Minuten kam er zurück ins Wohnzimmer mit einem Teller in der Hand. Darauf lagen zwei Wiener Würstchen.
»So, Schatz, für dich. Bitte schön!«
Als sie die Würstchen sah, verlor sie völlig die Fassung: »Ich habe dir gesagt, du sollst es aufschreiben! Siehste, du hast den Senf vergessen !«
Kurz darauf saßen beide zufriedener denn je auf dem Sofa und verputzten genüsslich die Würstchen. Nach einem Schluck aus seinem Bierglas sagte Herr Lülsdorf: »Schatz, dass mit den Würstchen war eine gute Idee von dir.«
Sie antwortete: »Ja, wirklich, das können wir öfters machen. Und morgen laden wir Herrn Schiller vom »Denver-Clan« ein, vielleicht isst der auch eins mit.«
»Prima, ich schreib das schon mal auf!«
31.
Über Eselsbrücken musst du gehen
Was macht man gegen die Vergesslichkeit, wenn man sich nicht immer alles notieren will? Ich suche ständig nach neuen Wegen und bin immer wieder überrascht, dass es anscheinend auch ältere Menschen gibt, die das gar nicht nötig haben. Bei denen funktioniert das Gedächtnis einwandfrei, obwohl sie alte Säcke sind. Wie machen die das nur?
Nehmen wir unseren Altkanzler Helmut Schmidt. Der sitzt bei Beckmann oder Kerner und hat auf jede noch so komplizierte Frage eine perfekte Antwort. Weil er anscheinend alle Fakten fein säuberlich im Kopf abgespeichert hat. Und das in dem Alter. Ein Phänomen!
Helmut Schmidt weiß wahrscheinlich noch ganz genau, welche Farbe das Kleid von Margot Honecker hatte, als er im Dezember 1981 auf Staatsbesuch in der DDR war. Wenn er durch den dichten Zigarettenqualm die Farbe überhaupt erkennen konnte.
Und da
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