Jene Nacht im Fruehling
aufgegessen und ein so großes Loch im Garten gegraben, daß du einen Jeep darin beerdigen kannst. Wenn ich sie in meinem Haus wohnen lasse, bleibt kein Stein mehr auf dem anderen!«
»Oh, was höre ich denn da?« erwiderte sie, und ihr Mund wurde zu einem dünnen Strich. »Du sprichst immer nur von deinem Haus und deinen Verwandten! Mir gehört hier wohl gar nichts - nicht einmal die Wohnung im ersten Stock? Aber ich hätte es ja gleich wissen müssen, daß ich hier nichts anderes bin als eine Mieterin, die nichts zu sagen und keine Rechte hat.«
Da nahm Mike sie in seine Arme. »Ach, Baby, so habe ich das nicht gemeint. Natürlich hast du hier Rechte. Und wenn du sie alle hier im Haus haben möchtest -Vettern, Tanten, Kusinen und wen sonst noch alles -, dann kannst du sie meinetwegen auch hier einquartieren.«
Samantha sah über Mikes Schulter hinweg Kane an und kniff ein Auge zu. Sie hatte zwar nicht mit ganz fairen Mitteln gekämpft, aber gesiegt. Und war es das nicht, worauf es in einem Streit ankam? Kane hob seine Kaffeetasse und prostete ihr schweigend zu.
31
Nachdem Samantha ihre Bedenken, ob es erlaubt und möglich sei, einen Augenblick der Vergangenheit originalgetreu wieder auferstehen zu lassen, überwunden hatte, ging sie mit Feuereifer ans Werk. Als erstes lud sie alle Personen, die eine Schlüsselrolle bei diesem Unterfangen übernehmen sollten, in Mikes Haus zum Dinner _ und zu einer Besprechung ein.
»Und ich werde kochen«, erklärte sie, worauf Mike in ein schallendes Lachen ausbrach und meinte, daß sie unter Kochen wohl das Drücken der Telefontasten verstand, bis ihr die Finger wund wurden. Seine Bemerkung ignorierend, gab sie Mike und Kane eine lange Liste von Lebensmitteln, die sie für sie besorgen sollten, zu denen auch solche ausgefallenen Sachen wie frischer Koriander, grüne Pfefferschoten - »nicht dieses gräßliche Zeug in Dosen« - Kreuzkümmel und Piniennüsse gehörten.
Als dann abends Mikes Verwandte hungrig eintrafen, roch das ganze Haus nach Chili, gebuttertem Mais, Gewürzen und Rindfleisch. Mike, Kane und die Zwillinge waren den ganzen Tag von Sam herumkommandiert worden, als wären sie zum Küchendienst abgestellte Rekruten, und mußten für sie Zwiebeln hacken, Pfefferschoten rösten und schälen, Nüsse schroten und Brotscheiben für den Brotpudding zerpflücken.
Und während Mike Margaritas einschenkte - einen aus Tequila, Zitronensaft und Orangenlikör bestehenden Cocktail -, begannen sie mit der Besprechung, wie dieser denkwürdige Abend vor fünfundsechzig Jahren wieder in Szene gesetzt werden sollte.
Jubilee schickte seine finster dreinblickende grauhaarige Enkelin schon nach fünf Minuten wieder nach Hause, weil es vollauf genügte, wenn ihr Sohn Ornette, der ja in dieser Sache eine Hauptrolle zu spielen hatte, auf seinen Urgroßvater aufpaßte.
Erst als sie alle ihre Teller mit Enchiladas, Rellenos und Pferdebohnen bis zum Rand gefüllt hatten, sich bei jedem Bissen beschwerten, daß das Zeug so scharf sei, daß man es nicht essen könnte, sich jedoch gleichzeitig einen Nachschlag holten, begann Samantha zu glauben, daß das Unternehmen vielleicht doch ein Erfolg sein könnte, zumal bereits einige Hauptdarsteller andeuteten, daß sie Geheimnisse preisgeben würden. So sagte Jubilee unter anderem, daß derjenige, der die Rolle des Anführers der Scalpini-Gangster übernehmen würde, besser erst mit ihm reden sollte, und H.H. - nur die schon etwas älteren Kinder hatten zur Besprechung mitkommen dürfen und waren fasziniert von seiner tätowierten Hand - sagte, auch er müsse erst mit Samantha/Maxie sprechen.
Mitten beim Essen, als es so laut zuging, daß man sein eigenes Wort kaum noch verstehen konnte, läutete es an der Haustür, und herein kam Blair, Maxie auf ihrem Bett vor sich herschiebend, die mit Schläuchen an ihren Apparat angeschlossen war, der auf einem eigenen Gestell neben ihr herrollte.
»Ich habe versucht, ihr das auszureden«, sagte Blair mit vorwurfsvollem Arztgesicht. »Aber sie ließ mir keine Ruhe. Nun, habt ihr mir noch etwas zu essen übriggelassen?«
Einen Moment lang sahen alle diskret zur Seite, als sich Jubilee und Maxie, sich an den Händen haltend, gegenseitig tief in die Augen schauten und offenbar an Dinge dachten, die die anderen nur erraten konnten. Zu Mikes und Samanthas Überraschung schien H. H. Maxie sehr gut zu kennen und behandelte sie, was die beiden noch mehr verwunderte, mit einem Respekt, wie er sonst nur
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