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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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Übel. Es war ein abscheuliches Gefühl, das Volk nicht auf seiner Seite zu wissen. Dabei hätte er es eigentlich gewöhnt sein müssen, niemals respektiert zu werden. Er war nun einmal niemand, der Leute in seinen Bann zog und von sich überzeugen konnte.
    Sein Blick streifte Ibrik und einige andere Firunen von West-Fenn, die ihm zu Ehren angereist waren, um seiner Krönung beizuwohnen.
    Ibrik lächelte, doch es reichte nicht bis zu seinen Augen hinauf. Leroy versetzte es einen Stich.
    Er sammelte seinen Mut, seufzte einmal und nahm sich die Krone vom Kopf. Ein leises Raunen ging durch die Menge. Sein Blick traf den von Kjoren, der etwas abseitsstand, und die Zeremonie mit einem Lächeln verfolgte. Dem konnte tatsächlich nichts die gute Laune verderben. Nun ja, immerhin hatte er bekommen, was er wollte. Elane stand links neben ihm, den einen Arm um seine Taille geschlungen. Sie trug ein hübsches Kleid aus dunkelgrüner Seide und ihre dunkelbraunen Locken glänzten in der Morgensonne. An Kjorens rechter Seite stand Svorolf, sein Vater. Ihre Ähnlichkeit war frappierend: dieselben hellen Haare und dasselbe kantige Gesicht.
    Ungeachtet der entsetzten Mienen setzte Leroy zu seiner Rede an, über die er nächtelang gegrübelt hatte. Im Grunde waren es nur wenige Worte, dennoch kamen sie ihm nur schwer über die Lippen. Er räusperte sich und zwang sich, Elanes Blick einzufangen.
    »Elane, ich möchte, dass du die Krone trägst. Du bist dein Leben lang darauf vorbereitet worden, ich hingegen habe nur wenig Kenntnis vom Leben bei Hofe. Außerdem hast du es dir immer gewünscht. Ich könnte nie ein guter König sein.«
    Elanes Lächeln erschlaffte, sämtliche Farbe wich aus ihrem Gesicht. Perg Worsum schnappte neben Leroy geräuschvoll nach Luft.
    »Aber Eure Hoheit, das ist doch nicht Euer Ernst! Das geht nicht, das sieht das Gesetz nicht vor!«
    Leroy lächelte müde. »Dann ändere ich eben das Gesetz, noch bin ich der König, oder? Ich entscheide über mein Leben. Und es tut mir leid, aber ich möchte diese Krone nicht.« Er wunderte sich, wie fest seine Stimme klang und wie einfach ihm die Worte mit einem Mal über die Lippen kamen. »Ich habe soeben schwören müssen, immer das Beste für das Volk zu tun, und das Beste für das Volk ist Elane. Sie hat es verdient. Und sie wird einen wunderbaren König an ihrer Seite haben.« Sein Blick glitt zu Kjoren hinüber. Er sah ebenso blass aus wie Elane, das Gesicht ausdruckslos. Leroy schmunzelte in sich hinein. Er hatte es geschafft, dem geschwätzigen Draufgänger die Sprache zu verschlagen, zumindest für den Augenblick.
    »Nein, das geht nicht. Du bist doch …« Kjoren gab sich Mühe, überzeugend zu klingen, aber seine Stimme klang dünn und kraftlos. Neben ihm stieß Svorolf seinem Sohn energisch in die Rippen.
    »Habe ich dich zur Memme erzogen?« Er grinste breit. Kjoren erwiderte nichts. Leroy wertete Elanes und sein Schweigen als stumme Einwilligung. Elane hatte sich immer ein Leben an der Seite eines liebenden Mannes gewünscht, und sie hatte immer Königin werden wollen. Er gönnte ihr das Glück von Herzen.
    »Selbst wenn Ihr auf die Krone verzichtet, kann Elane keinen Firunen heiraten.« Perg Worsums Augen funkelten zornig, doch nachdem Pfiffe und lautes Gezeter aus dem Publikum ihn zum Schweigen gebracht hatten, gab er zähneknirschend nach. Dies war wahrlich nicht der Zeitpunkt, um auf alte Valanengesetze zu pochen. Nicht, wenn mehr als die Hälfte der Anwesenden sich zu den Firunen zählten, die mehr als einmal deutlich gemacht hatten, was sie von Valanengesetzen hielten. Es war klug von Mr. Worsum, den Mund zu halten. Auch dies hatte Leroy in seinen Plan einbezogen und sich bewusst zunutze gemacht. Sie konnten ihm seinen Wunsch nicht abschlagen.
    Leroy winkte Elane zu sich heran. Sie zögerte, aber ein freundschaftlicher Klaps ihres künftigen Schwiegervaters bewegte sie dazu, Leroys Aufforderung nachzukommen. Für einen Augenblick standen sie sich schweigend gegenüber. Die vielen Augenpaare, die auf ihnen ruhten, verblassten im Hintergrund. Elane lächelte und legte Leroy eine Hand auf die Schulter. Keine Geste zwischen einer Bürgerlichen und ihrem König, sondern eine Geste zwischen Freunden. Leroy drückte sie an sich und legte seine Arme um sie.
    »Danke«, hauchte Elane in sein Ohr. Als sie sich nach einer gefühlten Ewigkeit voneinander lösten, brach die Menge jäh in Jubelrufe aus. Sie riefen abwechselnd Elanes und Kjorens Namen, bis er sich

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