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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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bewegte, glaubte ich Kiemen an ihrem Hals zu entdecken. Ich hatte wirklich keine Ahnung, was sie darstellte, vielleicht eine Art Nixe, nur ohne Schwanz?
    „Ich kann von hier aus nichts verstehen“, flüsterte Pal. „Wir müssen näher ran.
    „Und wie sollen wir das bitte anstellen?“, flüsterte ich zurück. „Ist ja nicht so, als wenn er uns nicht erkennen würde, wenn er uns sieht.“
    „Ich verwandle mich, und schleiche näher.“
    „Hier?“ Perplex drehte ich mich zu ihm um, wo ich gerade noch mitbekam, wie er seinen Lendenschurz einfach fallen ließ. Mitten in einem Lokal! Ich konnte es kaum fassen. Hastig drehte ich mich wieder weg, obwohl das eh schon zu spät war. Ich hatte bereits alles gesehen – und mit allem, meinte ich auch wirklich alles, und das nicht zum ersten Mal. Mitten in einem Restaurant, ich konnte es immer noch nicht wirklich glauben. Diesen Lykanern sollte man wirklich mal ein Mittelmaß an Schamgefühl beibringen. So was ging mal gar nicht, erst recht nicht in meiner Gegenwart, aber das hatte sie ja noch nie gestört. Eigentlich hätte ich mich mittlerweile daran gewöhnt haben müssen, aber mir war das immer noch unangenehm. Musste wohl an meiner Erziehung liegen.
    Der Geruch hinter mir veränderte sich, wurde tierischer, wilder, und dann drückte sich eine feuchte Nase in meinen Arm. „Bis gleich.“
    „Pass auf, dass er dich nicht sieht.“
    „Ich werde mich klein wie eine Maus machen.“
    Aber sicher doch. Als wenn dieser große, rote Wolf zu übersehen wäre. Ich biss die Zähne zusammen, und verkniff mir einen weiteren Kommentar, als Pal in geduckter Haltung losschlich, und schnell unter den ersten Tisch huschte, denn er erreichen konnte. Etwa fünf Meter entfernt, und zum Glück unbesetzt. Ich atmete auf, aber nur, bis ich seine Nasenspitze auf der anderen Seite entdeckte, und er unter den nächsten Tisch kroch, immer auf Anwar zu. Dabei nutzte er immer die Moment, in denen niemand in seine Richtung sah.
    Kaum war er unter der Tischdecke verschwunden, als ein Kellner mit einem Tablett an ihm vorbeilief. Da er nicht mit ausgestrecktem Finger auf den Roten zeigte, und anfing zu schreien, hatte er ihn wohl nicht gesehen.
    Okay, so weit so gut. Ein Glück für uns, dass auch dieser Tisch frei war.
    Ich verlagerte mein Gewicht leicht, weil meine Beine in dieser kauernden Haltung langsam einschliefen, und schielte wieder um die Ecke, gerade rechtzeitig um zu sehen, wie Pal unter einen Tisch verschwand, an dem drei Harpyien lautstark miteinander schnatterten. War der lebensmüde oder was?! Der war so groß, dass er gar nicht unbemerkt bleiben könnte. Wie wollte er sich denn zwischen den vielen Beinen zurechtfinden? Das ging doch gar nicht!
    Nervös leckte ich mir über die Lippe. Harpyien hatten verflixt lange und scharfe Schnäbel, und von den Krallen wollte ich besser gar nicht erst anfangen. Wenn die glaubten, dass Pal ihnen unter die Röcke guckte, dann wollte ich nicht in seiner Haut stecken.
    So ging das weiter. Pal huschte von einem Tisch zum anderen, einmal wurde er dabei von einem kleinen Jungen gesehen, der bei seinem Anblick vor Freude jauchzte, aber da er schon verschwunden war, als seine Mutter sich umblickte, blieb er unentdeckt. Ich glaubte, ich stand hier hinten größere Ängste aus, als er selber. Bangen und hoffen. Und hin und wieder ein Fluch, aber so unglaublich es auch klang, Pal blieb unentdeckt. Schlussendlich saß er nur einen Tisch weiter von Anwar entfernt, zu den Fußen einer Waldnymphe, die völlig vertieft in ihre Morgenzeitung war. Das war für lange Zeit das letzte Mal, dass ich ihn sah. Er versteckte sich, und lauschte.
    Ob er etwas rausbekam? Wenn Anwar wirklich etwas mit den verschwundenen Lykanern zu tun hatte – und nach gestern war ich mir da nicht mehr ganz so sicher –, dann würde er doch sicherlich nicht in einem Restaurant darüber reden, oder? Andererseits war er der Wesensmeister der Stadt, wer sollte ihm schon etwas können, wenn er sogar die Wächter steuern konnte?
    Ich kaute auf meiner Unterlippe herum, beobachtete Anwar, wie er völlig in Ruhe sein Frühstück verspeiste, und danach einige Papiere aus seiner Tasche zog, die er seinen Begleitern reichte. Es wurde geredet, gelacht. Freundliche, nichtssagende Gesichter. Anwar reichte dem Engel mit dem blonden Haar die Hand, im gleichen Moment, in dem die Waldnymphe stutzte, verwirrt die Stirn runzelte, und sich unter den Tisch beugen wollte.
    Scheiße, sie hatte etwas

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