Jeans und große Klappe
Gummifloß in einen Dornenstrauch wehte, wo es leise pfeifend in sich zusammenfiel. So entdeckten wir als erstes, daß wir Flickzeug vergessen hatten. Als nächstes vermißte ich den vergessenen Büchsenöffner, aber dafür hatten wir ja gleich zwei Flaschenöffner mitgebracht. Ich vermißte ferner einen Regenschirm, ein heizbares Deckbett, Nähnadeln, eine Wäscheleine, Kugelschreiber, Schuhcreme, Skipullover, Thermoskanne und ein Telefon, um mich bei guten Freunden ausheulen zu können.
Unseren ersten Ferientag verbrachten wir mit dem Versuch, uns irgendwie warmzuhalten. Bei dem Haus hatten wir das schon aufgegeben. Heizmaterial fanden wir nicht, und etwa angeschwemmtes Treibholz hatten vermutlich die anderen Feriengäste verfeuert. Sie waren schon länger hier und klagten über Frostbeulen. Außer unserem Häuschen gab es fünf weitere, von denen aber noch zwei leerstanden. Zwei andere waren von Holländern bewohnt. Im letzten Haus hatten sich drei Männer etabliert, die uns bereits am ersten Morgen aufgefallen waren. Sie schienen gegen die Kälte immun zu sein, was möglicherweise daran lag, daß sie ihr Frühstück ausschließlich in flüssiger Form zu sich nahmen. Sie begrüßten uns mit einem fröhlichen »Skat!«, woraus wir schlossen, daß es sich wohl um Schweden handeln müßte. Da wir aber ihr Deutsch und sie unser Schwedisch nicht verstanden, blieben die Kontakte auch weiterhin auf ein gelegentliches Zuprosten beschränkt. Im übrigen kann ich mich nicht erinnern, sie jemals bei einer anderen Beschäftigung gesehen zu haben.
Als Rolf auf die Idee gekommen war, mir den wohlverdienten Urlaub von Staubsauger und Waschmaschine zu verschaffen, hatte er mir versichert, daß etwa anfallende Hausarbeit aufgeteilt und ›das bißchen Kochen‹ selbstverständlich gemeinsam erledigt werden würde.
Nun ist die beste arbeitssparende Einrichtung für Männer ein Hexenschuß! Rolf bekam ihn, als er aus dem Kühlschrank ein Bier holte, und während der nächsten Tage pendelte er ausschließlich zwischen Bett und Liegestuhl und erholte sich glänzend dabei.
Ich stand morgens als erste auf, machte für sieben Personen das Frühstück, d. h. ich filterte eine Viertelstunde lang Kaffee, der beim Servieren schon wieder kalt war, ich toastete Weißbrot auf der Herdplatte, briet Eier in einem Kochtopf und überlegte dabei, was wohl im Endeffekt billiger sein würde: eine Fahrt nach Hause, um die fehlenden Sachen zu holen, oder die Neuanschaffung der wichtigsten Haushaltsartikel?
Nach dem Frühstück spülte ich in einer richtig altmodischen Schüssel Geschirr, fegte mit einem richtig altmodischen Besen die Zimmer aus, wusch ein bißchen Wäsche, versuchte, sieben verwühlte Betten in einen optisch akzeptablen Zustand zu bringen (zu Hause verschwindet alles in den praktischen Bettkästen), und wenn ich endlich mit Luftmatratze, Sonnenöl und Taschenbuch ins Freie marschierte, um auch ein bißchen Urlaub zu machen, fragte bestimmt jemand: »Wann gibt es eigentlich Mittagessen?«
Die Jungs hatten sich mit einem Fischer angefreundet, der zwei Kilometer strandaufwärts hauste und sich freute, zwei kräftige Burschen gefunden zu haben, die bereitwillig Netze schleppten, den Dieselmotor pflegten und alle jene Arbeiten verrichteten, die zwar weniger mit Fischfang zu tun hatten, aber dafür mehr mit Dreck und Öl. Nun durfte ich auch nachmittags mit der Hand Hemden waschen. Zur Belohnung bekam ich jeden Tag frische Fische, die ich schuppen, ausnehmen und zubereiten sollte. Und das passierte mir, wo ich Fische überwiegend in tiefgefrorenem Zustand kenne! Eines Tages hatte ich die Nase voll, drückte Sven die drei glibbrigen Viecher wieder in die Hand und sagte erbost: »Grillt sie euch doch selber, aber draußen! Hier ist schließlich keine Fischbratküche!«
Die Knaben gingen ans Werk, unterstützt von Steffi, die ihre immer angezweifelten Kochkünste endlich einmal unter Beweis stellen wollte. Nach angemessener Zeit rief sie ihre Brüder zum Essen. In weiser Voraussicht hatte ich schon vorher behauptet, keinen Hunger zu haben, und wie recht ich damit hatte, wurde mir klar, als ich Sascha hörte. Er kaute knirschend auf einem schwärzlichen Etwas herum und nickte Sven zu: »Jetzt, wo du es sagst, merke ich es auch. Es schmeckt wirklich wie auf Holzkohle gegrillte Holzkohle!«
Bereits in der zweiten Nacht waren wir von einem ungewohnten Geräusch aufgewacht. Es mußten irgendwelche tierischen Laute sein, und Nicki fragte
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