Jeans und große Klappe
Insekt. »Wo hawe Sie denn bisher gelebt? Die junge Dinger gehe entweder in die Fabrik, oder sie schaffe als Zimmermädle und Serviererinnen. Do hawe sie feschte Arbeitszeite, Trinkgelder und obends frei. Seie Se froh, wenn Se überhaupt e Putzfrau finne. Versuche Se's doch mol mit einer von de Gaschtarbeiterinnen, do soll es ja noch welche gewe, die zum Putze kommen. Ich tät so jemand allerdings niemols in mei Haus lasse.«
Wir fanden eine Jugoslawin, die erst seit drei Wochen in Deutschland lebte, außer »danke« und »wo ist das Rathaus bittää« kein Wort Deutsch sprach, und so mußte ich ihr jeden Morgen erst mit Händen und Füßen begreiflich machen, was ich von ihr wollte. Wenn wir gemeinsam Betten bezogen oder Wäsche aufhängten, erteilte ich Schnellkurse in deutscher Umgangssprache. Nach vier Monaten konnte sich Jelena schon recht gut verständigen. Darauf kündigte sie, um in der nahegelegenen Textilfabrik künftig Unterhosen und Badeanzüge zu nähen. Das sei leichter und werde auch besser bezahlt.
»Das hast du nun von deinen pädagogischen Ambitionen«, schimpfte Rolf und beschloß, die Sache nunmehr selbst in die Hand zu nehmen. »Irgendwo muß es doch noch junge Mädchen geben, die lieber mit vierjährigen Kindern spielen als Waschbecken scheuern.«
»Wir haben aber auch welche«, gab ich zu bedenken.
»Du weißt doch ganz genau, was ich meine«, erklärte mein Gatte unwirsch. »Im übrigen sind die Jungs alt genug, um ihr Badezimmer selber sauberzuhalten.«
»Das erzähle ihnen mal!«
Rolf nahm Rücksprache mit dem Direktor der hiesigen Realschule. Er habe doch sicher Schülerinnen, die einen sozial-pädagogischen oder hauswirtschaftlichen Beruf ergreifen wollten, wozu ja bekanntlich auch ein gewisses Praktikum gehöre, und ob der Herr Direktor nicht vielleicht über die Zukunftspläne seiner Abschlußklasse informiert sei?
Der Herr Direktor war es nicht. Möglich, daß der Klassenlehrer…, allerdings sei der momentan im Landschulheim. Die Klasse übrigens auch. Und ob Rolf denn schon mal beim Arbeitsamt gewesen sei?
Rolf fuhr nach Heilbronn. Der Sachbearbeiter war sichtlich erfreut. »Ihre Tochter will ein Haushaltspraktikum machen? Aber natürlich haben wir geeignete Angebote, mehr als genug sogar.«
Das Mißverständnis wurde geklärt und der Herr merklich kühler. »Nein, da kann ich Ihnen gar nicht helfen. Wenn Sie keine Kinder hätten und Ihre Frau auch berufstätig wäre, ließe sich vielleicht etwas finden, aber so …? Haben Sie es schon mit einer Anzeige versucht?«
Rolf gab in den beiden einschlägigen Tageszeitungen und im Gemeindeblättchen Inserate auf, die etwaigen Interessenten eine Art kostenlosen Urlaub versprachen, aber es meldete sich trotzdem niemand. Lediglich ein Vertreter erschien und pries eine Universalmaschine an, die mir nicht nur eine Haushaltsgehilfin ersetzen, sondern auch mein Leben verschönern würde.
Aber dann rief doch noch jemand an. Rolf war am Apparat, schaltete abrupt vom sachlich-geschäftsmäßigen auf den verbindlich-liebenswürdigen Plauderton, versicherte der gnädigen Frau, daß ihre Tochter wie unser eigenes Kind aufgenommen werden würde, versprach dem Herrn Bundeswehrmajor, daß Herrenbesuche selbstverständlich nicht gestattet seien, und lud Elternpaar nebst Tochter zwecks Besichtigung von Haus und Familie ein.
Anscheinend hatte alles den Ansprüchen genügt, denn der Herr Major bekundete seine Zustimmung. Und die gnädige Frau war sehr angetan von dem großen Garten, weil doch die arme Silvia ein bißchen blaß sei und sich möglichst viel in der frischen Luft aufhalten solle. Warum nicht? Gartenarbeit ist bekanntlich sehr gesund und sogar Rentnern noch zuträglich.
Silvia war siebzehn Jahre alt, sah aus wie fünfzehn und benahm sich manchmal wie zwölf. Sie wollte Säuglingsschwester werden, würde aber erst in einem dreiviertel Jahr mit ihrer Ausbildung beginnen können.
Die Kinder mochten sie auf Anhieb. Sven spielte Klavier und half freiwillig beim Abtrocknen, was er bei mir nicht einmal in Ausnahmefällen tat, und Sascha sorgte für Rückendeckung, wenn sich Silvia mit ihrem Freund traf, von dem Vater Major offenbar gar nichts ahnte. Steffi ließ sich von ihr die beiden verkorksten Mathearbeiten unterschreiben, so daß ich überhaupt nichts davon erfuhr und mir reichlich albern vorkam, als ich später in der Schule die vermeintlich ungerechtfertigte Vier im Zeugnis reklamierte.
Silvia brachte Stefanie das Schwimmen bei und
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