jennissimo (German Edition)
Zentimeter. Das letzte Mal, als sie sich geliebt hatten, war sie tatsächlich erregt gewesen und hatte es kaum erwarten können, ihn in sich zu spüren.
Manchmal dachte sie darüber nach, Cliff die ganze Wahrheit zu erzählen. Dass sie wegen ihrer Vergangenheit Schwierigkeiten mit Sex hatte. Dass sie nie ganz loslassen konnte und es lange dauerte, bis sie einem Menschen vertraute. Sie wollte ehrlich zu ihm sein – damit nichts mehr zwischen ihnen stand –, aber noch war sie nicht so weit. Wahrscheinlich weil sie wusste, dass die Wahrheit alles verändern würde. Sobald er wusste, wer sie wirklich war, würde er auf dem Absatz kehrtmachen und für immer verschwinden.
Zwar sagte sie sich, dass sie keinen Mann brauchte, der sie nicht so akzeptieren konnte, wie sie war. Aber dann dachte sie daran, wie schön es mit ihm war, wie sehr er sich von allen anderen Männern unterschied, die sie vor ihm gehabt hatte, und beschloss, die ganze Sache noch eine Weile vor sich herzuschieben. Aber nicht mehr allzu lange, dachte sie.
Er küsste sie auf den Hals. Als er ihr das T-Shirt über den Kopf zog und ihre Brüste berührte, erschauerte sie tatsächlich.
Schön, dachte sie benommen. Das ist schön.
Wieder küsste er sie auf den Hals, das Schlüsselbein und strich mit den Lippen zu ihren Brüsten. Erwartungsvoll drückte sie sich an ihn, als sie plötzlich seine Zähne spürte. Ein scharfer Schmerz durchfuhr sie.
„Was soll das?“ Sie zuckte zurück.
„Alles klar, Baby?“
Cliff sah so normal aus wie immer, und einen Moment lang glaubte sie, sich geirrt zu haben. Doch als sie an sich herabblickte, sah sie, dass er fest genug zugebissen hatte, um ihre Haut zu verletzen. Der Abdruck seiner Zähne war deutlich zu sehen, etwas Blut lief über ihre Brust.
„Was soll das?“, fragte sie.
„Magst du das nicht?“
Seine Stimme stand in solchem Gegensatz zu seinem Verhalten, dass sie noch immer nicht begriff, was hier eigentlich vor sich ging.
„Willst du, dass ich es noch mal mache?“ Noch immer sprach er sanft und liebevoll.
Sie griff nach ihrem T-Shirt und wollte es anziehen. Er riss es ihr aus den Fingern. Sie sah nicht, wie er die Faust hob, aber nur eine Sekunde später explodierte ein rasender Schmerz in ihrer Wange.
Instinktiv drehte sie sich weg, war aber nicht schnell genug. Ihr Blick fiel auf die Wohnungstür und auf ihr Handy. Wenn sie nur eines davon erreichen würde!
Doch sie hatte keine Chance. Wieder schlug er ihr ins Gesicht.
„Hure“, flüsterte er an ihrem Ohr. „Dachtest du wirklich, dass ich es nicht weiß? Dass ich es nicht herausfinden würde? Ich habe einen Freund gebeten, ein bisschen in deiner Vergangenheit zu wühlen. Gestern rief er an und sagte, dass in New Orleans jemand mit deinem Namen wegen Prostitution verhaftetworden war. Ich sagte mir immer wieder, dass das nicht du sein kannst, aber als ich die SMS sah, war mir alles klar. Was du bist. Und immer sein wirst.“
„Hör auf!“, schrie Violet. „Hör sofort damit auf!“
Sie war schon zweimal in ihrem Leben verprügelt worden – damals hatte sie noch auf der Straße gelebt und war voll mit Drogen gewesen. Das hatte die Schmerzen gedämpft. Doch jetzt spürte sie die Schläge, das Blut, einen wackligen Zahn.
Cliff hob die Hand erneut. Sie duckte sich weg, rutschte aber aus und schlug mit dem Kopf gegen die Tischkante. Ein neuer Schmerz explodierte. Sie bekam keine Luft mehr und sank auf die Knie.
Du musst überleben! sagte sie sich und wünschte nur, dass das gellende Kreischen endlich aufhören würde. Überleben!
Jemand hämmerte gegen die Tür. „Was ist da drinnen los?“
Sie erkannte die Stimme ihres Nachbarn, einem älteren Mann namens Mr McAllister. Er wog höchstens 65 Kilo und war auf einen Stock angewiesen.
Alles in Ordnung.
Das wollte Violet rufen, doch brachte sie die Worte einfach nicht heraus. Erst da wurde ihr klar, dass sie es war, die schrie und nicht wusste, wie sie damit aufhören sollte.
Blut füllte ihren Mund, sie musste sich übergeben.
Die Wohnungstür ging auf. „Wer sind Sie?“, fragte Mr McAllister. „Was haben Sie Violet angetan?“ Dann hörte sie hastige Schritte auf der Treppe.
Jetzt ließ sie sich auf den Teppich fallen. Der Raum verschwamm vor ihren Augen. Sie versuchte, nicht ohnmächtig zu werden.
Jemand ging an ihr vorbei. Sie hörte, wie er ihre Adresse ins Telefon rief. Mr Green, dachte sie und driftete weg. Bei ihm musste sie sich später bedanken. Der Blick des Polizisten
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