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Jeans und große Klappe

Jeans und große Klappe

Titel: Jeans und große Klappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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den Fernsehapparat als »Glotze«, das Programm als »zum Kotzen« und als »an die mittelstädtische Bahnhofstoilette angeschlossen«, hängen aber nichtsdestotrotz dauernd vor der Röhre. Beliebt sind Krimis – Western werden bereits wieder als Karl-May-Verschnitt abgelehnt – und Science-fiction-Filme. Da den meisten Teenagern die simpelsten physikalischen Grundkenntnisse fehlen (siehe Regel Nr. 8 Absatz 2), schlucken sie auch die größten Unwahrscheinlichkeiten und beschließen vorübergehend, Testpilot oder Astronaut zu werden (Mädchen wollen zumindest einen solchen heiraten).
    Rolf beging einmal den Fehler, Saschas Frage nach den schwarzen Löchern im Weltall als erwachendes Interesse an den Naturwissenschaften zu deuten und ihm bei nächster Gelegenheit ein populärwissenschaftliches Buch zu schenken. Sein Sohn betrachtete verständnislos den Wälzer, entdeckte den oberflächlich ausradierten Preis und schrie entsetzt: »Was?? 39 Mark hast du für den Quatsch bezahlt? Dafür hätte ich glatt zwei Otto-Kassetten gekriegt.«
    Es ist übrigens kein Zufall, daß die meisten Sitzenbleiber ihre Ehrenrunden im Teenageralter drehen.
    Regel Nr. 9:
    Wundern Sie sich nicht, wenn Ihre heranwachsenden Kinder von einer jäh ausbrechenden Epidemie befallen werden – der Telefonitis. Sie ist unheilbar, es sei denn, ein teenagergeplagter Ingenieur konstruierte endlich ein preiswertes Sprechfunkgerät mit überdurchschnittlicher Reichweite.
    Ich weiß nicht, was die Jugendlichen gemacht haben, bevor das Telefon erfunden war. Vermutlich Brieftauben geschickt. Heutzutage erledigen Teenager alles telefonisch. Sie treffen Verabredungen per Strippe, spielen sich gegenseitig die neuesten Platten vor, hören Vokabeln ab und erörtern ausgiebig alle Probleme, mit denen sie sich in so reicher Zahl herumschlagen müssen. Nach meiner Erfahrung lassen sich die Probleme Fünfzehnjähriger aber nur dadurch lösen, daß sie sechzehn werden.
    Es soll verzweifelte Väter geben, die ihren halbwüchsigen Töchtern vom Büro aus ein Telegramm schicken mit der Bitte, doch mal für fünf Minuten den Hörer aufzulegen, weil sie aus einem wichtigen Grund selbst zu Hause anrufen müssen. Als Rolf wieder einmal vergeblich versuchte, seiner ältesten Tochter den Hörer zu entreißen, murmelte er resignierend: »Von einem Tag zum anderen hat sie den Finger aus dem Mund genommen und in die Wählscheibe des Telefons gesteckt.«
    Bei uns herrscht nur vormittags Funkstille, und mittlerweile wissen alle Verwandten, daß wir ab dreizehn Uhr telefonisch nicht mehr zu erreichen sind. Die Belagerung des kleinen grünen Apparates beginnt sofort, wenn der erste aus der Schule kommt.
    »Ich muß schnell mal die Chris anrufen und fragen, was wir in Englisch aufhaben.«
    Chris weiß es auch nicht, aber sie wird sich bei Silke erkundigen und dann zurückrufen.
    Sascha erscheint, feuert seine Mappe in eine Ecke und stürzt ans Telefon. Er hat Pech, Hardy ist noch nicht zu Hause. Aber er wird gleich telefonieren, wenn er kommt.
    Inzwischen zieht Sven ungeduldig an der Schnur, gibt pantomimisch zu verstehen, daß er dringend den Hörer braucht, bekommt ihn nur widerwillig ausgehändigt, wählt. (Das kleine Einmaleins können sie nicht behalten, aber ein Dutzend achtstellige Telefonnummern speichern sie mühelos.)
    Kaum hat Sven den Hörer aufgelegt, läutet es. Chris teilt mit, daß morgen kein Englisch ist. Steffi soll aber nachher rüberkommen wegen Bio. Und sie möchte vorher anrufen, wann sie kommt.
    Wieder klingelt es. Diesmal ist Thomas dran. Er will wissen, was Sven in Mathe raus hat. Sven bedauert, Mathe hat er noch nicht gemacht, er glaubt auch nicht, daß er's kann. Dafür ist er schon mit Geschichte fertig, ihm fehlen nur noch ein paar Daten über Bismarck. Leider hat er das Buch unter der Bank liegenlassen, und ob Thomas seins zur Hand hat? Thomas hat nicht, aber er wird es holen und dann wieder anrufen.
    Katja plärrt. Sie muß dringend mit Bettina sprechen. Bettina wohnt in unmittelbarer Nachbarschaft, und notfalls können sich die beiden von Fenster zu Fenster verständigen. Telefonieren ist aber zeitgemäßer.
    Bevor Stefanie Chris anruft und ihr mitteilt, daß sie gleich kommen wird, schnappt sie sich den Apparat und verschwindet im Keller, weil nach ihrer Ansicht nur dort die Privatsphäre einigermaßen gesichert ist. Telefongespräche von Teenagern fordern eine Vertiefung in die Wissenschaft der Geheimsprachen. Jedenfalls vermute ich das, denn

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