Jeans und große Klappe
geschaffen. Er zupfte Unkraut. Da es sich hierbei um Pflanzen handelt, hinter deren Vorzüge wir bloß noch nicht gekommen sind, ließ er prompt alles stehen, was nicht einwandfrei als Brennessel zu klassifizieren war. Gehorsam wusch er auch den Wagen und hatte gerade mit dem Polieren des linken Kotflügels angefangen, als Rolf ihm das Silberputzmittel aus der Hand riß und ihn aus der Garage scheuchte.
»Bist du denn von allen guten Geistern verlassen? Mit dem Zeug kannst du doch nicht auf Lack herumwischen.«
»Steht doch aber drauf: Putzt alles, was glänzen soll«, verteidigte sich sein Filius.
»Raus!!!«
Immerhin hatte Sascha schon drei Viertel seines neuen Anoraks ›verdient‹, obwohl ich ihm eigentlich die Hälfte davon wieder hätte abziehen müssen, weil das Resultat seiner Fronarbeit doch ziemlich weit von deutscher Gründlichkeit entfernt war. Andererseits mußte ich auch den guten Willen honorieren.
»Wenn du jetzt noch im Wohnzimmer die Fenster putzt, sind wir quitt«, erklärte ich meinem Sprößling. Es schadet einem künftigen Ehemann gar nichts, wenn er aus eigener Erfahrung weiß, wie viele Rumpfbeugen zum Reinigen übermannshoher Fensterscheiben nötig sind.
»Wird gemacht!« Bereitwillig verschwand Sascha im Garten. Minuten später prasselte ein Gewitterregen an die Scheiben, ein Naturwunder, denn draußen schien die Sonne, und kein Wölkchen war zu sehen. Ich raste ins Wohnzimmer und stellte fest, daß Sascha den Gartenschlauch voll aufgedreht und den dicken Strahl direkt auf die Fenster gerichtet hatte. An der Terrassentür bildete sich bereits ein Rinnsal und sammelte sich auf dem Parkettboden mit Marschrichtung Küche.
»Bist du verrückt? Sofort aufhören!«
Sascha verstand offenbar kein Wort und winkte mir fröhlich zu.
»Nimm den Schlauch weg!« brüllte ich noch lauter.
Sascha nickte und richtete den Wasserstrahl auf das obere Drittel der Scheiben. Jetzt tropfte es auch aufs Fensterbrett.
»Auf-hö-ren!!«
Sascha zuckte mit den Schultern und malte Wasserkringel. Ich rannte durchs Wohnzimmer, durchs Eßzimmer, durch den großen Flur, durch den kleinen Flur, durch die Haustür, die Treppe hinunter, den Weg am Haus entlang bis zum Wasserhahn und drehte ihn aufatmend zu. Sascha kam mit dem tropfenden Schlauch um die Ecke: »Meinst du, das reicht schon?«
»Du bist wohl restlos übergeschnappt! Geh mal rein und sieh dir die Ferkelei drinnen an. Was hast du dir bei dieser Wasserschlacht eigentlich gedacht? So putzt man doch keine Fenster.«
»Soll ich vielleicht jede Scheibe einzeln abwischen? Du machst das alles immer viel zu umständlich, so was muß man rationalisieren.«
»Darunter versteht man doch Arbeitseinsparung, nicht wahr? Dann kannst du erst einmal im Wohnzimmer den Fußboden aufwischen, anschließend machst du die Terrassenmöbel sauber, hängst die ganzen Strohmatten auf und legst den Sumpf trocken, der mal ein Blumenbeet war. Was dir dein Bruder erzählt, wenn er seine klatschnassen Schuhe findet, kannst du dir vielleicht selber ausmalen!«
Für die nächste Stunde war Sascha hinreichend beschäftigt, und während er mit dem Fuß das Scheuertuch über den Parkettboden schob, erging er sich in langwierigen Betrachtungen über Fensterputzen im allgemeinen und Kinderarbeit im besonderen.
»Früher hat das immer Wenzel-Berta gemacht«, maulte er und verteilte das Wasser gleichmäßig auf dem Fensterbrett, »warum haben wir jetzt eigentlich keine Hilfe?«
Das war eine Frage, die sich ebenso leicht wie erschöpfend beantworten ließ: Weil es keine gab! Vorsichtige Rückfragen bei meiner Nachbarin, die trotz allem so einen dienstbaren Geist besaß, hatten schon vor Wochen eine gewisse Ernüchterung gebracht.
»Fra Schröter putzt scho seit fuffzehn Johr bei mir un kommt nur noch aus Gfälligkeit. E neue Stelle tät sie niemals uffnehme.«
»Ich will sie ja gar nicht abwerben«, beteuerte ich erschreckt, »aber vielleicht kennt sie jemanden, der zu uns kommen würde.«
Frau Billinger klärte mich also geduldig darüber auf, daß es Putzfrauen erstens überhaupt nicht mehr gebe, und wenn, dann würden sie zweitens in den ortsansässigen Kliniken und Kurheimen arbeiten, weil man ihnen dort nicht so genau auf die Finger sehe, und drittens gehe zu kinderreichen Familien sowieso niemand mehr.
»Eigentlich hatte ich ja auch mehr an eine richtige Hausgehilfin gedacht, die bei uns wohnt«, bekannte ich schüchtern.
Frau Billinger sah mich an, als sei ich ein lästiges
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