Jenseits des Spiegels
Hundchen.“
Jetzt zeigte sie ihm auch noch die Zähne. „Besser ein Hund, als sich wegen einer Katze zum Affen zu machen, nur um ein wenig Aufmerksamkeit zu bekommen“, knurrte sie, wandte sich ab, und dann stolzierte die schlanke Gestalt mit erhobenem, blonden Kopf davon.
Neben mir schmunzelte Erion. „Ich werde mich dann jetzt auch auf dem Weg machen. Wahrscheinlich werde ich zum Abendessen noch nicht zurück sein, aber Lewis ist ja da.“
Ich nickte.
„Ach ja, bevor ich es vergesse.“ Erion wollte Kaj schon hinterher, wandte sich dann aber noch einmal den Lykanern zu. „Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber es war die Rede davon gewesen, dass ihr nur ein paar Tage hier bleiben wollt, um einige
Besorgungen
zu erledigen.“ Seine Stimme triefte beinahe vor Spott. Ahnte er etwas? „Und mein Vater wird langsam ungehalten. Ich möchte euch zu nichts drängen, aber vielleicht solltet ihr langsam darüber nachdenken, wann ihr zu gehen gedenkt.“
Tyges Miene war wie die von Veith und Pal, mehr oder weniger versteinert. „Wir haben nicht mehr lange vor zu bleiben.“
Genaugenommen wären sie schon weg, wenn ich nicht gewesen wäre. Ich drückte die Lippen zu einem dünnen Strich aufeinander. Das dieses Thema schon wieder aufkam, wollte mir so gar nicht passen. Ich lebte schließlich auch in diesem Haus, da konnte Erion doch nicht einfach meine Freunde vor die Tür setzen, egal was Anwar sagte. Okay, natürlich konnte er das, schließlich hatte ich hier keine Rechte, aber ich wollte nicht, dass er es konnte. Man war das schon wieder kompliziert.
„Das freut mich zu hören.“ Damit wandte er sich endgültig ab, und folgte der bereits verschwundenen Kaj hinaus aus dem Haus. Zurück blieben drei verärgerte Werwölfe, und ein verschüchtertes Kätzchen.
„Er weiß es“, sagte Tyge. „Oder mutmaßt zumindest etwas.“
Pal neigte den Kopf. „Glaubst du?“
„Auf jeden Fall will er uns nicht länger hier haben“, kam es von Veith.
Ich warf ihm einen kurzen Blick zu, doch als ich bemerkte, dass er mich ansah, wandte ich mich schnell wieder ab. Gaaanz große klasse, als wenn das nicht auffällig gewesen wäre. „Er hat mir erzählt, dass sein Papá ein Geschäftsfrühstück im
Assindia
hat“, sagte ich, um das Thema zu wechseln. Ich wollte nicht länger darüber nachdenken, dass die drei mich auch bald verließen. Kovu und Julica waren schon weg, die drei wollte ich noch ein Weilchen behalten – ja, ich wusste, dass das dem wiedersprach, was ich noch gestern Abend gedacht hatte. Na und? Verklagt mich doch!
Pal nahm meine Hand, und drückte sie. „Na dann, auf ins Vergnügen.“
Yippie-ya-yeah!
°°°
Ins
Assindia
zu kommen, war leichter als morgens den Weg vom Bett zum Klo zu finden, was ich allein Djenan zu verdanken hatte – also das mit dem
Assindia
, nicht das mit dem Klo. Ein Anruf in seinem Laden, und fünf Minuten später war ich mit Pal im Taxi auf dem Weg zu unserem Opfer. Veith und Tyge wollten sich noch einmal im Stadtarchiv umsehen, was ich sowohl mit Erleichterung, als auch mit Verärgerung maß. Warum hatte Veith mich denn unbedingt dabei haben wollen, wenn er sowieso ´nen Abgang machte? Vielleicht wollte er ja nicht, dass Pal alleine durch die Stadt zog, und ich sollte nun seinen Babysitter spielen. Als wenn Pal den bräuchte. Eher spielte es wohl andersherum, und Veith wollte, dass jemand ein Auge auf mich hatte – warum auch immer.
Und jetzt stand ich hier – oder besser gesagt kauerte – im
Assindia
im Gang zu den Klos, und spähte um die Ecke. Mein Magen knurrte vernehmlich, bei den vielen, leckeren Gerüchen im Lokal, und ich hätte mir in den Hintern treten können, dass ich heute Morgen nicht wenigstens ein Brot in mich reingestopft hatte.
Pal tätschelte mit mitfühlend die Schulter, und beugte sich über mich um die Ecke, um Anwar im Auge zu behalten. War nur zu hoffen, dass uns niemand so sah, denn wenn wir gefragt würden, was wir hier trieben, wäre Erklärungsnot das nächste, mit dem wir uns befassen müssten.
Durch die Hintertür waren wir in diese Lokalität gehuscht, und hatten Anwar auch ziemlich schnell entdeckt. Er saß hinten in der Ecke an einem Tisch. In seiner Begleitung waren zwei Engelsmänner, und eine … hm, ich hatte keine Ahnung, was das war. Die Frau hatte lange, blaue Haare, Schwimmhäute zwischen den Fingern, und Fischaugen. Das sollte jetzt keine Beleidigung sein, es waren wirklich Fischaugen, und wenn sie sich
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