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Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Titel: Jenseits der Alpen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Morgen. Danach würden sie sich für längere Zeit nicht sehen.
    Sie fanden ein kleines Café, wo es ruhig war, wo trotz der Uni-Nähe nur wenige Gäste saßen. Unterm Tisch hielten sie sich die eine Hand, mit der anderen nahmen sie den Cappuccino auf.
    »Seit wann bist du für Verbrechen in Sardinien zuständig?«, fragte sie. »Hast du die Seiten gewechselt?«
    Er erklärte ihr den Sachverhalt, so weit es möglich war.
    »Das wird dann sicher ein paar Tage dauern, wie ich dich und deine Gründlichkeit kenne«, sagte Lola. »Fliegst du allein, oder kommt jemand mit?« Bevor er antworten konnte, fiel ihr noch etwas ein. »Nimmst du da eine Waffe mit? Sardinien ist doch Mafia-Gebiet, wenn ich nicht irre, oder?«
    Erkannte er da Abenteuerlust in ihren funkelnden Augen, oder war es die Sorge um sein Leben?
    »Du wirst mir fehlen«, sagte sie zärtlich und beförderte ihre Hand auf seinen Unterarm. »Komm recht bald wieder.«
    Er hatte ihr erklärt, dass er nur eine einzige Waffe mit auf die Reise nehmen würde. Agnes nämlich. Nachdem er ihr beschrieben hatte, wer Agnes war und wie sie aussah, war Lola beruhigt.
    Später wartete Ottakring, bis Lola in ihr Auto gestiegen und abgefahren war. Er kam sich minutenlang wie ein vergessener oder verlorener Mensch vor, vollkommen kraftlos.
    Doch dann gab er sich einen Ruck und besann sich auf die Arbeit, die vor ihm lag. Er konnte fühlen, wie die Spannung und sein Blutdruck wieder stiegen. Während des Gesprächs mit Lola war ein Gedanke durch sein Gehirn gekrochen, der – so abenteuerlich er war – ihm fast die Gewissheit verschaffte, dass er dabei war, sich einem entscheidenden Punkt zu nähern.

Olbia, Sardinien, Samstag, 25.   März 2000
    Nach einer Flugzeit von einer Stunde vierzig setzte die Maschine auf der Ost-West-Landebahn in Olbia auf. Es war ein turbulenter Flug gewesen. Agnes kannte Sardinien »a bissl«, wie sie es aussprach, Ottakring war noch nie da gewesen.
    Von oben sah die Insel wie ein im blauen Meer ausgebreitetes Handtuch aus, über das versehentlich dünner Kakao vergossen worden war. Alles war ockerbraun, nur unterbrochen vom spärlichen Grün einzelner Baumgruppen und durchzogen von dünnen grauen Fäden, den Straßen und Sträßchen. Im Landeanflug weit draußen konnte Ottakring erkennen, dass die Küste und die wenigen Berge im Inland mit weißen Villen überzogen waren, die im Sonnenlicht glänzten, und dass der winterliche Hafen voll war mit abgedeckten Yachten. Zurzeit gab es sicher nur wenige Touristen, doch in der warmen Jahreszeit – Ottakring konnte es förmlich spüren, wie die Hitze nach Sonnenmilch und Kokosöl roch. Er hörte das Dröhnen der Bagger und Betonmischer und den Gesang der Maurer auf den Baugerüsten, wenn wieder neue Appartementhäuser gebaut werden würden.
    »Anschnallen!« Agnes gab ihm einen Stups mit dem Ellenbogen. Er schien das Kommando aus der Kabine überhört zu haben.
    »… begrüßen Sie in Olbia auf Sardinien und wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt.«
    Agnes setzte als Erste den Fuß auf sardischen Boden. Ottakring bemerkte die Abordnung, die kam, um sie abzuholen, einen kurzbeinigen Commissario mit einem Brustkorb wie ein Fass und eine weibliche Ispettora mit der Figur eines Veilchens.
    »Buon giorno.«
    »Buon giorno.«
    Bald darauf nahmen sie im Garten des Ancora Platz, einer mit Harpunen, Angelgeräten, antiken Amphoren und rostzerfressenen Ankern dekorierten Seemannskneipe draußen am Hafen. Sie saßen im Schatten eines knorrigen Olivenbaums, nicht weit entfernt schlug die Meeresbrandung mit hohlem Brausen gegen den Fels. Der Commissario bestellte Lasagne für alle und eine Zwei-Liter-Karaffe Weißwein.
    Ottakring hätte gern ein Bier gehabt, hielt sich aber ans Wasser. Agnes schloss sich ihm an. Sie saß zwischen dem Fass, dem Veilchen und Ottakring und übersetzte simultan.
    Der Commissario stellte die Fragen. »Was müssen Sie wissen? Wo wollen Sie anfangen?«
    »Ist im Ort schon bekannt geworden, was mit Selma Ruspanti geschehen ist?«, stellte er die Gegenfrage.
    Beide Polizisten sahen sich an. Das Fass zuckte die Schultern. »Ganz sicher nicht. Nur die Polizei hat Kenntnis von Ihrem Fax.«
    »Seit dem Jahreswechsel wurde sie nicht mehr gesehen. Und sie wurde nicht als vermisst gemeldet?«
    Wieder verständigten sich die beiden mit Blicken.
    »Nein«, sagte der Commissario. »Offiziell ist Selma nicht vermisst. Aber wissen Sie, Olbia ist wie ein Dorf. Ohren gibt es überall. Nunzio, ihr

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