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Jenseits der Finsterbach-Brücke

Jenseits der Finsterbach-Brücke

Titel: Jenseits der Finsterbach-Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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gesehen. Und dann blickte sie Almut und mich an.
    »Vergesst die Schwarze Stadt«, sagte sie. »Vergesst sie für immer. Und vor allem, sprecht nicht darüber, wenn Lasses Vater euch hören kann. Verstanden? Wenn du willst, dass dein Freund mit dir auf Westwind durch den Wald reitet, Lasse, dann muss er jemand anders sein. Hier auf dem Norderhof wird er der Sohn meiner Cousine sein. Sie hat ihn hergeschickt, weil er Schulferien hat und sie mit ihrem Mann verreist. Der Sohn meiner Cousine kann bleiben, solange er will.«
    Ich wollte sie fragen, was das alles sollte, doch Joern undAlmut nickten und da nickte ich auch. Die Welt war an einem einzigen Tag sehr verwirrend geworden.
    In der Küche saßen Olaf und der kleine Tom und sahen hungrig aus. Es roch nach Zwiebeln und Tomatensoße und tausend Kräutern aus Olafs Garten. Wir setzten uns um den alten runden Tisch und ich stellte einen Stuhl für meinen Freund dazu.
    »Das ist Joern«, sagte Frentje. »Der Sohn von Barbara.«
    »Von wem?«, fragte Olaf.
    »Na, meiner Großcousine«, sagte Frentje. »Ich habe dir sicher schon von ihr erzählt, aber du hörst ja nie zu, wenn ich über meine Verwandten rede. Jedenfalls ist Barbara mit ihrem Mann in den Urlaub nach Afrika gefahren und Joern haben sie für die Ferien zu uns geschickt. Ich glaube, ich habe vergessen zu erwähnen, dass er kommt.«
    »Das hast du allerdings«, brummte Olaf und schaufelte die dampfenden Nudeln auf seinen Teller. »Und woher kommt er so plötzlich? Ist er aus einer Wolke vom Himmel auf den Norderhof gefallen? Und wo war Lasse so lange? Ich bin am Verhungern.«
    Olaf wurde immer brummig, wenn er hungrig war.
    »Geliebter Mann, reg dich nicht auf«, sagte Frentje. »Sonst erschrecken sich die Nudeln und werden kalt. Joern ist nicht aus einer Wolke gefallen, sondern heute Morgen angekommen, als ihr alle noch irgendwo anders beschäftigt wart. Doktor Bartens hat ihn mitgebracht.«
    »Doktor Bartens war hier?«, fragte Olaf zwischen zwei Bissen Nudeln.
    »Ja, aber er hatte heute keine Zeit zu bleiben«, sagte Frentje schnell. »Er hat mir nur meine Medikamente gebracht und seinen üblichen Vortrag über mein Cholesterin gehalten. Danach ist er gleich wieder losgefahren.«
    »Komisch, komisch«, brummte Olaf und ich musste zugeben, dass er recht hatte. Frentje log wie gedruckt. Natürlich war Doktor Bartens nicht hier gewesen, denn sonst wäre er geblieben, um mit jedem von uns zu reden. Er kam selten zum Norderhof, doch dann sah er stets nach, ob wir auch alle gesund waren. Schließlich, sagte er, lebten wir so weit weg von der nächsten Stadt. Jetzt wusste ich, dass das nicht stimmte. Wir wohnten näher an der nächsten Stadt, als ich geahnt hatte. Doch diese Stadt war schwarz.
    »Wie lange bleibst du hier?«, fragte der kleine Tom. »Bleibst du lange? Wo schläfst du? Im Gutshaus ist mehr Platz, aber wenn du hier wohnst, kannst du mir abends von da erzählen, wo du wohnst. Kennst du Nudelfußball?« Und er schoss eine Nudel auf Joern.
    Joern war zu verblüfft, um zu reagieren. Die Nudel landete mitten auf seiner Nase.
    »Tor!«, schrie der kleine Tom. »Gewonnen! Gewooonnnen!« Er hämmerte mit seinem Löffel auf den Tisch.
    Joern lief die Tomatensoße von der Nase.
    Alle lachten.
    »Du hättest sie mit dem Mund auffangen müssen«, erklärte Olaf. »Jetzt guck doch nicht so entsetzt! Hier hast du eine Serviette. Da, wo du herkommst, spielen sie wohl kein Nudelfußball, wie?«
    »Nein«, sagte Joern, »das spielen sie nicht.«
    »Und worüber lachen sie dann beim Essen?«, fragte Almut und klaubte ein Stück Nudel aus ihrem roten Haar.
    »Da wo ich herkomme«, sagte Joern, »da lachen sie wenig.«
    Er wischte sich die Tomatensoße von der Nase und auf einmal wirkte er so traurig, dass es wehtat, ihn anzusehen. Vielleicht dachte er an seine Welt, in der sie nicht lachten.
    »Am Wochenende essen alle im Gutshaus, wo ich wohne«, sagte ich, nur um irgendwas zu sagen. »Auch mein Vater. Der arbeitet jetzt in seinem Zimmer im östlichen Turm, aber am Wochenende isst er mit uns in der großen Küche drüben. Die Küche hier wäre ja etwas eng für alle …«
    »Eng?«, fragte Joern. »Du hast keine Ahnung, was eng ist. Bei uns in der Wohnung, da ist es eng.«
    »Jedenfalls kocht Frentje am Wochenende richtig lecker«, fuhr ich fort. »Nicht so was Einfaches wie jetzt.«
    »Einfach?«, fragte Joern und betrachtete die Soße mit den duftenden grünen Kräuterstückchen. »Du hast keine Ahnung, was einfach

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