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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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    Sie brach ab.
    Am Ufer wirbelte der Wind Staub und Sand auf und trug beides Richtung Schiff. Hinter dem Staub ballte sich die Sonne, eben noch von Dunst zerfranst, zu einer glühenden Faust. Kurz schien der graue Himmel zu brennen; das Meer leuchtete ein letztes Mal golden auf, dann sog die Nacht alle Farben aus dem Land. Das Wasser wurde pechschwarz, und bleich trat am Abendhimmel die Mondsichel hervor.
    Emilia seufzte.
    »Ja, nun weißt du alles«, wiederholte sie. »Doch ich frage mich, ob du mit diesem Wissen leben kannst.«

Erstes Buch
    Das Ende der Welt
1881–1882
    1. Kapitel
    D ie junge Frau rannte um ihr Leben.
    Trotz allem, was geschehen war, fand sie die Kraft, zu fliehen und ihre Schmerzen zu ignorieren – es waren schreckliche Schmerzen. Ihr Körper war über und über von Kratzern, Schrammen und blauen Flecken übersät. Ihre Füße brannten, als hätte sich ihre Haut aufgelöst und als würde sie auf rohem Fleisch laufen. Ihr Kopf dröhnte, ihre Kehle schien zu zerbersten. Und dennoch hielt sie nicht inne, legte vielmehr an Tempo zu und wurde erst dann langsamer, als der Durst übermächtig wurde. Als sie ein Rauschen hörte, blieb sie erstmals stehen und hob den Kopf.
    Das Rauschen stammte von einem kleinen Fluss, dessen Wasser in der Sonne türkis funkelte. Sie wankte darauf zu, doch ehe sie ihn erreichte, verfingen sich ihre Füße im Gestrüpp; sie stolperte, verlor die Balance, fiel auf trockene Erde. Ächzend und mit geschlossenen Augen robbte sie weiter, zerkratzte sich die Hände noch mehr, schürfte sich die ohnehin blutigen Knie weiter auf. Unbarmherzig brannte die Sonne auf sie herab.
    Durst, sie hatte so schrecklichen Durst, und das Wasser, es war doch so nah!
    Aber sie konnte es nicht erreichen – noch nicht. Immer wieder wurde sie von ihrem ausgelaugten Körper gezwungen, liegen zu bleiben, und jedes Mal fürchtete sie, von alles vernichtender Schwärze überwältigt zu werden. Doch sie gab nicht auf, robbte weiter, und endlich tauchten ihre Finger in das kühle Nass. Die Spitzen ihres langen schwarzen Haars fielen hinein, die Strömung spielte mit ihnen, und schließlich versenkte sie ihren ganzen Kopf im Fluss, öffnete den Mund und ließ das kalte Wasser einfach hineinfließen. Während sie mit Mühsal schluckte, fühlte es sich an, als würden kleine Messer in ihre Brust schneiden, aber zugleich kehrten neue Lebenskräfte in ihren geschundenen Körper zurück.
    Prustend tauchte sie nach einer Weile wieder auf. Das nasse Haar hing über ihr Gesicht. Sie strich es zurück, starrte auf den Fluss, der verschwommen ihr Spiegelbild reflektierte – und erkannte sich nicht wieder. War das ihr Gesicht, ihr Körper, ihre Hände, die sie nun ausstreckte, um sich zu waschen, um ihre blutigen Füße zu betasten und Dornen und Stacheln herauszuziehen?
    Sie war sich fremd geworden, wusste nicht mehr, wie sie aussah, wer sie war, und sie wusste auch nicht mehr, wie sie hieß.
    »Mein Name«, fragte sie laut in die Stille, »wo ist mein Name geblieben?«
    Nachdem sie sich notdürftig gereinigt hatte, blieb sie steif sitzen. Die Luft wurde kühler, das Haar trocknete im Wind. Plötzlich zuckte sie zusammen und blickte sich ängstlich um. Ein Geräusch war erklungen, ganz nah an ihrem Ohr – Hufgetrampel, Gelächter, Stimmen, ein Schuss, das Klirren von Säbeln. Sie duckte sich unwillkürlich, sah sich schnell nach einem Versteck um.
    Sollte sie versuchen, zu den kümmerlichen, verdorrten Bäumen dort hinten zu laufen? Oder sich einfach ganz flach auf den Boden legen und hoffen, dass die Farbe ihres Wollkleides mit der der Erde verschmolz und die Reiter nicht auf sie achten würden? Allerdings – wenn diese das glitzernde Wasser sahen, würden sie gewiss rasten und trinken. Sie würden sie sofort entdecken, und dann würden sie sie töten. Daran bestand nicht auch nur der geringste Zweifel.
    Sie lauschte wieder, hob schließlich vorsichtig den Kopf; das Hufgetrampel klang zwar näher, aber noch war niemand zu sehen. Rasch sprang sie auf, unterdrückte einen Schmerzenslaut, als sich Steinchen in die blutigen Fußsohlen gruben, und wankte zu den Bäumen. Die Äste reichten bis zur Hüfte, sie konnte mühelos auf die niedrigen klettern und sich von dort aus weiter hinaufziehen. Doch der Baum war kahl und bot nicht sonderlich viel Schutz vor Blicken. Wenn nur einer der Soldaten zufällig den Kopf hob, war es um sie geschehen. Er würde sie erschießen, wenn sie viel Glück hatte, mit seinem

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