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Jeans und große Klappe

Jeans und große Klappe

Titel: Jeans und große Klappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Pfändungsbeschluß oder Zwangsräumung, vorzubeugen, aber bis zu Frau Schwerdtle war die Nachricht noch nicht gedrungen. Auf ihrem Weg zum Supermarkt – pünktlich um zehn, wie immer – blieb sie vor dem Gartenzaun stehen und betrachtete wohlwollend Stefanie, die im Badeanzug in einer Wolke von Seifenschaum stand und die Bücherbretter schrubbte.
    »So? Habt ihr heit Großputz? Ha no, des muß a sein. Ich hab' meinen scho im Frühjohr g'macht. Grad vor Oschtern, so wie jedes Johr.« (Sie ist auch eine von denen, die nach dem Grundsatz leben: Montags Silber putzen, dienstags Teppiche klopfen, mittwochs kleine Wäsche …)
    Sascha lud gerade wieder einen Korb voll Bücher auf dem Rasen ab.
    »Na so ebbes, hebt ihr aber viele. Hebt ihr die alle scho g'lese?«
    »Einige schon, aber die meisten haben wir bloß geerbt«, sagte Rolf, der Frau Schwerdtle nicht leiden kann.
    »Ja, so isch des also. Wissen Se, ich les ja a arg viel, am liebschte Arztromane und so welche, wo im medizinischen Bereich spiele. Die sin immer so hochinteressant. Ich hol se mir allweil aus der Leihbücherei.«
    »Ich glaube, da haben wir etwas für Sie.« Rolf überflog suchend die einzelnen Stapel und fischte aus einem von ihnen ein voluminöses Werk in dunkelgrünem Einband heraus. »Die Handlung spielt in einem Schweizer Sanatorium, genauer gesagt, in einer Lungenheilstätte.« Dann drückte er mit einem impertinenten Grinsen der überraschten Frau Schwerdtle Thomas Manns ›Zauberberg‹ in die Hand. Sie betrachtete den umfangreichen Wälzer etwas zweifelnd, steckte ihn aber doch in ihre Einkaufstasche. Wenige Tage darauf brachte sie ihn zurück: »Wisse Se, des isch doch e arg dickes Buch, und so viel Zeit zum Lese hab' ich nun a wedder net. Des hätte ich in em halwe Johr noch net durch.«
    Das Wohnzimmer war endlich leer. Sascha sammelte die herumliegenden Schrauben zusammen und legte sie in eine Puddingschüssel, die er sorgfältig wegstellte. Später konnte er sich nicht mehr erinnern, wohin er sie gestellt hatte. Wäre Steffi nicht auf die Idee gekommen, zum Abendessen Käsetoast zu machen, hätten wir diese Schüssel vermutlich erst nach Tagen gefunden. Wer deponiert denn auch Schrauben im Backofen?
    Svens Zeitplan war bereits erheblich durcheinandergekommen, nicht zuletzt deshalb, weil niemand an Abdeckmaterial für den Teppichboden gedacht hatte. Frau Keks spendete einen leeren Torfsack. Katja kaufte für drei Mark Einkaufstüten aus Plastik. Die verbliebenen Flächen füllten wir mit der örtlichen Tageszeitung. Aus dem letzten Bogen faltete Sascha einen Papierhelm, stülpte ihn sich aufs Haupt und ging ans Werk. Gleichmäßig zog er mit der Rolle einen breiten Streifen Farbe an die Zimmerdecke. Gleichmäßig rann die Farbe in breiten Streifen an seinen Armen herunter. Gleichmäßig tropfte es auf die Tengelmann-Tüten.
    »So geht das nicht! Bringt doch mal die Leiter!«
    Die Leiter kam. Nun tropfte es auch auf die Stufen. Dann aufs Hemd. Sascha zog es aus. Jetzt tropfte es auf den gerade abgeklungenen Sonnenbrand und verwandelte Saschas Rücken in einen Fliegenpilz. Ein bißchen Farbe blieb aber auch an der Decke, mal mehr, mal weniger, zusammen ergab es ein apartes Streifenmuster.
    Sven verfolgte kopfschüttelnd Saschas Kunstfertigkeit. »Das wird doch nie etwas. Laß mich mal ran!«
    Svens Streifen waren zwar breiter und gleichmäßiger, aber irgendwie hatte ich den ursprünglichen Anstrich etwas anders in Erinnerung.
    »Nun warte doch erst mal, bis das Zeug trocken ist«, beruhigte mich mein Sohn. »Sieh lieber nach, was da draußen im Garten los ist. Das hört sich an wie ein Kindergarten!«
    Es war auch einer. Den Zwillingen war es offenbar zu langweilig geworden, und so hatten sie Hilfstruppen herangeholt, die sie bei der Arbeit unterstützen sollten. Bettina bearbeitete gerade die Lexika mit einer schwarzen Schuhbürste. Zwei andere halfen Stefanie und legten die frisch gesäuberten Bretter sorgfältig zwischen die Blumenbeete zum Trocknen.
    »Ihr Idioten! Jetzt klebt doch wieder der ganze Sand drunter!« Steffi verteilte wahllos ein paar Ohrfeigen, scheuchte die plärrenden Hilfsarbeiter aus dem Garten und drehte seufzend den Schlauch an. »Kann mir nicht mal jemand helfen?«
    »Guck mal, Nicki, da kommt dein Verliebter!« Katja zeigte zur Gartentür, die Jens geräuschvoll hinter sich zuknallte. Nicki errötete zart, murmelte etwas von dämliche Gans« und »bloß eifersüchtig« und lief Ihrem Satelliten entgegen.
    Jens

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