Jedes Kind Kann Regeln Lernen
gewöhnt. Wenn ich ihn auch mal bestimmen lasse — ob wir uns dann wohl besser vertragen?
Mutter : Du meinst, ihr bestimmt abwechselnd - und dann kriegt ihr nicht mehr so leicht Krach?
Tom : Ja, vielleicht. Ich versuch's mal.
Dieses einfühlsame Zuhören macht einen Kampf um Aufmerksamkeit überflüssig. Es hilft dem Kind, einen eigenen Weg zu finden und selbst die Verantwortung zu übernehmen.
Ich-Botschaften senden
Thomas Gordon erläutert in seinem Buch ein weiteres wirksames Mittel gegen einen Kampf um Aufmerksamkeit. Er spricht von Ich-Botschaften. Damit ist gemeint: Wenn unser Kind sich unangemessen verhält, können wir ihm sagen, wie wir uns fühlen. Unser Kind fühlt sich dadurch eher ernst genommen und wird mit größerer Wahrscheinlichkeit sein Verhalten ändern, als wenn wir mit ihm schimpfen.
Es folgen einige Beispiele für Ich-Botschaften zwischen Eltern und Kind:
Konflikt
Ich-Botschaft
Neunjähriges Kind kommt eine Stunde später als verabredet nach Hause.
"Ich bin riesig erleichtert, daß du jetzt da bist! Ich habe mir große Sorgen gemacht und richtig Angst um dich gehabt!"
Zweijähriges Kind quengelt und zerrt an der Mutter herum, während diese telefoniert.
"Ich muß jetzt unbedingt noch zu Ende telefonieren. Das ist ganz wichtig für mich!"
Fünfjähriges Kind zieht dem Vater beim Staubsaugen
"So komme ich nicht weiter. Ich kann nicht mit dir spielen.
mehrmals den Stecker heraus.
Ich muß zuerst diese Arbeit erledigen."
Siebenjähriges Kind hat trotz mehrfacher Versprechungen immer noch nicht sein Zimmer aufgeräumt.
"Jetzt bin ich aber total enttäuscht! Wir hatten uns doch geeinigt, daß du heute nachmittag aufräumst! Ich finde es so wichtig, daß ich mich auf dich verlassen kann!"
Mit dieser Methode geben Sie Ihrem Kind eine Chance, seinen Fehler selbst zu erkennen und eigenständig eine Lösung zu finden. Auf negative Aufmerksamkeit verzichten Sie ganz. Ihr Kind lernt, mehr Verantwortung für sein Verhalten zu übernehmen.
Dem Kind mehr Verantwortung geben
Im zweiten Kapitel haben wir betont, wie dringend Kinder Grenzen brauchen. Wir haben die Eltern aufgerufen, sich zu ihrer Verantwortung zu bekennen und Entscheidungen zu treffen, welche Grenzen sie setzen wollen. Und nun der Vorschlag "mehr Verantwortung für das Kind" - ist das kein Widerspruch? In Wirklichkeit gehört beides zusammen.
Vielen Kindern scheint es äußerst wichtig zu sein, Erwachsene zu steuern und zu kontrollieren. Zu ihren eigenen Bedürfnissen und Gefühlen haben sie dagegen kaum Zugang. Mit sich selbst, mit eigener freier und unverplanter Zeit, wissen sie recht wenig anzufangen. Auf diesem Feld müssen Kinder lernen, Entscheidungen selbst zu treffen und die Verantwortung dafür selbst zu übernehmen. Das fängt im Babyalter an.
Stellen Sie sich vor: Ihr Baby ist satt und frisch gewickelt. Es ist gesund und munter, Sie haben gerade eine halbe Stunde lang viel Spaß miteinander gehabt. Nun legen Sie es auf seine Spieldecke und wollen im Haushalt etwas erledigen. Es mag sich aber nicht allein beschäftigen und fängt an zu schreien. Was tun Sie? Sie haben die Wahl: Unterbrechen Sie Ihre Arbeit
sofort, um das Baby aufzunehmen und zu trösten? Tun Sie das immer , sobald Ihr Baby weint? Was lernt Ihr Baby daraus? Es lernt: "Mami ist dafür zuständig, wie ich mich fühle. Wenn ich nicht so gut gelaunt bin, ist es ihre Sache, das zu ändern." Das Kind hat keine Chance, für sein eigenes Wohlbefinden Verantwortung zu übernehmen. Es hat keine Chance zu lernen: "Ich kann anfangen zu weinen, sobald mir danach zumute ist. Ich kann aber auch damit aufhören, sobald mir etwas Besseres einfällt." Die Mutter nimmt ihm die Entscheidung "weinen oder nicht weinen" ab - und steckt schon mit einem Bein im Kreislauf "Kampf um Aufmerksamkeit".
Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Unsere Empfehlung lautet nicht "pausenlos schreien lassen." Wann ein Kind wirklich Trost und Hilfe braucht, können die meisten Eltern schon nach wenigen Wochen am Klang seiner Stimme hören. Weint es aber aus Langeweile, vor Ärger, aus Trotz oder um seinen Willen zu bekommen, sollte es lernen, sich auch mal selbst zu beruhigen. Die Eltern können in seiner Nähe bleiben, alle paar Minuten mit ihm reden ("Na, willst du noch weiter weinen, oder hast du jetzt mal Lust zu spielen?") oder es kurz auf den Arm nehmen.
Bitte bedenken Sie: Ihr Kind hat ein Recht auf schlechte Laune! Sie können von ihm verlangen, daß es sich ab und zu allein
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