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Jenseits aller Vernunft

Jenseits aller Vernunft

Titel: Jenseits aller Vernunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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die ein kalter Wind über den Himmel trieb.
    Er schaffte es schließlich, mit dem feuchten Holz, das er gesammelt hatte, ein kleines, spuckendes Feuer anzuzünden. Lydia briet eine extra große Portion Fleisch und machte besonders viele Pfannkuchen, weil sie vielleicht wegen des immer stärker werdenden Regens in den nächsten Tagen nicht würde kochen können.
    Alle im Lager waren bedrückt. Von ihrem Platz auf der Uferhöhe aus war der Mississippi unter ihnen sichtbar. Sie hatten bisher sowohl freudige als auch ängstliche Erwartungen gehegt, doch von hier oben wirkte der Flu ss nur bedrohlich und einschüchternd. Das Wasser stand hoch infolge der schweren Regenfälle der letzten Zeit. Sie konnten das Ufer auf der Seite von Arkansas in dem düsteren Regen kaum erkennen.
    Trotz der gewaltigen Ausmaße des Flusses wollten sie alle jetzt, wo sie ihn endlich erreicht hatten, möglichst bald ans andere Ufer gelangen. Doch angesichts des Wetters sah es ganz so aus, als würden sie Tage, wenn nicht gar Wochen warten müssen bis dahin.
    »Ein paar von uns gehen morgen früh mit Grayson zur Fähre, um nachzufragen«, erläuterte Ross Lydia, während sie den Wagen innen und außen möglichst wetterfest herrichteten.
    »Und was glaubt Ihr, was passieren wird?«
    Ross fluchte. »Ich denke, wir werden das Ende des Regens abwarten müssen. Die Leute, die an diesem Flu ss leben, sind abergläubisch. Wahrscheinlich wird die Fähre vorher nicht fahren.«
    Lydia ahnte seine Bedrückung und wollte sich entgegenkommend zeigen. Als er hereinschaute, um sich noch eine Decke zu holen, fragte sie vom anderen Ende des warmen, trockenen Wagens her leise: »Mü ss t Ihr wirklich draußen schlafen, Mr. Coleman?«
    Er sah sie mit offenem Erstaunen an. Sie stillte Lee, aber seit jenem Morgen, an dem er dabei zugesehen hatte, bedeckte sie immer ihre Schulter, Brust und den Kopf des Babys mit einer Decke. Ross war froh, dass sie immerhin so viel Taktgefühl bewies, konnte aber den Anblick vom Kopf seines Sohnes an jenem weichen, fleischigen Hügel nicht vergessen.
    »Was würden die Leute denken, wenn wir beide im Wagen übernachteten ?« fragte er gereizt.
    »Sie würden wahrscheinlich denken, dass Ihr so vernünftig seid, nicht im Regen zu schlafen«, gab sie bissig zurück. Ihrem Temperament tat das Wetter auch nicht gerade gut, ebenso wenig wie die Sturheit dieses Mannes. Glaubte er etwa, sie versuche ihn in den Wagen zu locken, um ihn zu verführen? Das war wirklich das letzte, wonach ihr der Sinn stand.
    »Tja, ich kann aber nicht hier drin mit... mit Euch die Nacht verbringen.« Er wandte sich zum Gehen. »Bis morgen früh.«
    Draußen kroch er unter den Wagen und rollte sich mit seiner Decke in eine Wachstuchplane. Darin war es trotzdem kalt und klamm, was er aber angesichts der hitzigen, fiebrigen Gefühle, die ihn während der letzten Zeit erfüllten, fast als angenehm empfand.
    Als Ross am nächsten Tag gegen Mittag zurückkam, war er reizbar und völlig durchnä ss t. Der Regen fiel in Strömen. Ihre Abordnung hatte bei der Fähre genau das erfahren, was Ross vorausgesehen hatte: Bei diesem Wind und Hochwasser dachte der Fährmann nicht daran überzusetzen, und schon gar nicht mit einer Ladung, die zwanzig Wagen mit Tieren und Familien umfa ss te.
    »Er hat gesagt, wir müssen warten, bis der Regen nachlä ss t«, meinte Ross und go ss den kalten Kaffee hinunter, den Lydia ihm aufbewahrt hatte.
    »Habt Ihr Hunger?«
    Er zuckte mit den Schultern. Sein Gesicht war verdunkelt von Bartstoppeln, schließlich hatte er sich am Morgen nicht rasiert. »Ich könnte schon was E ss bares gebrauchen.«
    Sie reichte ihm eine zusammengefaltete Serviette, in der er einen Pfannkuchen mit Speck fand. »Ma schickt ihre beiden Jungen später in die Stadt, die etwas E ss bares auftreiben sollen. Braucht Lee vielleicht irgendwas?« fragte Ross sie.
    Lydia schüttelte den Kopf und dachte an die vielen Dinge, die sie brauchen würde. Zum Beispiel ein Unterhemd. Das könnte sie dann mit weichem Stoff füttern, so dass , wenn Milch aus ihren Brüsten tropfte, sie nicht immer gleich vor Mr. Coleman oder allen anderen davonlaufen muss te, damit niemand die peinlichen Flecken auf ihrer Bluse sah. »Die Frauen aus dem Wagenzug haben ihm alles mögliche geliehen. Er braucht erst wieder Sachen, wenn er etwas gewachsen ist.«
    Ross wäre selbst schrecklich gern in die Stadt geritten, wagte es aber nicht. Es war schon ein Risiko gewesen, auch nur mit dem Fährmann zu

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