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Jenseits aller Tabus

Jenseits aller Tabus

Titel: Jenseits aller Tabus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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gekachelten Wänden des Bads wider. »Aber jetzt ist es Zeit, mich zu öffnen, um nicht zu verlieren, was mir am Herzen liegt.«
    Meinte er sie damit? Lucille hoffte es, sie wünschte es sich so sehr. Aber sie befürchtete auch, durch die Wahrheit verletzt zu werden. Was, wenn sie ihm nicht verzeihen konnte oder er ihr? Sie biss sich auf die Unterlippe.
    Er hörte mit den schlangenartigen Bewegungen auf. »Vor seinem Tod arbeitete mein Dad für das FBI.«
    Ungläubig krauste Lucille ihre Stirn. »Er war ein Special Agent?« Und sie hatte geglaubt, er wäre ein Krimineller gewesen. Sie hatte Craigs Andeutungen völlig falsch verstanden!
    »Seit ich ein Junge war, trainierte er mich in Nahkampf und im Umgang mit Waffen. Als die Ermittlungsbehörde das mitbekam und ich volljährig wurde, versuchten sie mich zu überreden, mich für die Aufnahmeprüfung in Quantico anzumelden. Aber wie hätte ich das jetzt noch gekonnt, nachdem sie Schuld am Tod meiner Eltern tragen?«
    »Das verstehe ich nicht.« Seine Mutter war doch Erpressern zum Opfer gefallen, und Lucille hegte den Verdacht, dass Caruso Ted Bellamy auf dem Gewissen hatte.
    Seine Stimme klang brüchig, als er fortfuhr: »Den Männern, die meine Mom entführt hatten, ging es nicht um Geld, sondern sie wollten meinen Vater auf diese Weise zwingen, die Ermittlungen gegen sie zu manipulieren und aufzugeben. Aber er war ein Mann des Gesetzes. Statt auf den Deal einzugehen, versuchte er Mom mit anderen Bundesagenten zusammen zu finden, doch die Zeit spielte gegen ihn.«
    Lucille hatte einen Knoten im Magen und streichelte unter Wasser seinen Unterschenkel. Vermutlich hatte Ted geahnt, dass die Erpresser sowieso planten, seine Frau umzubringen. »Wer waren die Kidnapper?«
    »Nicht die La picadura del escorpión, falls du das vermutest.« Er lächelte müde.
    »Woher weißt du von ihnen?« Abrupt setzte sie sich auf, zog die Beine an und schlang ihre Arme um ihre Knie. Hatte das Bureau inzwischen doch etwas über die Verbindung zwischen Richard Dawson und dem Drogenkartell an die Medien durchsickern lassen? Oder hatten ehemalige Kollegen von Ted Bellamy seinem Sohn vertrauliche Informationen zugespielt?
    »Es handelte sich um eine andere Organisation«, fuhr er fort, ohne auf ihre Frage einzugehen. »Das ist nicht wichtig, eigentlich sogar beliebig, denn eine ist genauso skrupellos wie die andere.«
    Sie spannte sich an. Jetzt oder nie, dachte sie, ahnend, dass Craig ohnehin mehr wusste, als er bisher zugegeben hatte. »Jetzt ist wohl der Punkt gekommen, an dem ich dir etwas gestehen muss. Mein Name ist nicht Kirby Lamar, sondern …« Sie stockte. Sobald er ihre wahre Identität kannte, mochte alles vorbei sein, von einer Sekunde auf die andere, auf ewig.
    Zu ihrer Überraschung vervollständigte Craig ihren Satz: »Sondern Lucille Dawson, geborene Blunt.«
    »Was?«, brauste sie auf.
    »Ich wusste es von Anfang an.«
    Aufgebracht schlug sie auf die Wasseroberfläche, sodass es nur so spritzte. »Und du hast mich die ganze Zeit in dem Glauben gelassen, ich würde dich hintergehen?«
    Plötzlich packte er ihr Handgelenk und zog sie in seine Arme. Durch die Bewegung schwappte Wasser über den Rand. »Hattest du ein schlechtes Gewissen?«
    »Ja, verdammt!«
    »Das brauchst du nicht. Das Zeugenschutzprogramm verpflichtet alle Beteiligten, zu schweigen.«
    Eine Luftblase, die sich an der Wasseroberfläche gebildet hatte, schwamm an ihnen vorbei. Schmollend stach Lucille mit dem Zeigefinger hinein, sodass sie platzte.
    »Gibt es etwas, das du nicht weißt?«
    Zärtlich strich er über das Tattoo, das schemenhaft ihren Bauchnabel umrankte.
    »Du wirst im Prozess gegen die Händler des Todes, Dawson und Caruso, aussagen. Aber wie stehst du zum Kartell?«
    »Du hast meine Tätowierung erkannt«, stellte sie erschrocken fest und deckte sie instinktiv mit ihrem Ellbogen ab. »Den Skorpion habe ich mir stechen lassen, als ich achtzehn geworden bin, als Zeichen meiner Rebellion. Damals zog ich bei meinen Pflegeeltern aus, weil sie mich und die anderen Kinder schlecht behandelten. Ich wollte einfach etwas Wildes, Verrücktes tun und meine Freiheit feiern. Niemals hätte ich gedacht, dass dieses blöde Tattoo mir Jahre später solch einen Ärger bereiten würde.«
    Sanft schob er ihren Arm weg von ihrem Bauch, als wollte er sagen: keine Geheimnisse mehr! »Ich glaube dir.«
    Aber Lucille hörte heraus, dass er nicht hundertprozentig überzeugt war. »Der Shop, bei dem ich mir den

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