Jeans und große Klappe
ja auch der Eimer voll, und deshalb bringst du ihn jetzt runter!«
»Sofort, ich muß bloß erst noch schnell …«
Weg ist er.
Das Vernünftigste wäre, ich würde den Eimer jetzt selbst wegtragen, aber letztlich muß ich ja meine Autorität wahren.
Nach zwei Stunden quillt der Eimer über. Vier Eierschalen liegen schon daneben.
Endlich durchstreift mein Herr Sohn wieder einmal die Küche, natürlich auf der Suche nach etwas Eßbarem.
»Sascha, der Mülleimer!«
»Steht das dämliche Ding immer noch hier? Ich bringe ihn gleich weg, vorher muß ich bloß noch meine Schwimmflossen suchen. Die sind sicher im Keller.«
Der Knabe strebt zur Tür.
»Dann kannst du den Eimer doch gleich mitneh …«
Sascha ist schon verschwunden. Nach zehn Minuten kommt er zurück, ohne Flossen, dafür mit einem ziemlich ramponierten Fahrradschlauch.
»Hab' ich ja total vergessen, is doch'n Loch drin.«
Er räumt das Geschirr aus dem Spülbecken, türmt es auf dem Herd übereinander, läßt Wasser ein, forscht nach dem Loch, hat es gefunden, markiert die Stelle mit einem Klecks Nougatcreme, verschwindet Richtung Keller. Eine Tasse kippt von der Geschirrpyramide und zerschellt auf dem Boden. Noch mehr Müll!
Sascha taucht wieder auf, säubert höchst oberflächlich seine ölverschmierten Hände, wischt den größten Teil davon ins Handtuch, zertritt die Eierschalen, spürt meinen vorwurfsvollen Blick, greift sich schließlich den überquellenden Mülleimer und enteilt. Ich fege Glasscherben und Eierschalen zusammen.
Nach einer Weile will ich die leere Zuckertüte in den Mülleimer werfen. Der ist nicht da. Sascha auch nicht. Ich öffne die Kellertür, laufe zehn Stufen abwärts, durchquere … (s. o.) und finde den vollen Eimer neben der geöffneten Mülltonne. Ich kippe ihn aus, und auf dem Rückweg überlege ich mir, daß ich diesen Spaziergang schon vor drei Stunden hätte machen sollen.
Regel Nr. 6:
Gewöhnen Sie sich daran, daß Ihre Wohnung in den kommenden Jahren den Zulauf einer gutbesuchten Eckkneipe hat. Teenager treten vorwiegend in Rudeln auf, und trifft man tatsächlich mal einen Einzelgänger, dann ist er garantiert auf dem Weg von oder zu seiner Clique. Die findet sich ohne vorherige Absprache mit einer von mir noch nicht ergründeten Sicherheit zusammen, und es wundert mich eigentlich, daß sich noch kein Verhaltensforscher mit diesem Phänomen befaßt hat. Woher weiß ein Teenager, wann er wo aufkreuzen muß, um zu den restlichen Mitgliedern seines Vereins zu stoßen?
Was sie dann tun, weiß ich nicht, aber selbst wenn sie gar nichts tun, tun sie es laut.
Ein wesentlicher Bestandteil des Teenagerdaseins sind Partys. Sie finden in der Regel fünf- bis siebenmal pro Woche statt und werden aus den nichtigsten Gründen veranstaltet. Da hat sich jemand eine ganz heiße Scheibe gekauft, die er den anderen vorspielen muß. Ein anderer hat ein irres Poster entdeckt und braucht Rat, an welcher Stelle seines ohnehin überladenen Zimmers das Plakat wohl am besten zur Geltung käme. Der dritte will Dias von der Faschingsfeier vorführen. Der vierte will sein Mofa hochtrimmen und braucht fachmännische Hilfe. Und weil derartige Zusammenkünfte von ohrenbetäubender Musik untermalt und mit kreisenden Colaflaschen belebt werden, handelt es sich bei diesen Treffs um Partys.
Nicht zu verwechseln mit Feten! Eine Fete ist eine Veranstaltung, die vorher geplant und sorgfältig vorbereitet wird. Herausragendes Merkmal: Es sind Mädchen (bzw. Jungen) zugelassen, ja sogar erwünscht. Zweites Merkmal: Auch Nicht-Cliquen-Mitglieder sind willkommen und daher meistens in der Überzahl. Drittes Merkmal: Die Mithilfe der Eltern wird erwartet, wenn auch nur in passiver Hinsicht, sprich, als Geldgeber.
Die erste Fete brach über uns herein, als Sascha vierzehn Jahre alt wurde. Natürlich hatte ich eine Geburtstagsfeier eingeplant und mich schon tagelang für die Großwetterlage interessiert in der Hoffnung, die Kuchenschlacht auf die Terrasse verlegen zu können. Abends könnte man vielleicht im Garten Würstchen grillen …
Etwa eine Woche vor dem bedeutungsvollen Tag wollte Sascha wissen: »Wann räumen wir denn nun den großen Keller aus?«
»Wie bitte???«
»Na ja, schließlich müssen wir ja mal mit der Dekoration anfangen.«
»Wovon redest du überhaupt?«
»Von meiner Geburtstagsfete natürlich.«
»Im Keller?«
»Wo denn sonst? Oder glaubst du vielleicht, ich lade meine Freunde zu Kaffee und Kuchen ein? Kannste gleich
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