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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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indes wir so dasaßen, über unsere Köpfe zurück, und neue Sternbilder stiegen im Osten auf. Im Rauch des Feuer wirbelten lange Funkengarben in die kalte Luft empor, das frische Brennholz duftete säuerlich. Von Zeit zu Zeit sprangen plötzlich die Ochsen alle auf, stampften und drängten sich zusammen, die Nüstern witternd in der Luft, so daß der alte Ismail auf einen der beladenen Wagen kletterte und seine Laterne schwang, um zu erspähen und zu verscheuchen, was da außerhalb des Zaunes sich umtreiben mochte.
    Wir hatten viele große Abenteuer mit Löwen. »Hütet euch vor Siawa«, sagte uns der schwarze Leiter eines Transportes, der auf dem Weg nach Norden uns begegnete. »Bleibt nicht über Nacht dort. In Siawa sind zweihundert Löwen.« Wir versuchten also, vor Einbruch der Dunkelheit an Siawa vorbeizukommen, und beeilten uns sehr. Blinder Eifer schadet auf Safari noch mehr als sonst, und bei Sonnenuntergang prellte ein Rad des hintersten Wagens gegen einen großen Stein und war nicht mehr zu brauchen. Während ich die Laterne hochhielt, um den Leuten beim Auswechseln zu leuchten, fiel ein Löwe einen unserer Reserveochsen an, keine drei Schritt von mir. Mit Geschrei und Schreckschüssen gelang es, den Löwen zu verscheuchen, und der Ochse, der mit dem Löwen auf dem Rücken davongerannt war, kehrte wieder zu uns zurück; aber er war arg zerschunden und verendete nach einigen Tagen.
    Auch sonst passierte uns manches Wunderliche. Einmal soff ein Ochse unseren ganzen Vorrat an Petroleum aus, starb und ließ uns ohne jede Beleuchtung zurück, bis wir mitten im Reservat auf einen indischen Kaufladen stießen, den sein Besitzer im Stich gelassen hatte und in dem sonderbarerweise ein Teil der Waren noch unberührt lag.
    Eine Woche lang hielten wir uns in der Nähe eines Lagers der Massaimorani auf, und die jungen Krieger umschwärmten im Kriegsschmuck mit Speeren und langen Schilden und ihrem Kopfputz aus Löwenfell Tag und Nacht mein Zelt, um Neues vom Kriege und von den Deutschen zu hören. Meine Fahrtgenossen liebten diesen Lagerplatz, denn sie konnten sich Milch von den Rindern der Morani kaufen, die ihre Herden mit sich führen und von den Massaibuben, den Leioni, die noch zu klein zum Kämpfen sind, hüten lassen. Die jungen Soldatenmädels der Massai, lebenslustige, hübsche Geschöpfe, kamen in mein Zelt, mich zu besuchen. Sie baten mich immer, ihnen meinen Handspiegel zu leihen, hielten ihn sich gegenseitig hin und fletschten ihre zwei Reihen leuchtender Zähne wie zornige junge Raubtiere.
    Alle Nachrichten über die Bewegung des Feindes mußten über Lord Delameres Lager gehen. Aber Lord Delamere zog mit so unglaublicher Geschwindigkeit kreuz und quer durchs Reservat, daß nie jemand wußte, wo er sich befand. Ich hatte mit dem Kundschafterdienst nichts zu tun, ich staunte nur, wie die Leute, die ihn versahen, ihre Verbindungen aufrechterhielten. Einmal nun führte mich mein Weg in einer Entfernung von einigen Meilen an Delameres Lager vorbei, und ich ritt mit Farah hinüber und besuchte ihn zum Tee. Obgleich das Lager am nächsten Tag abgebrochen werden sollte, ähnelte es einer belebten Stadt. Es wimmelte von Massai, denn Lord Delamere war ihnen sehr wohlgesinnt, und sie wurden in seinem Lager so gut bewirtet, daß man von ihm wie von der Höhle des Löwen in der Fabel sagen konnte: Alle Fußstapfen führten hinein und keine heraus. Ein Massailäufer, der Lord Delamere einen Brief zu bringen hatte, kam nie mit einer Antwort zurück. Der kleine, wie immer überaus liebenswürdige und höfliche Lord mit seinen bis auf die Schultern herabfallenden schneeweißen Haaren schien sich mitten in dem Schwarm sehr wohl zu fühlen; er erzählte mir allerhand vom Kriege und ließ mir Tee mit geräucherter Milch nach Massaiart reichen.
    Meine Leute ertrugen mit großer Geduld meine Unerfahrenheit mit Ochsen, Anspann- und Safarigewohnheiten, und sie gaben sich nicht weniger Mühe, sie zu vertuschen, als ich selbst. Sie taten während der ganzen Fahrt jede Arbeit für mich und murrten nie, obgleich ich in meiner Unwissenheit von den Leuten und den Ochsen viel mehr forderte, als zu leisten war. Sie trugen mir weither über die Steppe auf den Köpfen Badewasser herbei, und wenn wir mittags rasteten, bauten sie mir aus Speer und Decken eine Art Baldachin gegen die Sonne über meinem Ruheplatz. Die wilden Massai waren ihnen nicht recht geheuer, und der Gedanke an die Deutschen, über die wunderliche Gerüchte umgingen,

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