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Jenseits Der Schatten

Titel: Jenseits Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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verstehe.«
    »Junge, wir verpflichten uns immer zu Dingen, die wir nicht zur Gänze verstehen.«
    »Ich dachte, Ihr hättet Euren Glauben an dies und alles andere verloren«, bemerkte Kylar.
    »Hier geht es nicht um meinen Glauben; es geht um deinen.«
    Es war Durzos typisches Ausweichmanöver. Man bittet nicht jemanden, an dem einem gelegen ist, sein Leben Pferdescheiße zu widmen. Durzo setzte das Gespräch über Kylars Schicksal fort, das sie vor Monaten begonnen hatten. Durch die Wahl eines Lebens in den Schatten, die Entscheidung für die Heimlichkeit, würde Kylar eine der größten Versuchungen des schwarzen Ka’kari meiden - die Versuchung zu herrschen. Die Macht
des Ka’kari machte ihn bereits beinahe zu einem Gott, und es bestand immer die Gefahr, dass er zu dem werden konnte, was er zu vernichten trachtete. Durzo hatte sich nicht einmal selbst so viel Macht anvertrauen mögen. Dachte Kylar, dass er um so vieles besser war als sein Meister?
    Ein Mann, der den Schatten diente, sah außerdem Dinge, die kein König sehen konnte. Ein Mann, der in Unrühmlichkeit diente, sah Unrecht, das jenen, die Macht besaßen, verborgen blieb. Niemand machte sich die Mühe, etwas vor Durzo Blint zu verbergen - bis auf die Furcht vor ihm.
    Der Eid eines Nachtengels war nicht genug, um ein Schicksal zu bestimmen, aber es war ein Anfang. Wozu bin ich da?
    Was immer er sonst nicht wusste, Kylar wusste mit Bestimmtheit, dass er sich nach Gerechtigkeit sehnte. Indem er mit Augen, die durch die Dunkelheit schauten, in Dunkelheit diente, indem die Schatten ihn willkommen hießen, konnte er jenen Gerechtigkeit widerfahren lassen, die der Gerechtigkeit entflohen waren. Jene, die übersehen wurden, zu unwichtig für Barmherzigkeit, würden Besseres finden als das, was sie erhofft hatten. Jene, die aufgehalten werden sollten, würden aufgehalten werden. Die Gesichter der Nachtengel waren stets Kylars Gesichter. Ich werde Gerechtigkeit üben und Barmherzigkeit lieben.
    »Ich werde die Worte sagen«, erklärte Kylar.
    Durzo verzog abermals das Gesicht, doch er winkte ihn näher heran und legte ihm eine Hand auf die Stirn. Kylar sagte den Eid aus dem Gedächtnis auf - Durzo grinste ihn an, als wolle er fragen: Wie gut habe ich dich unterrichtet? Aber als Kylar zum Ende kam, wurde Durzos Hand seltsam warm, und sein Gesicht wurde ernst. Er sagte: »Ch’torathi sigwye h’e banath so sikamon to vathari. Vennadosh chi tomethigara. Horgathal mu tolethara. Veni, soli, fali, deachi. Vol lessara dei.« Durzo zog die Hand zurück; seine tiefen Augen waren
feucht und, vielleicht zum ersten Mal, seit Kylar ihn kannte, voller Frieden.
    »Was war das?«, fragte Kylar. Was immer die Worte sonst bewirkt hatten, Kylar spürte, wie ihn Macht durchtränkte, sanfter als an dem Tag, als Schwester Ariel ihm Macht gegeben hatte, aber auch stärker.
    »Das war mein Segen.« Durzo feixte und räumte damit ein, dass er ein Bastard war, weil er Kylar in einer Sprache gesegnet hatte, die er nicht verstand. Aufgrund der Art, wie er Kylars Gedächtnis trainiert hatte, wusste er gewiss, dass Kylar sich an die Worte erinnern würde, bis er in der Lage war, die fremde Sprache aufzuspüren, in der sie gesprochen worden waren. Aber Durzo war es nicht gegeben, es ihm einfach zu verraten. »Jetzt sieh zu, dass du hier wegkommst«, sagte Durzo. »Ich muss noch auf ein paar Bäume klettern.«

83
    Logan und Lantano Garuwashi standen mit ihren Gefolgsleuten auf einem noch immer makellosen Turm, der den Zugang des Passes bewachte, und betrachteten den Ort im Norden, der das Schlachtfeld sein würde. Die große Kuppel des Schwarzen Hügels und der dunkle Fleck der Verwüstung darum herum befanden sich Meilen entfernt am gegenüberliegenden Ufer des Guvari. Logan erblickte auf allen Seiten Wunder. Bevor Jorsin Alkestes Trayethell unter dem Schwarzen Hügel begraben hatte, war es eine der großen Städte der Welt gewesen, in einer Welt, in der Wunder alltäglich waren. Im Osten befand sich der Ruel-See,
der vor Zeitaltern aufgestaut worden war. Der Damm stand noch immer und speiste den Guvari nicht durch die Schleusentore an seiner Vorderseite, die seit Jahrhunderten geschlossen waren, sondern über die Oberkante des Damms selbst. Eine Reihe von Schleusen, die schon lange verfallen waren, hatte es einst Frachtschiffen ermöglicht, die Stadt vom Ozean aus zu erreichen. Ein halbes Dutzend oder mehr Brücken hatten sich einst über den Fluss gespannt, aber bis auf zwei - die

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