Jenseits Der Schatten
zutreffend.
»Kaede«, sagte Solon, »es gibt eine Garnison namens Schreiende Winde, die den Pass zwischen Cenaria und Khalidor bewacht. Dorian und ich waren im letzten Herbst dort. Dorian war die meiste Zeit über bewusstlos, wachte gelegentlich auf, um bruchstückhafte Prophezeiungen hinzukritzeln, und verfiel dann wieder in Trance. Eines Tages wachte er schreiend auf. Er verlangte so viel Gold, wie ich aufzutreiben vermochte. Ich beschaffte es ihm, und wir gingen in die Hügel hinauf zu einer verkrüppelten schwarzen Eiche. Dorian erzählte mir, dass Khali sich nähere und dass sie ihn in Versuchung führen werde. Er sagte, sie werde alle massakrieren. Er schmolz das Gold und benutzte es, um Augen und Ohren zu bedecken, und er machte Fesseln für seine Arme und Beine und bat mich, ihn an der schwarzen Eiche festzupflocken. Ich hüllte ihn in Decken und brach auf. Der Kommandant schenkte meinen Warnungen keinen Glauben. Ich wollte fortgehen, aber ich brauchte zu lange, daher ließ ich mich von den Männern mit Seilen fesseln, und ich leerte meine Glore Fryden, aber bevor die Männer mir die Augen verbinden und mir Watte in die Ohren stopfen konnten, kam Sie.«
»Khali?«
Er starrte ins Leere. »Ich sah Männer, die sich von der Mauer stürzten. Ich sah einen Mann, der sich die Augen ausriss. Und dann, in einer Vision, die ich für real hielt, sah ich dich. Ich versuchte, zu dir zu gehen, aber die Seile retteten mich. Niemand sonst überlebte. Tatsächlich kamen die Seelengeschworenen und überzeugten sich davon, dass alle tot waren. Wäre nicht ein Leichnam über mich gefallen, der mich mit Blut bedeckt hatte, während ich betete, hätten sie auch mich getötet.«
»Also, welchem Gott soll ich Opfer darbringen, dass er dir das Leben gerettet hat?«
»Überhaupt keinem. Es war ein Zufall. Ein fauler Soldat, der in eiskaltem Wetter nicht das Blut von seinem Schwert gewischt hatte und sein Schwert nicht ziehen konnte.«
»Während du zufällig gerade gebetet hast«, bemerkte sie. »Das ist wirklich ein bemerkenswerter Zufall.«
»Ja«, erwiderte Solon, gröber, als er es beabsichtigt hatte. »Das ist das Wesen des Zufalls. Wie dem auch sei, entschuldige, als ich zu Dorians schwarzer Eiche ging, war er fort. Seine Spuren führten nach Norden, nach Khalidor, aber ich konnte ihm nicht folgen. Ich musste dich sehen. Nichts anderes war von Belang. Ich heuerte auf einem Schiff an, dessen letzte Fahrt des Jahres Hokkai zum Ziel hatte.«
»Das ist also der Grund, warum du an Dorians Prophezeiungen glaubst«, sagte sie.
»Dies ist das Herz des Drachen, Kaede. Ich bin der zweite König. Ein dritter König lebt oder stirbt je nachdem, was ich damit mache.«
»Was sind die beiden Ängste?«, fragte sie leise.
»Meine Angst vor Khali und meine Angst davor, die Wahrheit zu sagen. Letztere war die Angst, die Regnus das Leben gekostet
hat. Ich habe das Gefühl, als bekäme ich eine zweite Chance - zuerst, um ehrlich mit dir zu sprechen, und zweitens, um Khali wieder gegenüberzutreten. In mir ist immer noch etwas gebrochen, Kaede. Ich dachte, meine Ehe mit dir würde es in Ordnung bringen, und ich kann dir nicht sagen, wie glücklich ich gewesen bin und wie sehr ich mir wünsche, ich könnte für immer hierbleiben, aber ein Teil von mir flüstert noch immer das Wort ›Feigling‹.«
»Feigling? Du bist Solon Sturmreiter! Du hast dem winterlichen Meer getrotzt. Du hast ganz allein eine Rebellion niedergeschlagen. Du hast einer Göttin widerstanden. Wie könntest du ein Feigling sein?«
»Dorian brauchte mich, als er nach Khalidor ging. Er ist wahrscheinlich tot, weil ich ihn nicht begleitet habe. Regnus ist tot, weil ich nicht das Risiko eingehen wollte, ihm zu verraten, wer ich war. Wenn die Prophezeiung wahr ist, gibt es ein Wort, das ich sprechen muss, ein Leben, das ich retten kann, und ich kann neu geschaffen werden.«
In Kaedes Augen stand ein besorgter Ausdruck. »Wird es genug sein? Wird es nicht immer noch eine weitere Aufgabe geben, die du erfüllen musst, um zu beweisen, dass diese Stimme sich irrt? Wirst du der Tollkühnheit nachjagen, bis sie dich umbringt?«
Er küsste sie auf die Stirn. »Den härtesten Teil habe ich bereits hinter mich gebracht: Ich habe dir die Wahrheit gesagt. Ich werde nicht gehen, wenn du mir nicht deinen Segen gibst. Meine ganze Loyalität gehört dir, Kaede.«
Tiefe Trauer trat in ihre Augen. »Mein Liebster, ich werde deinem Tod niemals meinen Segen geben.«
Solon hielt ihren
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