Jenseits aller Tabus
Außerdem könnten wir einen Schiedsrichter gebrauchen. Co… er versucht mich immer reinzulegen.«
Ein Prickeln ersetzte das ungute Gefühl, das Lucille zuvor gehabt hatte, Vorfreude regte sich in ihr. »Also gut«, stimmte sie nun doch zu, wusste aber, dass sie nicht unparteiisch sein würde.
Heiter lief Ava mit ihrem und Lucilles Teller in die Küche, und Lucille fragte sich, ob sie Cory die Neuigkeit mitteilen wollte oder ihrer Tätigkeit als Küchenhilfe an diesem Abend besonders fleißig nachging, um Carson nicht noch mehr zu verstimmen.
Lucille erhob sich vom Tisch und verließ den Aufenthaltsraum. Ausgerechnet Madison und Patrick standen auf dem Korridor und unterhielten sich. Zu ihrer Belustigung stellte sie sich vor, dass die beiden programmierte Chips im Nacken trugen:
Patrick, Eigentum von Craig Bellamy, Status: Nr. 1, Butler und Hausvorsteher.
Madison, Eigentum von Craig Bellamy, Status: Nr. 2, Dienstmädchen/Vermerk: Option auf Aufstieg.
Die Frage, ob damit eine Beförderung oder die Wahl zur Mätresse gemeint war, würde die Anmerkung clever offenlassen. Zerknirscht wollte Lucille gerade an den beiden vorbeigehen, als Patrick in sein Büro eintrat und die Tür hinter sich schloss, während Madison sich ihr in den Weg stellte.
»Es gibt etwas für dich zu tun.« Die Brünette hielt ihr Kinn so hoch, als würde sie darauf einen unsichtbaren Bleistift balancieren.
Madison, das Sprachrohr der Macht. Vor Lucilles geistigem Auge tauchte eine Mad mit einem Mund in Form eines Megafons auf. »Ach ja?«
»Du wirst in die Suite von Mr Bellamy gehen und sie für die Nacht vorbereiten.« Sah man nur flüchtig hin, erweckte Madisons Zopf den Anschein, als würde sich eine dicke braune Schlange von ihrem Nacken über ihre Schulter nach vorn schlängeln.
Der Befehlston passte Lucille gar nicht, aber sie würde sich auch nicht reizen lassen. Gelassenheit war die beste Reaktion auf eine Provokation. »Er ist doch noch gar nicht im Haus und der Abend noch jung.«
»Mr Bellamy wird sehr spät heimkehren, und dann muss alles vorbereitet sein.« Madison zeigte in Richtung Treppe wie ein Verkehrspolizist.
Lapidar zuckte Lucille mit den Achseln. »Ich habe keinen blassen Schimmer, was von mir erwartet wird.«
Theatralisch seufzte ihr Gegenüber. »Das Übliche eben: Bett aufdecken, Jalousien runterfahren, Badezimmer kontrollieren, aufräumen … Du hast doch schon in anderen Haushalten gearbeitet, oder etwa nicht? Mr Bellamy hat dich wohl kaum ohne Vorkenntnisse eingestellt.«
»Natürlich nicht.« Rasch wandte sich Lucille ab und stieg die Treppe ins Obergeschoss hoch.
Mr Bellamy hat dich wohl kaum ohne Vorkenntnisse eingestellt. Ihre Gedanken kreisten um diesen Satz, während sie den Gang entlangging. Was hatte ihn dazu veranlasst, sie bei sich aufzunehmen? Vielleicht würde sie einen Hinweis auf den wahren Craig Bellamy in seinem Schlafzimmer finden. Sie hatte nicht vor, seine Schränke zu durchwühlen, aber sie würde sich auf jeden Fall umschauen.
Wer steckte hinter der Fassade des Exzentrikers?
Gern würde sie mehr über ihn erfahren, nicht nur, weil ihr manches seltsam erschien, sondern auch, weil er ihr Interesse geweckt hatte. Noch war sein Charakter nicht greifbar für Lucille, sie hatte kein klares Bild von ihm und konnte ihn nicht einschätzen. Flirtete er mit ihr, oder vertrieb er sich nur die Zeit, indem er versuchte, sie aufs Glatteis zu führen?
Neugierig betrat sie sein privates Reich.
Auch in seiner Suite herrschte ein britisches Ambiente. Lucille trat an das Himmelbett aus Kirschholz und betastete die kunstvollen Schnitzereien der Eckpfosten. Erst bei genauerem Hinsehen erkannte sie, dass ihre Fingerspitzen über kopulierende Paare, masturbierende Frauen, onanierende Männer und Orgien glitten, und nahm ihre Hand weg. Als prüde konnte man Craig Bellamy jedenfalls nicht bezeichnen.
Wärme breitete sich zwischen Lucilles Schenkeln aus.
Sie streichelte über die Bettdecke, stellte sich vor, wie er nachts darunterlag, nackt, wie seine Finger über seinen Bauch tiefer glitten, sein Glied umschlossen und es sanft massierten. Bei wem waren seine Gedanken, wenn er sich selbst Lust verschaffte? Michelle Dearing, die sein Haus nach ihrem Geschmack einrichten und wahrscheinlich sich als Accessoire dazuschenken wollte? Madison, sein emsigstes Hausmädchen, das ihm bestimmt jeden Wunsch von den Augen ablas? Bei ihr, Lucille, die neue Herausforderung, der frische Wind im Haus, der Neuen, die genauso
Weitere Kostenlose Bücher