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Jenseits der Zeit

Jenseits der Zeit

Titel: Jenseits der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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kleine Bewegung Benjins, und ein brennender Schmerz zuckte durch Herndons Schulter. Noch eine dritte Einstellung, bei der sich eine unerbittliche Hand um sein Herz zu krampfen schien.
    »Genug!« schrie Herndon. Ihm wurde bewußt, daß er seine Freiheit für immer verpfändet hatte, wenn Benjin auf den Gedanken kommen sollte, Kontrolle über ihn auszuüben. Aber das war ihm jetzt unwichtig. Er hatte seine Freiheit schon an dem Tag aufgegeben, als er sich geschworen hatte, dem Sterben des Seigneurs Krellig zuzuschauen.
    Benjin griff in seine Tasche und zog ein kleines Lederetui hervor. »Ihr Paß und andere Reiseunterlagen«, erklärte er.
    »Ich habe meinen eigenen Paß«, sagte Herndon.
    Benjin schüttelte den Kopf. »Der ist besser. Er hat bereits ein Visum für Vyapore.« An den Chirurgen gewandt, fragte er: »Wann darf er reisen?«
    »Heute nacht, wenn nötig.«
    »Gut. Herndon, Sie fliegen heute nacht.«
     
    Das Schiff war die Lord Nathiir, ein Super-Liner, der zu einer Eintausend-Lichtjahre-Reise zu den Randwelten aufbrach. Benjin hatte es so arrangiert, daß Herndon kostenlos auf diesem Luxusschiff mitfliegen konnte, weil er zum Gefolge des Lords und der Lady Moaris gehörte. Oversk hatte ihm den Job besorgt – Zweiter Steward für das herrschaftliche Paar, das zu einem Urlaubsaufenthalt auf den Vergnügungsplaneten Mollecogg flog. Herndon hatte nichts dagegen einzuwenden gehabt, in der Gesellschaft von Lord – und speziell Lady – Moaris zu reisen.
    Das Schiff war das größte seiner Art innerhalb der Luxusschiff-Flotte von Borlaam. Selbst auf dem C-Deck, in seiner Kabine, stand Herndon ein voll mit Schwerkraft versehener Raum mit künstlichem Tuchbehang und eingebauten Chromicron zur Verfügung; so gut war es ihm nicht einmal im Hause seiner Eltern ergangen, und die hatten zu ihrer Zeit zu den ersten Leuten von Zonnigog gehört.
    Seine Pflichten bestanden hauptsächlich darin, dem vornehmen Paar jeden Abend alle Wünsche von den Augen abzulesen, damit es besser aus der Masse der übrigen mitreisenden Aristokraten hervorstach. Die Moaris hatten sich das größte Gefolge mit an Bord genommen, über einhundert Leute, und zwar Diener, Stewards, Köche und bezahlte Sykophanten.
    Während des Starts war Herndon allein in seiner Kabine und bei dieser Gelegenheit studierte er seine Papiere. Ein Visum nach Vyapore – dort also kamen die Sternsteine her! Vyapore, der Dschungelplanet unter den Randwelten, auf dem die Zivilisation noch kaum Fuß gefaßt hatte. Kein Wunder, daß das Geschäft mit den Sternsteinen so schwer zu überwachen war.
    Als das Schiff gestartet war und die Stasis-Generatoren die Transition in den Nullraum vollzogen hatten, zog Herndon sich sein vorgeschriebenes schwarz-rotes Abendkleid an. Alle Angehörigen des Moaris-Gefolges waren so gekleidet. Dann marschierte er durch den breiten Aufgang in den großen Ballsaal, in dem Lord Moaris und seine Lady während der ersten Nacht des Fluges Hof hielten.
    Der Tanzsaal war verziert mit Girlanden aus lebendem Licht. Ein Tanzbär von Albireo XII machte seine plumpen Kunststückchen in der Nähe des Eingangs, als Herndon den Saal betrat. Borlaameser in Uniformen, die seiner glichen, standen als Wachen an der Tür und ließen ihn passieren, nachdem er sich als Zweiter Steward ausgewiesen hatte.
    Für einige Momente stand er allein auf der Schwelle des Saales und beobachtete das glitzernde Geschehen. Die Lord Nathiir war ein Tummelplatz für die Reichen, und eine beträchtliche Anzahl solcher Leute von Borlaam war anwesend und wetteiferte mit den Moaris darum, glanzvoller Mittelpunkt des heutigen Abends zu sein.
    Herndon spürte einen Anflug von Bitterkeit. Seine Familie stammte von einem weit entfernten Kontinent, aber sein Rang und sein Name berechtigten ihn eigentlich dazu, festlich gekleidet im Ballsaal aufzutreten, nicht aber in der Uniform eines Stewards beiseite zu stehen. Langsam ging er weiter.
    Das noble Paar saß auf zwei erhöhten Thronen am anderen Ende des Saales und überschaute von dort die Tanzfläche, unter der man die Gravitation vermindert hatte; die Tänzer schwebten graziös wie Märchengestalten umher, ihre Füße berührten den Boden nur in großen Abständen.
    Herndon erkannte Lord Moaris von der Auktion her wieder.
    Er war eine kleine, dicke, ernst dreinschauende Gestalt, und für den heutigen Abend hatte er seine besten Kleider angelegt und sich den Bart knallrot gefärbt, wie es derzeit Mode war. Steif und kerzengerade saß er

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