Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits aller Tabus

Jenseits aller Tabus

Titel: Jenseits aller Tabus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
Vom Netzwerk:
sich und verriegelte sie von außen.
    Endlich konnte sie sich wieder bewegen. Lucille wischte sich mit den Handflächen durchs Gesicht. Sie hatte das Gefühl, knapp einem Unglück entkommen zu sein. Castillo gehörte nicht zu Craig, so viel stand fest.
    In diesem Augenblick wurde Craig Bellamy von einer Bedrohung zu ihrem Retter. Lucille hätte heulen können vor Erleichterung.
    Obwohl sie in Sicherheit schien, war ihr Fluchttrieb noch aktiv. Sie musste unbedingt wissen, ob Castillo zur Ermittlungsbehörde gehörte oder nicht.
    Da Craig jeden Moment zurückkehren konnte, ging sie rasch ins Badezimmer, schloss sich ein und holte ihr Handy aus ihrer Handtasche. Zuerst wählte sie die Telefonnummer von Alex Fisher, beendete den Anruf aber noch vor dem ersten Klingeln. Sie musste mit jemandem sprechen, der die Befugnis hatte, Entscheidungen zu treffen.
    Sie nahm auf dem WC-Sitz Platz und stieß geräuschvoll die Luft aus ihren Lungen. Schweren Herzens rief sie die Person an, die sie geschworen hatte, niemals zu kontaktieren, selbst wenn die Erde gefror.
    »Was wollen Sie, Mrs Dawson? Tun Ihre Füße von der Arbeit weh?«
    Mürrisch, wie immer, dachte Lucille. »Es ist etwas passiert, Special Agent McCarthy. Ein Fremder stand eben in meiner Wohnung und zeigte einen FBI-Ausweis vor, aber …«
    »Der Name«, unterbrach er sie ungeduldig.
    »Alvaro Castillo. Hat er zumindest behauptet.«
    »Gibt es bei uns nicht.«
    »Sind Sie sicher?« Kaum hatte sie die Frage leichtfertig ausgesprochen, wusste sie, dass es ein Fehler gewesen war, da er sie als Kritik auffassen würde.
    »Hören Sie, Mrs Dawson.«
    Sie nutzte die Sekunden, die McCarthy benötigte, um theatralisch einzuatmen, und brachte eine Bitte vor, die ihr schon lange auf der Zunge brannte: »Können Sie nicht Blunt zu mir sagen?«
    »Noch sind Sie mit Richard Dawson verheiratet«, sagte er kleinkariert, und Lucille glaubte eine Anklage herauszuhören, als wäre sie noch immer schuldig, solange die Verbindung zu Richard bestand. Aber selbst nach der Scheidung blieb er für immer ein Teil ihres Lebens, ein dunkler Fleck in ihrer Vergangenheit, einer von vielen, der schwärzeste. »Ich habe die Agenten, Ihre Kontaktpersonen zum Bureau und somit zu mir, eigenhändig ausgesucht.«
    »Ein falscher Name, vielleicht.«
    »Ganz bestimmt sogar, aber nicht von einem meiner Männer, da ich die Decknamen aller kenne. Ich mache meinen Job gut, verdammt gut, Mrs Dawson«, stellte er klar, und Lucille war sich sicher, dass er ihren Namen wiederholte, um sie zu ärgern.
    »Die La picadura del escorpión muss Castillo geschickt haben, um gewaltsam zu erfahren, was ich dem FBI erzählt habe, und mich dann zu töten.« Vielleicht war auch Richard persönlich der Auftraggeber. Lucille zitterte erneut. Nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn Castillo Craig überwältigte und zurückkehrte! »Sie müssen mich hier rausholen!«
    »Ich muss gar nichts. Sie sind im Zeugenschutz, nicht bei Wünsch-dir-was.«
    Sein abfälliger Ton machte sie wütend. »Mein Leben steht auf dem Spiel, Herrgott noch mal. Wie soll ich gegen Richard aussagen, wenn ich tot bin?«
    »Wir haben die Situation im Griff.«
    »Offensichtlich nicht.«
    »Werden Sie nicht unverschämt, Mrs Dawson!«
    »Alex Fisher …«
    »Ist ganz in Ihrer Nähe, genauso wie weitere unsichtbare Bundesagenten. Wir haben zu jeder Zeit ein Auge auf Sie. Sie können uns nicht herumkommandieren wie Ihr Personal damals.«
    Das habe ich nie getan, lag ihr auf der Zunge, doch sie schluckte die Worte herunter. Tadhg McCarthy hielt sie offenbar für eine reiche Zicke, die sich hochgeschlafen hatte und dabei – in seinen Augen sicherlich verdienterweise – auf die Schnauze gefallen war.
    Sie stand kurz davor, ihm an den Kopf zu werfen, dass Craig Bellamy und nicht Alex Fisher oder ein anderer seiner wertvollen Special Agents sie gerettet hatte, wollte jedoch nicht erklären, was Craig in ihrer Wohnung tat. McCarthy war die letzte Person auf diesem Erdball, die erfahren durfte, dass sie des Diebstahls bezichtigt wurde.
    Er seufzte, als ginge es um eine Lappalie. »Wir kümmern uns um Calvaro Astillo. Alles ist unter Kontrolle.«
    Fassungslos schaute Lucille auf das Display. Er hatte aufgelegt!
    »Alvaro Castillo«, korrigierte sie ihn, obwohl er es nicht mehr hören konnte. Es lag auf der Hand, dass er nicht einmal den Namen des Verdächtigen notiert hatte. Eine Beschreibung des Mannes hatte er auch nicht gefordert. McCarthy nahm sie offenbar

Weitere Kostenlose Bücher