Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits aller Vernunft

Jenseits aller Vernunft

Titel: Jenseits aller Vernunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
irgendwann mal müde werden, weil du schon Priscilla Watkins immer anglotzt. Die hat auch ziemlich große. Ich hab’ geseh’n, wie sie sie immer vorstreckt, wenn du bei ihrem Wagen vorbeireitest, und das tust du ja auch, so oft du kannst. Ich schätze, du bist so ziemlich der geilste Bock, den ich je geseh’n hab’.«
    Bubba sprang mit einem Satz auf seinen Bruder zu, und es gelang ihm, mit der Faust Lukes Kinn zu treffen. Luke ging zu Boden, ließ sich aber nicht kleinkriegen. Er packte Bubba am Knöchel, riss ihn um, und eine prächtige Prügelei entbrannte. Als Ross Augenblicke später vorbeikam, rollten sie grunzend durch den Dreck.
    »Was ist denn hier los?« bellte er. Er packte den oberen der beiden, in diesem Fall Luke, am Kragen und ri ss ihn hoch. Bubba stand freiwillig auf. Sie schnauften schwer und bluteten aus Mund, Nase und verschiedenen Kratzern. »Habt ihr sonst nichts Besseres zu tun?« verlangte Ross zu wissen.
    Er wusste , wozu Raufereien führen konnten. Erst mit Fäusten, dann mit Waffen. Ein Teufelskreis, wenn man versuchte herauszufinden, wen man noch besiegen konnte. Hätte ihn jemand zurückgepfiffen, als er noch ein Junge war, wäre vielleicht alles anders geworden. Doch als er in Bubbas Alter war, konnte er bereits mit einer Pistole umgehen wie ein Cowboy.
    »Bubba, ich dachte, du wolltest mir beim Beschlagen helfen.«
    Bubba betastete seine schwellende Lippe. »Klar, Ross.«
    »Und du, Luke, bringst Wasser zu meinem Wagen«, ordnete Ross an. »Lydia braucht es zum Waschen.« Er dachte nicht weiter darüber nach, wie leicht ihm ihr Name über die Lippen glitt. »Aber erst gebt ihr euch die Hand.«
    Die Jungen gehorchten widerstrebend. Ihnen war jetzt vor allem unbehaglich, weil sie später Ma ihre geschwollenen Gesichter würden erklären müssen.
     
    Lydia amüsierte sich gut. Sie hatte gar nicht gewu ss t, dass andere Leute so herzlich sein konnten. »Nachbarn« blieben bei ihr stehen, um sich mit ihr zu unterhalten. Manche waren einfach neugierig, andere vorsichtig, und sie wusste , dass sie ohne die Hilfe der Langstons sicher nicht so freimütig aufgenommen worden wäre. Weil Ma sie gern hatte, fühlten sich die anderen auch verpflichtet, sie zu mögen. Es war eine unbestreitbare Tatsache, dass Ma die meisten aus dem Treck im Griff hatte, fast so wie Mr. Grayson. Ihre mütterlichen Gefühle wirkten sich auf alle Mitreisenden aus. Sie bewunderte oder ermahnte jedermann ohne Ansehen des Alters, genau wie ihre Kinder.
    Lydia ging spazieren und prägte sich die Namen der Leute ein sowie die Zugehörigkeit der Kinder zu welchen Eltern. Da waren die Sims’ mit ihren beiden schüchternen kleinen Mädchen und die Rigsbys mit zwei Jungen und einem ganz kleinen Töchterchen. Lydia lernte auch die Mutter der Zwillinge kennen. Sie waren schon fast ein Jahr alt. Der eine tastete sich soeben auf wackeligen Beinchen in die Welt hinaus, natürlich in Richtung Feuer. Auch andere Namen wurden ihr vertraut. Cox, Norwood, Appleton, Greer, Lawson. Alle betrachteten eingehend den kleinen Lee Coleman, der gemütlich in ihren Armen ruhte.
    Mrs. Greer bot ihr an, ihr ein paar Babykleider zu leihen. »Mein Junge ist schon herausgewachsen, warum sollen die Sache in der Truhe verstauben.« Solche Freundlichkeit war Lydia noch nie begegnet, für sie war das Leben bisher nichts als ein Kampf ums Überleben gewesen. Was man hatte, muss te man ihrer Erfahrung nach eifersüchtig bewachen.
    Bevor Lydia wieder zum Wagen von Mr. Coleman zurückkehrte, gab ihr Ma eines von Lukes Hemden und einen alten Rock von Anabeth. »Sie sind nicht so hübsch wie das Kleid und wirklich nix Besonderes, aber wahrscheinlich bequemer.«
    Lydia trug Lee zurück und bemerkte Luke, der gerade eine Leine zwischen zwei Bäumen anbrachte. Als er sie kommen sah, wandte er den Kopf ab. »Mr. Coleman hat mir aufgetragen, hier eine Wäscheleine für Euch zu spannen.«
    »Danke, Luke«, sagte sie ruhig. Sie fragte ihn nicht nach seinem blutigen Gesicht, weil sie sein Unbehagen spürte.
    Als alle Kleider aufgehängt waren, stieg sie müde in den Wagen. Es war dunkel und ruhig im Lager geworden. Sie stillte Lee und legte ihn schlafen. Dann zog sie das Nachthemd an, das Ma ihr geschenkt hatte. Die Kopfhaut tat ihr weh, weil sie den ganzen Tag das Haar zusammengebunden getragen hatte. Sie schüttelte es und begann, es zu bürsten. Die Bürste war ebenfalls ein Geschenk von Ma.
    Sie wollte sich noch nicht niederlegen, bevor Ross wieder zurück war.

Weitere Kostenlose Bücher