Jeans und große Klappe
mit sauren Gurken. Einmal probierte er auch Cornflakes mit Tomatenketchup, aber das war dann wohl doch nicht so ganz das richtige. Dafür kippte er sich das Ketchup regelmäßig über Bratkartoffeln. Sascha dagegen goß sich Essig in Hühnerbrühe und aß Marmorkuchen nur mit darübergepladderter Büchsenmilch. Und Steffi streute sich eine Zeitlang Zucker über ihre Tomaten.
Diese merkwürdigen Kompositionen haben aber einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Zumindest während der gemeinsamen Mahlzeiten wird der Teenager seinen Teller mit Todesverachtung leeressen, denn er kann ja nicht zugeben, daß die mütterlichen Prophezeiungen stimmen und der zusammengerührte Fraß widerlich schmeckt.
Regel Nr. 3:
Widersprechen Sie niemals einem Teenager, sofern es sich nicht um wirklich wichtige Dinge handelt. Wenn er behauptet, mittags würde es regnen, obwohl die Sonne bereits am frühen Morgen vom blauen Himmel knallt und der amtliche Wetterbericht ein Hoch von den Azoren bis nach Sibiren verkündet hat, dann bestätigen Sie, daß es ganz bestimmt eine zweite Sintflut geben wird. Schließlich müssen Sie ja nicht in der langärmeligen Regenjacke schwitzen! Rechnen Sie damit, daß jeder Teenager grundsätzlich in Opposition zu Ihnen steht und meistens das Gegenteil von dem sagt oder tut, was Sie sagen oder tun. Wenn man diese Tatsache berücksichtigt, kann man mit etwas Training manchmal sogar das erreichen, was man erreichen will. Aber man braucht wirklich Übung, denn Teenager sind ewig mißtrauisch und wittern selbst hinter der belanglosen Frage nach dem Verschwinden ihrer karierten Socken einen Angriff auf ihr Innenleben.
Regel Nr. 4:
Eignen Sie sich die Teenagersprache an (schließlich müssen Sie Ihre heranwachsenden Kinder ja verstehen können), aber hüten Sie sich, in diesem Halbstarken-Slang auch mit ihnen zu reden. Vor allem nicht in Gegenwart von Freunden. So etwas ist nämlich pervers. Auch eine allzu deutlich bekundete Vorliebe für DiscoSendungen im Fernsehen oder Schallplatten von Rockgruppen unterläßt man lieber, selbst wenn einem die Musik wirklich gefällt. Ein solch anomales Verhalten macht es dem Teenager unmöglich, in den Chor seiner Freunde einzufallen und über die geistige Rückständigkeit seiner Altvorderen zu lamentieren.
Regel Nr. 5:
Verlangen Sie nie etwas von einem Teenager, was Sie selber erledigen können. Er (oder sie) tut es sowieso nicht, und Sie ersparen sich einen Haufen Ärger, wenn Sie erst gar nicht auf Mithilfe spekulieren. Fortgeschrittene Teenager, die sich schon dem Ende der Pubertätsphase nähern, greifen hin und wieder sogar aus eigenem Antrieb zu, schalten aber auf stur, sobald man sich bedankt oder vielleicht noch einen weiteren Hilfsdienst fordert. Es ist ihnen peinlich, wenn man sie bei einer guten Tat überrascht, und sei es auch nur beim Hinaustragen des Mülleimers.
Apropos Mülleimer. Dieses Küchenutensil hat mich zum erstenmal von der Wichtigkeit der Regel Nr. 5 überzeugt.
»Sascha, bring bitte mal den Mülleimer runter!«
(Die Mülltonnen stehen in der Garage, und die ist von der Küche aus zu erreichen. Man muß zehn Stufen abwärts steigen, mit acht Schritten schräg die Garage durchqueren – steht das Auto drin und muß es umgangen werden, dann verdoppelt sich die Anzahl der Schritte –, den Eimer auskippen und auf demselben Weg zurückkehren.)
»Ja, gleich!« Sascha schmiert sich ein Brot mit Nougatcreme und ergeht sich in langwierigen Betrachtungen über die Betrugsmanöver der Verpackungsmittelindustrie, weil die konisch geformten dickwandigen Gläser mehr Inhalt vortäuschen, als tatsächlich vorhanden ist. Das Brot ist fertig und kurz darauf auch verspeist. »Sascha, der Mülleimer!«
»Ja, sofort, ich hab' erst noch Hunger!«
Die zweite Brotscheibe wird mit der gleichen Sorgfalt beschmiert – während der ganzen Zeit steht die Kühlschranktür offen – und dann gegessen.
»Mach endlich die Tür zu!« Sie bekommt einen Tritt mit dem Fuß. Die Sprudelflaschen klappern Protest. »Würdest du endlich den Mülleimer …«
»Laß mich doch wenigstens erst mal aufessen!
Warum kaufst du nicht überhaupt einen größeren?«
»Weil der nicht in die Ecke paßt!«
»In allen modernen Häusern gibt es Müllschlucker, weshalb nicht bei uns?«
»Das hier ist ein Einfamilienhaus. Müllschlucker gibt es in Hochhäusern.«
»Ist doch total irre. Wir machen bestimmt mehr Müll als drei andere Familien zusammen.«
»Das ist möglich, deshalb ist
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