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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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in Kauf nehmen wollte. Leichtfertig hatte sie darum diesen einen großen Wunsch aufgegeben, um sich ganz auf ein anderes Ziel zu konzentrieren – auf ihre Hochzeit mit Manuel, die von Tag zu Tag näher rückte. Sie lächelte, wenn sie an ihn dachte, und zugleich erwachten Sehnsucht und Wehmut.
    Seit über einer Woche hatte sie ihren Verlobten nicht mehr gesehen, weil er wieder einmal aufgebrochen war, um in den umliegenden Siedlungen, Dörfern und Städten Handel zu treiben. Sie gab zwar vor, sich daran gewöhnt zu haben, aber insgeheim haderte Emilia damit, dass es ihn nie lange zu Hause hielt und dass ihn – auch nach dem gescheiterten Abenteuer in Valparaíso – die Fremde ebenso lockte wie die Aussicht, ein Geschäft abzuschließen, das ihn um ein paar Pesos reicher machen würde.
    Immerhin war ihr das Leben an der Seite eines Händlers nicht fremd. Auch ihr Vater Cornelius Suckow war oft wochenlang nicht daheim, sondern reiste meist zwischen Valdivia und Valparaíso hin und her, um den Transport von Waren zu überwachen oder diese zu veräußern. Viel zu selten kam er zurück zu ihrer Siedlung, und als Emilia nun an ihn dachte, vermisste sie ihn genauso wie Manuel.
    Allerdings – es gab noch so viel für die Hochzeit zu tun, und das würde sie fürs Erste von trübsinnigen Gedanken abhalten.
    Emilia löste seufzend ihren Blick vom See und stapfte durch das sumpfige Gras. Wie immer im Frühjahr waren die schmalen Wege, die von Haus zu Haus führten, voller Schlamm, und sie musste darauf achtgeben, nicht auszurutschen. Als sie am Garten vorbeikam, den die ersten Siedlerfrauen einst angelegt hatten, hielt sie nach Blumen Ausschau, aus denen sie für ihre Hochzeit einen Haarkranz flechten konnte: Die Rosen würden erst viel später erblühen, aber die ersten Fuchsien und Veilchen reckten schon ihre Köpfchen in die Sonne. Mit einem grünen Kleid geschmückt, wenngleich noch fruchtlos, waren die Orangen-, Apfelsinen- und Pfirsichbäume; karg und verkümmert dagegen wirkten das Feigenbäumchen und der Strauch, wo im Sommer die Johannisbeeren wachsen würden. Verwaist war das Plätzchen, wo bis vor kurzem der Myrtenbaum gestanden war: Er war für das letzte Weihnachtsfest gefällt worden, und man hatte ihn – wie es für die Deutschen in Chile zum Brauch geworden war – anstelle von Goldnüssen mit Blumen geschmückt.
    Emilia sog den durchdringenden Geruch nach Erde und Blumen ein, dann wanderte ihr Blick Richtung Wald. Wenn die Blumen im Garten für den Haarkranz nicht reichten, würde sie sicherlich die eine oder andere wunderschöne Blüte in einer der Lichtungen finden.
    Die Rodungsgrenze, die einst bis zum See gereicht hatte, war Jahr für Jahr weiter ins Landesinnere verschoben worden. Emilia konnte sich gar nicht recht vorstellen, wie die ersten Siedler die großen, schweren Araukarien gefällt hatten – mit einem lauten Krachen, wie erzählt wurde, das den Boden über Meilen hatte erzittern lassen. Kleinere Bäume hatten sie auch in den letzten Jahren geschlagen, und obwohl das Männerarbeit gewesen war, so hatte Emilia oft beim Entrinden helfen müssen – auch wenn sie immer versuchte, sich davor zu drücken.
    Während sie gen Wald blickte, vermeinte sie, aus den Augenwinkeln plötzlich eine Bewegung wahrzunehmen. Sie fuhr herum, glaubte erst, es wäre eine Fliege, die ihren Kopf umsurrte, sah dann aber etwas Dunkles zwischen den Bäumen hervorkommen, mehr schwankend als gehend und aus der Entfernung kaum größer als ein Strich. Sie riss die Augen auf und starrte konzentriert darauf. Der Strich wurde breiter, doch sie konnte noch nicht erkennen, ob es ein Tier oder ein Mensch war, der nun aus dem Wald trat. Emilias Hand fuhr instinktiv an die Brust. Nicht oft kamen Fremde zur Siedlung – und schon gar nicht unangekündigt. Sollte sie fortlaufen und nach den anderen rufen oder besser selbst nachschauen, wer oder was da aus dem Wald kam?
    Als die Gestalt größer wurde, erkannte sie eindeutig, dass sie auf zwei Füßen lief. Und die langen Haare – es waren doch Haare und kein Umhang? – deuteten darauf hin, dass es eine Frau war. Doch irgendetwas war an dieser Frau höchst merkwürdig. Schon vorher war sie mehr gehumpelt als gegangen, nun schwankte ihr Oberkörper so stark hin und her, als wäre sie betrunken.
    Die Starre fiel von Emilia ab. Ohne darüber nachzudenken, lief sie auf die junge Frau zu und kämpfte sich durch das harte Colihuegras, das schmerzhaft in die Füße schnitt und

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