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Jenseits der Zeit

Jenseits der Zeit

Titel: Jenseits der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Abend mit einem Mitglied seines Hofstaates tanze.«
    Traurigkeit überzog Herndons Gesicht einen Augenblick. »So sei es dann. Aber ich werde jetzt zur Aussichtsplattform A gehen und eine Weile in die Sterne schauen. Falls die Lady Gesellschaft sucht, wird sie dort welche finden.«
    Sie starrte ihn nur an und eilte dann ohne eine Antwort davon. Herndon verspürte innerlich große Befriedigung. Sein Plan begann zu funktionieren.
     
    Aussichtsplattform A auf dem ersten Oberdeck war den Passagieren der Ersten Klasse und ihren Bediensteten vorbehalten. Es war ein gigantischer Raum, der ständig dunkel war und durch dessen eine Wand man hinaus zu den Sternen schauen konnte. Während des Fluges im Nullraum war ein verzerrtes Stück des Raumes zu sehen, in dem die Sterne, deren Leuchten verzerrt wurde, atemberaubende Muster bildeten. Hier war nichts mehr geometrisch. Ein funkelndes Panorama erleuchtete den Aussichtsraum.
    Der Erste-Klasse-Aussichtsraum war auch als ein Hort für verschwiegene Stelldicheins bekannt. Hier, im Schutz der Dunkelheit, konnte eine Lady auch mal einen Koch lieben, konnte ein Lord sich mit einem Dienstmädchen beschäftigen. Ein mutiger Spion mit einer Nachtkamera könnte ein Vermögen damit verdienen, heimlich Bilder zu machen und dann seine Opfer zu erpressen. Aber Detektoren am Eingang verhinderten das Einschmuggeln solcher Geräte.
    Herndon stand da und starrte auf das goldene und grüne Schimmern der nächstliegenden Sterne, hatte der Tür den Rücken zugewandt, als er plötzlich hinter sich eine weibliche Stimme flüstern hörte.
    »Barr Herndon?«
    Er wandte sich um. Bei dem schlechten Licht war schwer zu erkennen, wer da mit ihm sprach; er erkannte dann ein Mädchen von der Größe der Lady Moaris, aber trotz des schwachen Lichtes, das von draußen hereinfiel, sah er, daß es nicht die Lady selbst war. Das Haar des Mädchens war stumpf-rot; Lady Moaris hatte goldenes Haar. Und er konnte die weißen Brüste des Mädchens erkennen – das Kleid der Lady, wenn auch sehr offenherzig, war doch etwas dezenter gewesen.
    Dies war eine Hofdame, vielleicht verliebt in Herndon, vielleicht von Lady Moaris als Nachrichtenübermittler geschickt.
    »Ja, ich bin es«, sagte Herndon. »Was möchten Sie?«
    »Ich bringe eine Nachricht von … einer feinen Dame«, kam ein Flüstern zur Antwort.
    Herndon lächelte und sagte: »Was hat Ihre Herrin mir zu sagen?«
    »Ich kann es nicht aussprechen. Drücken Sie mich fest an sich, so, als ob wir verliebt wären; dann werde ich Ihnen geben, was Sie brauchen.«
    Herndon fügte sich und nahm die Nachrichtenübermittlerin in seine Arme. Ihre Lippen trafen sich, ihr Körper war dicht an seinem. Herndon spürte, wie eine Hand des Mädchens nach seiner tastete und ihm etwas Kühles, Metallisches hineindrückte. Ihre Lippen lösten sich von seinen, näherten sich seinem Ohr und flüsterten:
    »Das ist ihr Schlüssel. Seien Sie in einer halben Stunde dort.«
    Sie trennten sich. Herndon nickte zum Abschied, dann widmete er seine Aufmerksamkeit wieder dem Weltall draußen. Ohne einen Blick auf den Gegenstand in seiner Hand zu werfen, steckte er ihn in eine seiner Taschen.
    Als nach seiner Meinung fünfzehn Minuten vergangen waren, verließ er den Aussichtsraum und begab sich auf das Hauptdeck. Der Tanz war immer noch im Gange, aber von einer Wache erfuhr er, daß Lord und Lady Moaris sich bereits zum Schlafen zurückgezogen hatten und daß das Fest sehr bald beendet sein würde.
    Herndon ging in einen Waschraum und untersuchte den Schlüssel, denn das war es tatsächlich gewesen, was man ihm zugesteckt hatte. Es war ein Signalöffner, und auf seinem kleinen Griff war die Nummer 1160 eingraviert.
    Plötzlich war seine Kehle trocken. Die Lady Moaris lud ihn für die Nacht in ihr Zimmer ein – oder war das eine Falle, und Moaris und seine Leute würden schon darauf warten, ihn niederzuschießen und sich dabei köstlich zu amüsieren? Unter solchen Herrschaften war so etwas nicht unmöglich.
    Aber dann erinnerte er sich wieder an ihre klaren Augen und die Schönheit ihres Gesichts. Er konnte einfach nicht glauben, daß sie bei einer solchen Gemeinheit mitmachen würde.
    Herndon wartete noch die letzten fünfzehn Minuten ab. Dann schlich er sich vorsichtig durch die vornehmeren Korridore des Prominentendecks, bis er vor Zimmer 1160 stand.
    Für einen kurzen Augenblick lauschte er. Drinnen war alles still. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, störte ihn in seinen Gedanken. Dies

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