Jene Nacht im Fruehling
hätte als lose sitzende Sachen, aber Samantha hatte darauf bestanden, sich schon ein Oberteil und einen Spezialbüstenhalter für die Stillzeit zu kaufen.
»Du Angeberin!« hatte Mike, sie angrinsend, gesagt, und sich im stillen gefragt, ob sie wohl, wenn sie in vierzehn Tagen in Colorado getraut wurden, ihre rund fünfhundert Gäste, die zu der Hochzeit erwartet wurden, in einem weißen Umstandskleid begrüßen würde. Sam war so stolz auf ihre werdende Mutterschaft, daß sie, wie er vermutete, genau das tun würde.
Der einzige Wermutstropfen an diesem Glückstag war der Eilbrief seines Bruders Frank gewesen, der einen Schlüssel enthalten hatte. Dieser Brief betraf Maxies Testament. Sie hatte es Frank anvertraut und ihm die Vollmacht erteilt, als Testamentsvollstrecker zu fungieren. Mike hatte Sam bisher noch nichts von diesem Brief und dem Schlüssel erzählt, weil sie bisher noch nicht genügend Zeit gehabt hatte, sich von Maxies Tod zu erholen und auch Docs Tod - wahrscheinlich ein Selbstmord -, sie, wie er wußte, nicht kalt gelassen hatte.
Maxie hatte auch einen Brief hinterlassen, in dem stand, daß sie Half Hand Joes Juwelen mitgenommen hatte, als sie 1964 Louisville und ihre Familie verließ. Sie war damit nach Amsterdam gefahren und hatte sie dort verkauft. Sie hatte auch ein bißchen von dem Bargeld ausgegeben, das Half Hand ihr damals in jener Nacht gegeben hatte. Aber sie hatte nicht mehr als eine Hundert-Dollar-Note davon umwechseln lassen wollen aus Angst, daß Doc sonst die Spur des damals geraubten Geldes bis zu Cal und ihrer Familie zurückverfolgen konnte.
Frank, der unter anderem auch Anwalt war, hatte, als er das Testament für Maxie aufsetzte, sie mit dem für ihn typischen Taktgefühl gefragt, was sie denn mit den vielen Millionen gemacht habe, die sie für diese Diamanten bekommen haben mußte. Und Frank hatte Mike in dem Eilbrief geschrieben, daß Maxie gelacht und zu ihm gesagt hatte, sie habe jeden Penny davon ausgegeben. Mike konnte förmlich das mißbilligende Schnauben seines Bruders bei dieser Erklärung hören, denn Frank verurteilte jede Geldausgabe - es sei denn, sie wurde nötig, um Sachen zu erwerben, deren Wert sich im Lauf der Zeit verdreifachten.
Eines der Dinge, die sich Maxie von diesem Geld angeschafft hatte, war ein Apartment in New York, wo sie viele Jahre, nachdem sie ihren Ehemann und ihren Sohn verlassen hatte, wie eine Einsiedlerin gelebt hatte. Sie hatte damals beschlossen, in der Metropole unterzutauchen, wo sie Doc nahe genug sein konnte, um ein Auge auf seine Unternehmungen werfen zu können. Maxie hatte Frank erzählt, am meisten bereue sie, es damals zugelassen zu haben, daß man ein Foto von ihr und ihrer Enkelin als Baby machte, das dann in allen Zeitungen veröffentlicht worden war. Denn dieses Foto habe sie dazu gezwungen, ihre Familie zu verlassen und war letztendlich auch am Tod von Allison Elliot schuld gewesen. Doc hatte es zwar aufgegeben, nach Maxie zu suchen, nachdem er sie in Louisville aufgespürt und sie ihm trotzdem zum zweitenmal entwischt war, nachdem sie ihn 1928 zum Krüppel gemacht hatte. Aber Jahre danach hatte er dennoch einen Mann ausgeschickt, der ihre Familie befragen sollte, ob sie etwas über ihren Aufenthaltsort wisse. Unglücklicherweise war es Allison gewesen, die diesem Mann in die Hände gefallen war.
In ihrem Testament hatte Maxie nun das Apartment und dessen Einrichtung Samantha vermacht, und dorthin brachte Mike Sam jetzt, nachdem er so lange gewartet hatte, bis seiner Meinung nichts, aber auch gar nichts mehr, ihre gute Laune trüben konnte.
Noch immer vor Glück strahlend nach den Testergebnissen, die Blair ihr mitgeteilt hatte, schwebte Samantha gleichsam in das Apartment hinein - und blieb dort abrupt vor einem Foto stehen, das auf einem Tischchen im Foyer stand: ein Foto von ihr als Baby in einem silbernen Rahmen.
»Das ist also das Apartment meiner Großmutter gewesen«, sagte Samantha leise zu Mike, der stumm nickte.
Die Hände auf ihren Bauch gelegt, den sie sich schon viel größer wünschte, wanderte sie in der Wohnung umher. Es war eine sehr geräumige Wohnung - ein klassisches Sechs-Zimmer-Apartment in guter Lage, wie die Immobilienmakler so etwas nannten: ein geräumiges Penthouse mit drei Terrassen. Samantha fand, daß es eine sehr schöne Wohnung sei, nicht ein so gewaltsam auf Stil hingetrimmtes Schaustück - ein Fehler, den leider viel zu viele Innenarchitekten machten -, sondern das Heim einer
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