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Jeans und große Klappe

Jeans und große Klappe

Titel: Jeans und große Klappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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T-Shirt.
    »Kriegen Sie bitte keinen Schreck, aber hier oben sieht es ganz zivilisiert aus. Vorsicht, die sechste Stufe wackelt!«
    Wir erklommen die hühnerleiterartige Stiege und betraten einen Vorraum, in dem mir sofort ein wunderschönes Biedermeierschränkchen auffiel.
    »Ich habe eine Schwäche für Antiquitäten«, sagte Frau v. Beversen, »das Schlimmste daran ist nur, daß ihre Preise so modern sind.« Dann entdeckte sie Sascha. Sie musterte ihn ungeniert, reichte ihm die Hand und wiegte bedenklich den Kopf hin und her.
    »Stefanie hat mir zwar erzählt, daß sie noch zwei Brüder hat, aber ich konnte ja nicht ahnen, daß einer von ihnen so aussieht. Wie alt bist du denn?«
    »Vierzehn.«
    »Na, das geht gerade noch. Wenn du zwei Jahre älter wärst, dann würde ich dich sofort wieder hinauswerfen, bevor dich Constanze entdeckt.«
    »Ich kann ja mal meinen Bruder herschicken, der wird bald sechzehn.«
    Frau v. Beversen führte uns in ein Wohnzimmer, das fast nur aus niedrigen Polstermöbeln, Kissen und einem ovalen Tisch bestand. Lediglich an den Wänden hingen ein paar Regale, vollgestopft mit Büchern, Zeitschriften und Kinderspielzeug.
    »Die anderen Räume zeige ich Ihnen später, jetzt brauche ich erst einmal einen anständigen Whisky. Die Kinder haben mich restlos geschafft. Und was trinkt unser Beau? Cola oder Apfelsaft?«
    Sascha entschied sich für Cola.
    »Mutti, hast du mein rosa T-Shirt gesehen?« Ein junges Mädchen steckte den Kopf durch die Tür, zog ihn erschreckt wieder zurück, als sie uns sah, kam dann aber verlegen lächelnd ins Zimmer.
    »Guten Abend, ich bin Constanze von Beversen.«
    Sascha sprang auf, obwohl ich ihn sonst immer mit einem nachhaltigen Tritt gegen das Schienbein an seine eingetrichterten Manieren erinnern muß, und betrachtete das Mädchen mit bewundernden Blicken. Es war das personifizierte Abbild seiner Mutter, nur eben zwanzig Jahre jünger und bildhübsch.
    Frau v. Beversen kam zurück und drückte ihrer Tochter eine Cola-Flasche in die Hand. »Ihr beide könnt euch mal ein bißchen um das Kleinvieh kümmern, sonst landet doch wieder einer im Bach. Und schick bitte die beiden Kinder von Bremers nach Hause, Constanze. Du weißt ja, spätestens um sieben haben wir die Oma am Hals, wenn ihre Lieblinge nicht pünktlich auf der Schwelle stehen.«
    Die Teenager verschwanden.
    »So, jetzt haben wir mindestens eine Viertelstunde Atempause. Trinken Sie den Whisky mit Soda oder nur mit Eis?«
    »Mit beidem.«
    Meine Gastgeberin füllte die Gläser mit großzügig bemessenen Portionen und ließ sich aufatmend in einen Sessel fallen. »Ich hatte schon Angst, Sie würden wie die meisten meiner Gelegenheitsbesucher den Whisky ablehnen und einen Kirschlikör haben wollen… Dabei ist nie welcher im Haus. Den ersten und letzten habe ich bei meiner Konfirmation getrunken. Prosit.«
    Meine neue Bekannte gefiel mir immer besser. Sie gab sich natürlich, ohne burschikos zu sein, hatte Humor und offensichtlich den gleichen Hang zum Laisser-faire wie ich.
    »Schade, daß wir uns nicht schon früher über den Weg gelaufen sind«, meinte sie. »Wir wohnen zwar erst seit einem knappen Jahr hier, aber lange genug, um allmählich zu versauern. Bekannte haben wir so gut wie keine, und wenn mein Mann nicht ab und zu ein paar Kollegen mitbringen würde, wäre ich schon eingegangen. Für die Einheimischen sind wir so eine Art karierte Hunde, weil wir in dieses alte Gemäuer gezogen sind, aber es ist geräumig und vor allem billig. Mein Mann ist noch Medizinalassistent, wird also miserabel bezahlt, und eine Neubauwohnung können wir uns jetzt einfach nicht leisten. Abgesehen davon, daß man halb soviel Platz hat für doppelt soviel Miete. Hier haben die Kinder aber genügend Auslauf, der Garten ist total verwildert, braucht also keine Pflege, und wenn ich nackt ein Sonnenbad nehme, wundern sich höchstens die Spatzen.«
    Sie füllte unsere Gläser wieder auf, steckte sich die dritte Zigarette an und schüttelte den Kopf. »Ich verfalle schon wieder in die Unart aller grünen Witwen und erzähle bloß von mir. Jetzt sind Sie dran. Was hat Sie in dieses Nest verschlagen, und wie halten Sie es auf die Dauer hier überhaupt aus?«
    Also lieferte ich eine Kurzfassung meiner Biographie, die ohnehin nicht sehr ergiebig ist und sich im wesentlichen auf Brutpflege und Umzüge beschränkt.
    »Immerhin sind Sie halbwegs freiwillig hierhergezogen, was man von mir nicht gerade behaupten kann. Meinen Mann habe

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