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Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Titel: Jenseits der Alpen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Weile allein und regungslos da und versuchte, das Gehörte zu verarbeiten. Endlich begann er Land zu sehen.
    Agnes wies er an, ein Foto an die Polizei in Olbia, Sardinien, zu senden und um Identifizierung zu bitten. Mit EILT -Vermerk, bitte!
    Das Sekretariat bat er, vorsorglich Flugverbindungen nach Sardinien herauszusuchen. Und seinen Präsidenten bat er vorausschauend um die Genehmigung der Dienstreise, wenn benötigt.
    In Bozen kannte Ottakring den stellvertretenden Polizeipräsidenten, mit dem er vor Jahren auf Lehrgang gewesen war. Den rief er an, schilderte ihm den Fall und bat ihn, die passenden Kontaktstellen auf Sardinien zu ermitteln. »Ich werde selbstverständlich keinen Exekutivauftrag mitnehmen, sondern lediglich den Lebensumständen der Toten nachgehen.«
    Ottakring unternahm all das, obwohl ihm klar war, dass bei Staatsanwälten und anderen Rechtsdienern offizielle Auslandsreisen von Polizeibeamten nicht gern gesehen waren. Die Polizei musste ständig auf der Hut sein, um nicht Kritik auf sich zu ziehen. Gleichzeitig war ihm bewusst, dass alle im Innersten ständig in Eile waren, vom Abteilungsleiter über den Präsidenten bis hin zum Staatssekretär und sogar Innenminister. Zweieinhalb Monate lang keinerlei Spur nach einem kapitalen Mordfall verhieß nichts Gutes. Sie steckten ganz schön in der Tinte. Die Zeit war ihr Feind. Man wollte so schnell wie möglich die Wahrheit herausfinden, bevor sich so etwas womöglich wiederholte – was der Super-GAU gewesen wäre.
    Die kommende Nacht brachte ungewöhnlich strenge Kälte nach Oberbayern. Wie ein eisiges Tuch legte sie sich über Münchens Häuser, Straßen, Parks und Plätze. Als hätte die Kälte einen Riegel in Ottakrings Kopf zurückgeschoben, schneiten ihm am Tag darauf ungewöhnlich rasche Lösungen und Entscheidungen ins Haus.
    »Reisen Sie nicht allein!«, wies ihn der Präsident an. »Nehmen Sie jemanden mit.«
    Agnes stand – nicht viel höher als sein Schreibtisch – mit der ausgedruckten E-Mail aus Olbia vor ihm. Ohne Zögern übersetzte sie ihm den Text vom Italienischen ins Deutsche.
    »Bei der gefragten Person handelt es sich um die Bürgerin Selma Ruspanti, neunundzwanzig Jahre alt, katholisch, verheiratet, wohnhaft in Olbia. Unsere Nachfrage hat ergeben, dass Signora Ruspanti seit dem 31.   Dezember 1999 vermisst wird. Sie sind jederzeit herzlich willkommen.«
    Ottakring atmete erleichtert aus. Endlich hatte man etwas Greifbares, hatte man einen Namen! Es war, als ob die tote Person wieder zum Leben erweckt worden war.
    »Ja, kannst du denn Italienisch?«, fragte er Agnes verwundert. Er kannte sie schon so lange und wusste eigentlich gar nichts über sie.
    »Und Spanisch«, fuhr sie fort. »Und Norwegisch. Ich habe einen Teil meiner Kindheit in Norwegen verbracht.«
    »Aha«, sagte Ottakring etwas verwirrt. »Beeindruckend. Ich werd mir’s merken.«
    Sein Kopf war voller Gedanken, als er Stunden später in die Trambahn stieg, um nach Hause zu fahren. Die Heizung schien ausgefallen zu sein, es war bitterkalt im Wagen. Die Menschen um ihn herum hatten entweder die Augen geschlossen oder sahen ihn mit leeren Blicken an. Er schlug den Mantelkragen hoch und starrte zurück. Nach einer kurzen Weile rief er sich die Ereignisse seit dem 2.   Januar in Erinnerung, als die zwei kleinen Mädchen den erstarrten Leichnam Selma Ruspantis auf einem Autobahnparkplatz dreizehn Kilometer vor München entdeckt hatten.
    Nun hatte er erfahren, wer die Tote war und woher sie stammte. Seit dem 31.   Dezember war sie in Sardinien vermisst, am 2.   Januar in Bayern tot aufgefunden worden. Was war in diesen drei Tagen geschehen? Wie war sie von Sardinien nach Bayern gelangt? Es gab aber noch weitere Details, die Ottakring angesichts der Grausamkeit, mit der sie offenbar umgebracht wurde, beschäftigten. Was war der Grund, dass sie Olbia verlassen hatte? Warum trug sie nichts bei sich außer der Kleidung, die sie anhatte? Der Mörder hatte sich kein bisschen bemüht zu verhindern, dass sein Opfer gefunden wurde. Mit ein paar dürren Zeigen hatte er sie zugedeckt, das war alles. Wollte er etwa die Menschheit auf sein Verbrechen hinweisen? Es wäre nicht das erste Mal. Und was wollte er zeigen, wenn es sich so verhalten sollte?
    »Lola, Liebes, ich muss dienstlich nach Sardinien fliegen. Morgen Nachmittag wahrscheinlich. Wollen wir uns vorher noch mal treffen?«
    Lola hatte am Abend eine Konferenz, und so verabredeten sie sich für eine Stunde am nächsten

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