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Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Titel: Jenseits der Alpen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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München. Wie heißt der Commissario, der anreisen möchte?«
    »Commissario Waller.«
    »Gut. Er mag kommen.«

Olbia, Sardinien, 27. bis 29.   März 2000
    Als Kommissar Waller am nächsten Tag in Olbia landete, stand die Sonne halbhoch am Himmel. Er meinte es sich verdient zu haben, nicht sofort in das Geschehen eintauchen zu müssen.
    »Eine Bar«, nannte er dem Taxifahrer als Ziel, »eine Bar im Stadtinneren.«
    Der Fahrer verstand sein Deutsch und lud ihn am Grappa ab. Dort suchte sich Waller zielstrebig einen leeren Tisch in der Ecke aus. Den Männern am Stammtisch in der Mitte nickte er jovial zu, ließ sich in der Ecke nieder und zog die Süddeutsche Zeitung aus dem Rucksack. Bei der Kellnerin, einer hübschen Mittdreißigerin mit Puppengesicht, bestellte er einen Cappuccino und ein Croissant, halbiert, geröstet, mit Olivenöl und Orangenmarmelade drauf.
    Ottakrings Gesicht prangte wie ein Verbrecherfoto im Lokalteil der SZ .
    Die Kellnerin brachte ihm seinen Kaffee, ging nach hinten in die kleine Küche und kümmerte sich um die Croissant-Bestellung. Er sah, wie sie zwischendurch telefonierte und zu ihm hersah.
    Oh je, dachte Waller und rührte mit dem Löffel seinen Kaffee um, obwohl es nichts umzurühren gab, da er ihn immer schwarz trank. Den Artikel unterhalb des Personenfotos in der SZ las er kopfschüttelnd zum x-ten Mal.
     

    Die Bedienung kam mit dem Croissant. Waller faltete die Zeitung zusammen und legte sie neben den Teller auf den Tisch.
    Er hatte kaum drei Bissen im Mund, da stand Agnes in der Tür und ließ den Blick schweifen. Hinter ihr hatte sich ein sehr stämmiger Uniformierter postiert, eine gut aussehende weitere Polizistin war nur zur Hälfte zu erkennen.
    Über Agnes’ Gesicht ging ein Grinsen, als sie mit ausgestreckten Armen auf ihn zukam. »Herr Waller, willkommen in der Hölle!« Sie stellte die sardischen Kollegen vor und berichtete ihm in Kurzform vom Stand der Dinge.
    Waller faltete die Hände über dem Bauch.
    Selma Ruspanti hatte ein paar Tage nach einem Streit mit ihrem Ehemann Nunzio die gemeinsame Wohnung verlassen. Nunzio hatte sie zuvor geschlagen. Kurz vor ihrer Flucht hatte sie von dieser Bar aus ihre Schwester in Deutschland angerufen.
    »Marta heißt die Schwester, und wir haben herausgefunden, dass sie in Bielefeld mit einem Deutschen verheiratet ist. Sie heißt jetzt ganz einfach Schmidt, Marta Schmidt. Möchten Sie später mit Marta telefonieren?«
    Waller war aufgestanden und hatte den Rucksack geschultert. »Ja, ich werde mit dieser Schwester sprechen. Doch vorher will ich mir den Ehemann noch einmal anhören. Ist er schon vernommen worden?«
    »Ja, die Italiener –«
    »Trotzdem. Ich will ihn mir ansehen. Aber zuallererst möchte ich mir den Kollegen Ottakring anschauen. Ist er besuchsfähig?« Waller sah über seine Goldrandbrille hinweg zu Agnes hinunter, dann nahm er die beiden Italiener ins Visier.
    »Kann man Signore Ottakring besuchen?«, rief Agnes ihnen zu.
    Der Commissario nickte heftig, die Ispettora schüttelte den Kopf.
    »Also ja«, folgerte Waller daraus. »Dann backmer’s doch gleich. Habe ich eine Unterkunft?«, fragte er.
    * * *
    Joe Ottakring hatte die Füße flach nebeneinander gegen das Fußende seines etwas zu kurzen Bettes gepresst, die Knie aneinander. Der linke Arm lag in einer Schlinge, der rechte reckte sich der Decke entgegen, sein Kopf glich oberhalb der Augen einem Messestand für Wundverbände. Es war augenscheinlich: Ottakring war verletzt. Er konnte sich kaum bewegen.
    Doch solche Äußerlichkeiten täuschten. Innerlich war Ottakring höchst flexibel. Er konnte denken. Und vor allem verfügte er in diesem Zustand über Zeit zum Denken.
    Er war gerade beim Überdenken des zweiten Frauenmords angekommen – der Vergewaltigung von Amelie Bartz in Südtirol –, als sich die Tür öffnete.
    Ottakring ließ sich ungern bei der geistigen Arbeit unterbrechen, doch in diesem Fall musste es sein. Waller betrat als Erster den Raum, dann folgten Agnes, der Commissario und zum Schluss Mariedda, das Veilchen. Den Abschluss bildete der Stationsarzt, ganz in Weiß und offensichtlich Afrikaner.
    Ottakring betrachtete die Prozession zunächst etwas verwirrt. Er fiel für eine Weile wieder zurück in seine Gedankenwelt. Vorstellungen, die ihn nicht mehr losgelassen hatten und sich nun mehr oder weniger verselbstständigten, ohne dass er viel dazutat. Zwei Morde in der Nähe einer Autobahn. 1997 Naomi Berlascumi bei Padua, 1998 Amelie

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