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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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den König, und nicht dich, Vetter.«
    »Aber ich bin Mitglied im Hohen Rat. Ich habe Mitspracherecht.«
    »Dann werden wir darüber diskutieren. Jetzt.« Adoran warf Jaham einen mahnenden Blick zu. »Aber nicht hier am Tisch.« Er schob seinen Stuhl zurück. »Wir gehen in mein Arbeitszimmer.« Er nickte Annah und Elane zu. »Entschuldigt uns. Ich denke, diese Unterhaltung würde die Damen nur langweilen.«
    Jetzt sprang Jonneth vom Stuhl auf und ballte eine Faust. Sein Stuhl kippte nach hinten und fiel polternd auf den Dielenboden. »Und was ist mit mir? Habe ich kein Mitspracherecht?«
    »Du bist still, Jonneth! Kümmere dich nicht um die Formalitäten«, fuhr sein Vater ihn an. Die Männer verschwanden im Nebenzimmer.
    Elane faltete ihre Serviette vor lauter Nervosität schon zum hundertsten Mal. Sie war bereits ganz löchrig.
    »Ich gehe jetzt hinaus in den Schlossgarten«, sagte Jonneth und schnaubte zornig. »Ich brauche frische Luft.« Er verließ den Raum, ohne sich nach Elane und Annah umzusehen, die allein zurückblieben. Diener eilten herbei und räumten das Geschirr vom Tisch, dann zogen auch sie sich zurück. Die große Standuhr an der Kopfseite der Tafel tickte laut. Die Stille war unerträglich. Elane riskierte einen flüchtigen Blick zu Annah hinüber. Ihre gefalteten Hände lagen vor ihr auf dem Tisch. Sie betrachtete ihre Ringe. Sie sah aus, als dachte sie über irgendetwas nach. Ihr Gesicht wirkte traurig.
    Elane fühlte sich hilflos. Sie kam sich albern vor, weil sie nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte und was das Protokoll von ihr verlangte. War es ihre Pflicht, die Gäste bei Laune zu halten? Es war das erste Mal, dass sie sich in einer derartigen Situation befand. Ihre Lehrer hatten sie nicht darauf vorbereitet. Im Grunde hatten ihre Lehrer sie auf überhaupt nichts vorbereitet, zumindest auf nichts, das von Bedeutung war. O ja, sie war in der Lage, zwanzig verschiedene Stiche zu sticken, sie beherrschte drei verschiedene Musikinstrumente, sie war eine gute Reiterin und verstand sich auf das ausdrucksvolle Vortragen von Gedichten. Man hatte ihr lediglich beigebracht, nett auszusehen, dabei war sie die Thronerbin. Kurzzeitig flammte Zorn auf. Ohne einen Mann an ihrer Seite würde Adoran die Krone nicht an sie abtreten können. Und er tat gut daran, denn sie hatte absolut keine Ahnung, wie man ein Land regierte. Von Anfang an hatten er und sein Vetter diese Ehe geplant, ohne je in Erwägung zu ziehen, sie auf das Leben als Königin vorzubereiten. Politik war ein Fremdwort für sie. Elane fragte sich, ob man Jonneth all diese Dinge an ihrer statt beigebracht hatte …
    Ihr Puls ging viel zu schnell. Sittsam nahm sie einen Schluck Wein. Ihre Hände zitterten vor innerer Anspannung. Niemals zuvor hatte es eine weibliche Thronerbin gegeben, deshalb würde man Jonneth die wichtige Rolle zusprechen und ihn entsprechend darauf vorbereiten. Oder vielleicht hatten sie es schon getan. Leider waren ihre Eltern verstorben, bevor sie weitere Kinder zeugen konnten. Adoran hatte seinerzeit vor dem Hohen Rat durchgesetzt, das Gesetz ändern zu lassen, sodass Elanes Anspruch auf den Thron trotzdem bestehen bleiben konnte. Doch welchen Sinn hatte es, wenn sie kein Mitspracherecht besaß? Alles schien nach dem Willen der Venells zu verlaufen. Elane wagte nicht, darüber nachzudenken, welchen Grund dies haben mochte und ob der Verdacht überhaupt gerechtfertigt war.
    »Es tut mir so leid für dich«, sagte Annah Venell so unvermittelt in die Stille hinein, dass Elane zusammenzuckte.
    »Es muss Ihnen nicht leidtun. Dies war trotzdem ein schöner Abend.« Elane gab sich Mühe, brav zu lächeln, obwohl ihr nicht danach zumute war. Der Abend war eine Katastrophe, doch sie wollte sich ihre Enttäuschung nicht anmerken lassen.
    Annah senkte den Blick und betrachtete wieder die Ringe an ihren Fingern. »Ich spreche nicht von dem Dinner, ich meine die Umstände.«
    »Ich fürchte, ich begreife nicht.«
    Annah seufzte. »Ich weiß, wie es ist, wenn man jemanden heiraten soll, den man nicht liebt, jemanden, den die Eltern ausgesucht haben.«
    Elane faltete ihre löchrige Serviette zum zweihundertsten Mal. »Aber ich freue mich auf die Hochzeit. Ich mag Jonneth wirklich sehr gern.« Heißes Blut schoss in ihre Wangen.
    Annah blickte auf und zog die Augenbrauen hoch. »Sprechen wir von demselben Jonneth? Er ist genau wie sein Vater und ich möchte dich vor ihm warnen. Ich hatte nie ein leichtes Leben, und ich fürchte,

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