Jedes Kind Kann Regeln Lernen
oft nicht so. Aber auch zu Hause kann man Freiräume schaffen: Einen Platz, an dem Kinder malen, werkeln, kneten, matschen oder toben dürfen. Dieses Angebot kann aus Platzgründen vielleicht nicht täglich gemacht werden.
Aber es ist wichtig, ab und zu auch zu Hause spontan solche Aktivitäten zu fördern, statt alles grundsätzlich auf organisierte Gruppen zu verlagern. Je mehr Möglichkeiten Ihr Kind zur freien Entfaltung hat, desto leichter fällt die Antwort: "Entscheide selbst, was du tun möchtest."
Mehr Verantwortung für Ihr Kind - das ist ein Wagnis. Viele Eltern fragen ängstlich: "Kann ich denn sicher sein, daß mein Kind nicht den ganzen Tag schreit? Daß es wirklich genug ißt? Daß es nicht jeden Tag im Schlafanzug in den Kindergarten geht? Daß es seine Hausaufgaben auch ohne meinen Druck macht? Daß es nicht den ganzen Tag herumhängt?" - Trauen Sie Ihrem Kind nicht zu, daß es all diese Entscheidungen selbst treffen kann? Rechnen Sie bei Ihrem Kind immer mit dem Schlimmsten? Dann wird es mit großer Wahrscheinlichkeit auch eintreten. Ihr Kind spürt Ihr Mißtrauen und wird dadurch entmutigt.
Ihre Botschaft muß lauten: "Ich weiß, daß du das ganz allein entscheiden kannst. Ich vertraue darauf, daß du es richtig machst." Ob Sie es laut aussprechen oder nicht - Ihr Kind spürt diese Grundhaltung. Ihr Vertrauen hilft Ihrem Kind sehr, eigene Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen.
Feste Rituale einführen
"Klappt bei Ihnen zu Hause irgendetwas auch ohne Streß und Theater?" - Nach kurzem Nachdenken können mir alle Eltern, auch die wirklich verzweifelten, einige Dinge aufzählen. Meistens handelt es sich um immer wiederkehrende Abläufe. Sie sind so selbstverständlich in der Familie, daß sie nicht mehr diskutiert werden müssen. Sie sind zu "ungeschriebenen Gesetzen" geworden und den Kindern "in Fleisch und Blut" übergegangen. Gemeint sind solche Kleinigkeiten wie das schon erwähnte Anschnallen im Auto, Schuhe ausziehen beim Betreten der Wohnung, Hände waschen vor dem Essen, Zähne putzen vor dem Schlafengehen, begrüßen und verabschieden von Gästen und ähnliches mehr. Welche "ungeschriebenen Gesetze" gibt es bei Ihnen? Wie schaffen Sie es, daß sie auch eingehalten werden?
Das klappt nur, wenn alle in der Familie sich daran halten. Ein Beispiel: Sie können Ihren Sohn nur dazu bringen, sich auf die Toilette zu setzen, wenn der Vater es auch tut. Oder: "Jeden Morgen wird ein gesundes Frühstück eingenommen" - das kann nicht zum Ritual werden, wenn Sie selbst mit einer Tasse Kaffee und einer Zigarette vorlieb nehmen.
Nicht alle Rituale sind gut. Wir Eltern haben für unsere Kinder viele alte Zöpfe abgeschnitten, die uns noch vertraut waren: "Nimm die Ellbogen vom Tisch! Mach gefälligst einen Diener! Beim Essen spricht man nicht! Kinder haben zu schweigen, wenn Erwachsene reden!" Selbst die Prügelstrafe nach kindlichen "Vergehen" war in vielen Familien ein Ritual.
Gut sind dagegen Rituale, die die Gemeinsamkeit und den Zusammenhalt der Familie fördern. Dazu gehören auf jeden Fall gemeinsame Mahlzeiten! Wenn es irgendwie möglich ist, sollte sich die ganze Familie mindestens einmal am Tag zusammen an den Tisch setzen - zum Essen und zum Reden! Wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht, das Mittagessen in mehreren Partien per Mikrowelle stattfindet und abends jeder seinen Teller mit aufs Zimmer nimmt oder vor den Fernseher stellt, geht viel Gemeinsamkeit verloren. Genau so wichtig ist ein regelmäßiges Abendritual: immer die gleiche Zeit, immer der gleiche Ablauf. Steht am Ende die gemeinsame Geschichte oder ein gemeinsames Spiel, kann sich das Kind auf einen schönen Abschluß des Tages verlassen und freuen.
Auch kleine Pflichten im Haushalt können zu Ritualen werden. Das eigene Bett machen, die Spülmaschine ausräumen, den Tisch decken - schon sehr kleine Kinder können diese Aufgaben bewältigen. Das klappt am besten, wenn jeder zu einer festen Zeit eine festgelegte, immer gleiche Aufgabe bekommt.
Eine Mutter von drei Jungen im Alter von 6, 8 und 10 Jahren erzählte mir: "Meine Jungen übernehmen das Tischdecken, das Abräumen und Einräumen in die Spülmaschine ganz allein. Wir haben das Geschirr so eingeordnet, daß sie an alles heranreichen können. Jeder hat zweimal pro Woche Tischdienst, an festgelegten Tagen. Sonntags ist der Papa an der Reihe. Oft muß ich mich zusammenreißen, weil alles viel schneller gehen würde, wenn ich es selbst mache. Anfangs
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