Jenseits aller Tabus
ihr, während sie das Gärtnerhäuschen so leise wie möglich verließ, und sie fragte sich plötzlich, wie Bellamy wohl hüllenlos aussah. Bestimmt war sein Körper so blass wie der von Patrick, denn Craig erweckte den Eindruck, als würde er es bevorzugen, sich mit einem guten Buch auf sein Chesterfield-Sofa zurückzuziehen, als sich der Sonne auszusetzen. Anstatt seine Pflanzen unter freiem Himmel zu pflegen, zog er sich lieber in ein Gewächshaus zurück, dabei war das Klima Floridas vielen Arten zuträglich.
Verrückter Kerl! Exzentrisch und eigensinnig. Und auf eine eigentümliche Weise sogar ziemlich sexy.
Jetzt dachte sie schon wieder an ihn. Kopfschüttelnd spazierte Lucille über den Rasen zur Terrasse und spürte, wie ihre geschwollenen Schamlippen bei jedem Schritt aneinanderrieben.
Dieser Mann ließ sie einfach nicht los.
6. KAPITEL
»Ihr steckt doch unter einer Decke!« Carsons Stimme klang scharf, aber seine Augen funkelten belustigt. Er schwang seinen Rührbesen wie einen Baseballschläger, bis ihm wohl auffiel, dass diese Geste etwas Bedrohliches besaß, und legte den Quirl räuspernd neben die Schüssel, in der er gerade eine Vanillesoße hatte anrühren wollen.
»Cory hatte Probleme mit dem Rasenmähertraktor.« Es fiel Lucille schwer, ernst zu bleiben. »Er wollte nicht anspringen. Ava musste Hand anlegen.«
Der Koch schob seinen Kopf vor wie eine Schildkröte und krauste die Stirn. »Wieso solltest du es schaffen, den Traktor in Gang zu bringen, und Cory nicht?«
»Mein Vater führt eine Autowerkstatt in Bonita Springs. Schon als Jugendliche war ich oft dort. Da kamen ständig Männer vorbei, an denen habe ich geübt.« Avas Mundwinkel zuckten.
»An ihren Wagen, meinst du wohl?«, korrigierte Carson sie unbewusst zweideutig.
Um nicht zu lachen, ballte Lucille ihre Hände zu Fäusten und drückte sie auf ihr Zwerchfell. Sie wagte kaum zu atmen, weil sie befürchtete, laut loszuprusten.
Ava nickte. »Genau. Mein Vater hat mich kleinere Fahrzeuge wie Quads sogar alleine reparieren lassen. Ich bin sehr geschickt mit meinen Händen, das kann Cory bestätigen.«
»Das solltest du lieber in der Küche beweisen«, sagte Carson, nahm den Rührbesen und hielt ihn ihr hin. Dann wandte er sich an Lucille: »Und du, husch, husch. Es gibt auch für dich viel zu tun.«
Gab es nicht. Bis zum Abendessen ließ Patrick sie Teppichböden staubsaugen, auf denen kein einziger Krümel zu sehen war. Sie wischte Phantomstaub von den Regalen und lief gefühlte zehn Kilometer, weil sie in allen Badezimmern und WCs prüfen musste, ob genügend Toilettenpapierrollen vorhanden waren, danach sollte sie sämtliche Blumen im ganzen Haus gießen, die, wie sich herausstellte, jedoch feucht genug waren.
Als Lucille im Aufenthaltsraum zu Abend aß, wurde sie den Gedanken nicht mehr los, in diesem Haushalt völlig überflüssig zu sein. Craig Bellamy brauchte sie nicht. Er hatte genug emsige Bienen, die sich um ihn und seine Villa kümmerten. Weshalb hatte er sie also eingestellt?
Der Hunger ging, das mulmige Gefühl im Magen blieb.
Lucille beugte sich über den Tisch und fragte leise: »Was bedeutet eigentlich Fofinha?«
Ein breites Grinsen erschien auf Avas Gesicht. Sie linste zu den anderen Angestellten, aber diese saßen zu weit weg, um die Unterhaltung mit anhören zu können, solange leise gesprochen wurde. »Das heißt übersetzt »meine Süße« und ist Portugiesisch. In Brasilien spricht man Portugiesisch, wusstest du das?«
Lucille zwinkerte, weil Ava richtig aufgeregt wurde, nun, da sie indirekt über Cory sprach. In diesem Moment stand er vom Tisch auf, ging an ihnen vorüber in die Küche, um seinen Teller wegzubringen, und beachtete Ava nicht einmal. Kein verführerisches Lächeln. Kein unauffällig zugeworfener Luftkuss. Nicht einmal ein kurzer Blick.
Ava schien das nicht zu stören. »Hättest du vielleicht Lust, beim nächsten Mal wieder dabei zu sein? Von Anfang an.«
»Ich weiß nicht«, murmelte Lucille, der ihre neue Freundin leidtat. Aber vielleicht gab es eine Abmachung zwischen den beiden, ein Übereinkommen, die Liaison absolut geheim zu halten. Manche Arbeitgeber akzeptieren keine Paare unter ihren Bediensteten. War Craig Bellamy so engstirnig?
»Bitte, bitte, bitte, Kirby.« Ava legte ihre Hand auf die von Lucille und drückte sie sanft. »Nur zuschauen, versprochen. Du musst nicht mitmachen. Aber uns hat deine Anwesenheit angemacht, ein Wunsch ist Wirklichkeit geworden für uns.
Weitere Kostenlose Bücher