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Jenseits der Zeit

Jenseits der Zeit

Titel: Jenseits der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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wieder an seine Arbeit zurück.
    Mit einem Seufzer des Bedauerns drückte er einen Knopf seines Kommunikators, und als ein blaues Licht aufflackerte, sagte er: »Der Fragesteller soll heraufkommen.«
     
2.
     
    Später in dieser Nacht fuhr ein dunkler Wagen vor dem Tempel vor und blieb mit laufenden turbo-elektrischen Aggregaten stehen, während man den Leichnam Vail Duyairs hineinschaffte. So schweigend wie sie gekommen waren, verschwanden die Männer des Prokonsuls wieder – sie hatten den toten Priester im Tempel abgeliefert.
    Dem alten Mann wurde das volle Zeremoniell der Verbrennung zuteil; Lugaur Holsp als amtierender Priester leitete die Trauerfeier und sprach den Segen, wie er Märtyrern zukam. Als die Feier vorbei war, schaltete er die atomare Flamme des Krematoriums wieder ab und entließ die versammelten Priester und Akolythen.
    Am nächsten Morgen wurde Ras Duyair durch den kräftigen Arm eines Akolythen geweckt.
    Verschlafen sagte er: »Was willst du?«
    »Lugaur Holsp lädt dich zu einer Synodalversammlung ein, Ras Duyair!«
    Duyair gähnte. »Sag ihm, ich bin sofort da.«
    Als er das Heiligste des Tempels betrat, saß Holsp auf dem Stuhl des Priesters – er hatte die Gewänder eines Hohenpriesters angelegt. Zu seiner Rechten und Linken saßen die ihm nachgeordneten Priester. Thubar Frin und Heimat Sorgvoy. Duyair blieb vor dem Triumvirat stehen und machte die vorgeschriebene Verbeugung vor einem Hohenpriester in Amtsrobe.
    »Sind Sie der Nachfolger meines Vaters?« fragte er.
    Lugaur Holsp nickte feierlich. »Durch eine Entscheidung, die heute morgen gefallen ist. Die Arbeit im Tempel wird wie bisher fortgesetzt. Es sind da einige Fragen, die wir dir stellen müssen, Ras.«
    »Nur zu«, sagte Duyair.
    »Dein Vater starb, weil er sich weigerte, das Geheimnis des Hammers preiszugeben.« Ein skeptischer Unterton schlich sich in Holsps kalte Stimme. »Du hast deinem Vater nähergestanden als jeder von uns. Hat er dir gegenüber jemals zugegeben, daß er im Besitz des Hammers ist?«
    »Natürlich, oftmals.«
    Lugaur Holsps Augen wurden wäßrig. »Es war doch seine feste Überzeugung, nicht wahr, daß das Geheimnis des Hammers stets beim Hohenpriester dieses Tempels aufbewahrt werden sollte. Stimmt das?«
    »Richtig«, gab Duyair zu, wobei er sich fragte, worauf Holsp hinauswollte.
    »Der Amtsinhaber dieser Stellung, der ich bin, ist nicht im Besitz des Geheimnisses. Meine Meinung ist, daß das wahre Geheimnis des Hammers das ist, daß es kein Geheimnis ist – und daß es keinen Hammer gibt! Es ist nur ein sorgfältig gepflegter Mythos der Priesterschaft dieses Tempels, der deinem Vater so viel bedeutet hat, daß er lieber starb als dessen mythische Natur zuzugeben.«
    »Das ist eine Lüge«, sagte Duyair prompt. »Natürlich existiert der Hammer. Sie, der Hohepriester dieses Tempels, bezweifeln das?«
    Duyair sah, wie Holsp mit seinen schweigenden Nachbarn Blicke wechselte. Dann sagte er: »Es erleichtert mich, das zu hören. Der verstorbene Vail Duyair müßte dann eigentlich Vorsorge getroffen haben, daß der Besitz des Geheimnisses auch weitergegeben werden kann.«
    »Höchstwahrscheinlich.«
    »Ich bin der rechtmäßig gewählte Hohepriester, der Nachfolger deines Vaters. Ich bin nicht im Besitz des Geheimnisses. Ich gehe daher davon aus, daß dein verstorbener Vater das Geheimnis dir anvertraut haben muß – und ich fordere dich, als einen loyalen Jungpriester dieses Tempels auf, das Geheimnis seinem rechtmäßigen Besitzer zu übergeben.«
    »Ihnen?«
    »Ja.«
    Duyair musterte Holsp mißtrauisch. Irgend etwas war hier absolut falsch.
    Es war allgemein bekannt gewesen, daß Holsp der Nachfolger des älteren Duyair sein würde, wenn dessen Zeit gekommen war. Ras hatte das auch gewußt, ebenso wie sein Vater. Warum aber hatte Vail Duyair in diesem Fall keine Vorkehrungen getroffen, daß das Geheimnis des Hammers an Holsp weitergegeben werden konnte?
    Es ergab keinen Sinn. Der alte Mann hatte seinem Sohn oft von der Existenz des Geheimnisses erzählt – nie aber das Geheimnis selbst enthüllt. Ras Duyair kannte es nicht. Er hatte allerdings angenommen, daß Holsp eingeweiht sei, um jetzt festzustellen, daß er das nicht war …!
    Duyair wurde klar, daß sein Vater einen guten Grund gehabt haben mußte, Holsp das Geheimnis vorzuenthalten. Entweder war der Hammer ein Mythos – nein, das war undenkbar – oder Holsp war irgendwie nicht vertrauenswürdig.
    »Dein Schweigen dauert schon zu lange«,

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