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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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Ochsen die Talfahrt zur Qual. Sie mußten die schwerbeladenen Wagen mit ihrer Leibeskraft aufhalten, sie legten unter der Schwere der Last ihre Köpfe zurück, daß die Hörner den Buckel auf dem Rücken berührten, ihre Flanken flogen wie Blasebälge. Ich habe oft die Fuhren der Holzhändler auf der Ngongstraße nach Nairobi in langer Kette, wie eine kriechende Riesenraupe, im Schritt durchs Waldreservat bergab fahren sehen, die Ochsen im Zickzack taumelnd voran. Ich habe die Ochsen auch straucheln und am Fuß des Berges unter der Last der Fuhren hinstürzen sehen.
    So ist das Leben, dachten die Ochsen, so unvollkommen ist nun einmal die Welt. Hart ist es, sehr hart. Man muß es tragen, es hilft nichts. Es ist eine schrecklich mühsame Sache, einen Wagen bergab zu fahren, da geht es um Leben und Tod. Es gibt keine Rettung.
    Hätten die feisten Inder von Nairobi, denen die Wagen gehörten, sich bequemt, zwei Rupien zu opfern und ihre Bremsen richten zu lassen, oder hätten die faulen, jungen schwarzen Treiber, die auf den beladenen Fuhren thronten, sich dazu verstanden, abzusteigen und die Bremsen anzulegen, ja, dann hätte es Rettung gegeben, dann wären die Ochsen ruhig den Berg hinabgegangen. Aber die Ochsen wußten das nicht und kämpften Tag für Tag ihren heldenhaften, verzweifelten Kampf gegen die Unzulänglichkeiten der Welt.

Von den zwei Rassen
    Die Beziehung zwischen der weißen und der schwarzen Rasse in Afrika erinnert in mancher Hinsicht an die Beziehung zwischen den zwei Geschlechtern.
    Wollte man einem von den beiden Geschlechtern sagen, daß es im Leben des anderen keine größere Rolle spielt als das andere in seinem Leben, so wären beide gekränkt und empört. Wüßte der Liebhaber oder Gatte, daß er keine wichtigere Rolle in dem Leben seines Weibes oder seiner Geliebten spielt als sie in seinem Leben, er würde staunen und zürnen. Erführe eine Gattin oder Liebende, daß sie im Leben ihres Mannes oder Geliebten nicht mehr bedeutet als er in ihrem, sie würde verzweifeln.
    Die wahre Urgeschichte des Menschen, die nie für Weiberohren bestimmt war, beweist diese Lehre, und die Gespräche zwischen Frauen, wenn sie beisammensitzen und wissen, daß kein Mann sie hören kann, beweisen sie auch. Die Geschichten, die einem von Weißen über ihre schwarzen Dienstboten berichtet werden, atmen den gleichen Geist, und wahrscheinlich werden unter den Schwarzen Geschichten erzählt und nacherzählt, die beweisen, daß die Weißen sich für nichts anderes als für ihre Kikuju oder Kavirondo interessieren und vollkommen von ihnen abhängig sind.

Kriegssafari
    Als der Krieg ausbrach, meldeten sich mein Mann und die zwei schwedischen Gehilfen freiwillig und zogen hinunter an die deutsche Grenze, wo Lord Delamere eine provisorische Kundschaftertruppe aufstellte. Ich lebte damals allein auf der Farm. Aber bald darauf ging das Gerede von einem Schutzhaftlager für die weißen Frauen des Landes; man glaubte sie bedroht von den Schwarzen. Ich erschrak entsetzlich und dachte: Wenn ich für Monate in ein Konzentrationslager für Damen gesperrt werde – niemand weiß, wie lang der Krieg dauern wird –, dann werde ich sterben. Einige Tage später bot sich mir die Gelegenheit, mit einem jungen schwedischen Farmer, einem Nachbarn von uns, nach Kijabe, einer weiter landeinwärts gelegenen Station der Eisenbahn, zu kommen und eine Sammelstelle zu übernehmen, zu der die Läufer von der Grenze ihre Meldungen brachten, die telegraphisch ins Hauptquartier nach Nairobi weiterzugeben waren.
    In Kijabe hatte ich mein Zelt dicht beim Bahnhof zwischen Stapeln von Brennholz für die Lokomotiven. Da die Läufer zu allen Stunden des Tages oder der Nacht eintrafen, arbeitete ich viel mit dem goanesischen Stationsvorsteher zusammen. Er war ein kleiner sanfter Mann, glühend von Wissensdurst und unbeeindruckt von dem Kriegsgeschrei ringsum. Er stellte mir unzählige Fragen über mein Land und ließ sich von mir etwas Dänisch beibringen, fest überzeugt, daß es sich eines Tages als ungeheuer nützlich erweisen würde. Er hatte einen kleinen Buben von zehn Jahren, namens Viktor; als ich eines Tages auf den Bahnhof kam, hörte ich ihn durchs Gitterwerk der Veranda Viktor in der Grammatik unterrichten. »Viktor, was ist ein Fürwort? Was ist ein Fürwort, Viktor? Du weißt es nicht? Fünfhundertmal hab ich’s dir schon gesagt.«
    Der Truppe unten an der Grenze fehlte es fortwährend an Proviant und Munition; mein Mann schrieb mir und

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