Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)
Luft, als er in Richtung des Halses von Garandor sauste. Auf einmal hielt der Elf inne. Eine blutige Klinge wuchs aus seiner Brust. Stufenweise drehte er sich um und sank vor der Klanglosen Klinge auf den Boden. Ungläubig ließ Latenor seinen Stab fallen und blickte in die angsterfüllten Augen eines Jünglings.
„ Das – wirst du mir – büßen.“ flüsterte Latenor schwach, bevor er auf die linke Seite fiel, seine perfekten, elfischen Züge verkrampfend, und liegen blieb. Garandor verharrte regungslos in seiner Position und schüttelte den Kopf, als sei er soeben erwacht.
Nach einigen Momenten des Schweigens war die Spannung überwunden und überschwängliches Gebrüll und Geschrei erfüllte die Luft. Überall, auf der gesamten Fläche der Erodyn-Höhen, flogen Hände und Wesen in die Luft, hörte man das Klirren aneinandergestoßener Waffen, sich umarmender Kettenrüstungen. Ein Schauer überlief Garandor, als er die Stimmung spürte. Nun war es an der Zeit, Balira zu finden. Er begann damit, seinen Weg auf den Gipfel zu suchen, als er die wohlbekannte Stimme eines Freundes vernahm.
„ Garandor.“
„ Dante.“ erwiderte der Zwerg überwältigt. „Kannst du mich zu Balira führen?“
Dante nahm den Unterarm des Zwerges und leitete ihn durch die jubelnde Masse aus drei verschieden Völkern. Wobei man das Herumstehen, Lächeln und Gratulieren der Elfen nicht als Jubel bezeichnen konnte. Dante hielt an und ließ Garandors Hand los. Dann spürte der Zwerg wie sein Freund von seiner Seite wich und im Trubel verschwand.
Verloren stand der Zwerg in der Menge, spürte unzählige Hände auf seinen Schultern, vernahm die Gratulationen der Zwerge, Menschen und gar Elfen.
„ Garandor.“ Dante war wiedergekehrt und brachte niederschmetternde Neuigkeiten. „Balira wurde verletzt. Ein Schatten kam ihr zu Nahe. Doch sei unbesorgt. Ein violetter Magier kümmert sich um ihre Wunden. Er scheint unfassbar mächtig zu sein. Ich bin mir sicher, dass sie die Verletzung überstehen wird.“ Dantes Hand ruhte während der Worte auf Garandors Schulter und spendete ihm Trost.
„ Bring mich zu ihr, Dante.“ zitterte es aus dem Mund des Zwergs.
„ Nein, Garandor.“ begann Dante. „Es ist besser, wenn du sie nicht – spürst. Sie wird leben, Garandor. Vergiss all deine Sorgen für einen Moment und folge Lannus und mir zu den Festivitäten.“
Widerwillig folgte der Zwerg seinem Freund aus purem Vertrauen, dass alles gut werden würde, dass Balira leben würde. Doch glücklich war er nicht dabei. Die Sorge nistete sich nicht nur in seinem Geist ein, sondern überfiel seinen gesamten Körper und äußerte sich in der Form pulsierender Hitzewellen. Auf einmal spürte er, wie er von seinen Beinen gehoben wurde. Spürte, dass er schwebte. Er benötigte einige Momente, bis er verstand. Garandor hatte den tosenden Jubel um ihn herum vollkommen ausgeblendet und hatte somit nicht mitbekommen, dass eine enorme Menge an Menschen, Zwergen und Elfen sich um die drei Auserwählten, um Lannus, Dante und Garandor versammelt hatten, um sie in die Höhe zu heben und zu bejubeln. Er wurde unkontrolliert von Wellen aus Armen und Händen hin- und her geschwemmt.
„ Garandor.“ Lannus und Dante befanden sich offensichtlich auch über den Köpfen der Träger und lachten laut, als sie bemerkten, wie der kurze, stämmige Zwerg herumgeworfen wurde.
Nachdem sie ihn schließlich absetzten, wurde er an einen Tisch geführt. Zwischen Dante und Lannus sitzend, fühlte er sich nun unheimlich wohl und geborgen, obgleich er sich wünschte, dass Balira bei ihm war. Dennoch konnte er seine Sorge ruhen lassen. Er hatte das Abenteuer überlebt. Seine Freunde hatten es ebenfalls überlebt. Ein breites Lächeln zog sich über seine Lippen, als er sich einen fetten Batzen Fleisch in den Mund steckte und genüsslich anfing zu kauen; Balira hatte ebenfalls überlebt. Trotz seines Wissens über zwergische Bräuche, war er etwas verwundert darüber, dass sein Volk selbst in dieser unheilvollen Schlacht an die nachfolgenden Festivitäten gedacht hatte, sollten sie, entgegen aller Vermutungen, über Latenor siegen.
Unterdessen wurde die junge Klanglose Klinge Morpheus zum Held und konnte dem gewaltigen Strom der Glückwünsche nicht mehr standhalten. Eine neue Legende war entstanden und selbst die Zwerge schienen ihren Hass vergessen zu haben; sangen Seite an Seite mit Menschen – und in seltenen Fällen gar mit Elfen – ihre vulgären Trinklieder und
Weitere Kostenlose Bücher