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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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du wirst sehr stark sein müssen, wenn du glücklich werden willst. Aber wie kann eine Frau nicht zerbrechen, wenn sie so einen Mann hat? Hat das etwas mit Stärke zu tun? Je stärker die Frau ist, desto schlimmer wird es doch, oder?«
    Elane fiel nichts ein, das sie darauf antworten konnte. Sie öffnete und schloss den Mund wie ein Karpfen auf dem Trockenen. Der Schock fuhr tief in ihre Glieder. Hatte Annah das gerade tatsächlich gesagt? Hatte sie sie vor ihrem eigenen Sohn gewarnt?
    Annah legte einen Arm auf den Tisch und zog mit der freien Hand den Ärmel leicht zurück. Lilafarbene Abdrücke von starken Fingern hatten einen üblen Bluterguss hinterlassen. Rasch verdeckte sie ihn wieder. »Du musst nichts dazu sagen«, fügte Annah mit einem milden Lächeln hinzu.
    Und das tat Elane auch nicht.
    Eine Stunde später hatten sich der König und sein Vetter geeinigt, die Hochzeit nach Jahams Willen am Tag des Sturmfests stattfinden zu lassen. Elane fragte niemand nach ihrer Meinung, aber sie bemühte sich, eine versöhnliche Miene aufzusetzen. Die Details verschwammen in ihrem Kopf, weil sich ihre Gedanken ununterbrochen um Annah Venells Worte drehten. Wenn Elane zu ihr hinüber sah, saß sie steif wie ein Stock mit ernster Miene neben ihrem Mann, als hätte ihre Unterhaltung nie stattgefunden, und allmählich begann auch Elane zu glauben, dass sie fantasierte. Sie entschied, sich nicht die Laune vermiesen zu lassen. Sie würde das tun, was man von ihr verlangte und Jonneth eine gute Ehefrau sein. Was interessierte sie Macht, Politik und die Sorgen des Volkes? Alles, was sie wollte, war ihr bescheidenes Leben fortzuführen. Ob es ihr gefiel oder nicht, sie würde sich mit ihrer Rolle anfreunden.
    »Wo steckt der Bengel eigentlich?«, fragte Jaham.
    »Er ist in den Schlossgarten gegangen«, antwortete Annah.
    Jaham stieß ein Knurren aus. »Es ist schon sehr spät. Wir sollten bald heimkehren.«
    »Ich bin sicher, Elane wäre es eine große Freude, Jonneth zu suchen und zurückzuholen«, sagte Adoran. Er lächelte gequält. Anscheinend wünschte man, sich jetzt ohne ihr Beisein zu unterhalten. Vielleicht besprachen sie, was man dem Paar zur Hochzeit schenken wollte? Elane rang diesen dämlichen Gedanken nieder. Sicher würden sie sich nur über Politik unterhalten.
    »Aber Onkel, es schickt sich doch nicht, wenn ich mit Jonneth allein wäre.«
    Jaham machte eine abwertende Handbewegung. »Ein Diener wird dich hinausbegleiten. Ich habe vollstes Vertrauen in euch. Oder hast du ungebührliche Absichten?«
    Elane errötete zur Gänze, schob ihren Stuhl hastig zurück und wandte sich zum Gehen. Der Abend war alles andere als aufregend und schön gewesen. Aber vielleicht würde sie wenigstens jetzt Gelegenheit bekommen, ein paar Worte mit ihrem Verlobten zu wechseln.
    Wie Jaham vorhergesagt hatte, hängte sich einer der Bediensteten an ihre Fersen, als sie den Palast durch ein Nebenportal verließ. Elane ignorierte ihn, ebenso wie sie den in Uniform gekleideten Wächter an der Tür ignorierte. Sie war froh, endlich in die kühle Nachtluft hinaustreten zu können. Sie betrat den gepflegten Schotterweg, der hinter dem Palast in den Park führte. Ihre Schritte knirschten auf den Steinen, die Absätze ihrer Schuhe versanken im Kies. Hinter ihr ging der Diener in gebührendem Abstand.
    Es roch nach Sommer. Ein leichter Wind strich durch das Gras und die Blätter der Bäume. Es war eine sternklare Nacht, der Mond war beinahe voll und erleuchtete die Blumenbeete, die den Pfad säumten. Elane genoss den nächtlichen Spaziergang. Es machte ihr nichts aus, dass sie schon fast den ganzen Schlossgarten abgesucht hatte, bis sie Jonneth endlich fand, doch auf den Anblick hätte sie verzichten können. Sie erkannte ihn an den glänzenden Abzeichen auf seiner Uniform, die das Mondlicht widerspiegelten. Er stand neben einem hohen steinernen Denkmal, das einen der alten Könige mit in die Luft gestrecktem Schwert darstellte. Die Figur war aus weißem Marmor gehauen und leuchtete im Dunkel der Nacht wie eine Geistererscheinung. Eine zweite Person lehnte am Sockel des Bildnisses. Es war zu dunkel, um ihre Identität festzustellen, aber ein langer Rock wehte ihr im seichten Wind um die Beine. Eine Frau. Aber welche Dame würde um diese Uhrzeit allein im Park herumstreunen?
    Elane blieb stehen, ihre Beine wollten sich keinen Schritt weiter bewegen. Die Schritte des Dieners verstummten in einigem Abstand hinter ihr. Bisher hatten die beiden sie

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