Jenseits von Gut und Böse
Memen, mit denen der Verfasser des Buches im Laufe seines Lebens konfrontiert wurde. Keines dieser Meme ist »heilig«, das heißt unantastbar. Sie dürfen, ja Sie sollten diese Meme antasten, nach Belieben drehen und wenden, sich Ihren eigenen Reim darauf machen. Und seien Sie dabei bloß wählerisch: Nutzen Sie die Meme, die Sie weiterbringen, und lassen Sie jene einfach fallen, von denen Sie meinen, dass sie Sie oder andere behindern könnten!
Der Vorteil einer philosophischen Weltanschauung gegenüber einer Religion besteht darin, dass sie es uns ermöglicht, falsche Ideen sterben zu lassen, bevor Menschen für falsche Ideen sterben müssen . 1 Man sollte es daher dringend vermeiden, einen philosophischen Memplex mit »höheren Weihen« auszustatten. Leider ist dies in der Vergangenheit allzu häufig geschehen. Manches philosophische Buch mutierte zu einer Art »neuer Bibel«, zu einem mächtigen Memplex, dem »allerhöchste Autorität« beigemessen wurde.
Eine solche religiöse Mutation wäre das Schlimmste, was im Falle des vorliegenden Buches geschehen könnte. Es wäre mir lieber, es würde mit völliger Nichtbeachtung gestraft, als dass auf seinem Fundament »Kirchen der Unschuld« entstehen würden. Ich betone dies so ausdrücklich, da das Buch aufgrund seines Inhalts weit stärker als alle Schriften, die ich zuvor publiziert habe, in einem religiösen oder esoterischen Sinne missverstanden werden könnte. (Und schon bei den Vorgängerbüchern musste ich feststellen, dass einige Leute meine Bemühungen mit einer ungesunden Portion »heiligem Ernst« goutierten …)
Um Missverständnisse dieser Art auszuschließen, sei daher ein letzter Hinweis erlaubt: Wer auf der Suche nach einem Guru ist, der sollte sich dringend woanders umschauen, wenn er solches wirklich nötig hat! Ich bin bloß ein mäßig begabter Trockennasenaffe mit Haarausfall, Schweißfüßen und Tendenz zum Doppelkinn, habe weder ewige Wahrheiten zu verkünden noch wurde ich von einer Jungfrau geboren. Ich hatte in meinem Leben vielleicht das Glück, ein paar kluge Leute zu treffen, und auch die Zeit, ein paar kluge Bücher zu lesen. Mehr habe ich jedoch kaum zu bieten! Meine eigenen Bücher sind voll von Fehlern – nur ist mein eigener Denkhorizont leider so arg begrenzt, dass ich sie selbst nicht zu erkennen vermag. Wer auf solchem Fundament tatsächlich eine Sekte oder Religion begründen möchte, der ist, Mensch sei’s geklagt, nichts weiter als ein veritabler Vollidiot!
So, nachdem auch das gesagt ist, bleibt mir nur noch, mich von Ihnen zu verabschieden. Machen Sie es gut! Und wenn Sie klüger sind als ich und in diesem Buch Fehler entdecken, die ich in meiner Borniertheit übersehen habe, so tun Sie sich keinen Zwang an: Belehren Sie mich eines Besseren! Sie wissen ja: Kritik ist ein Geschenk …
ANHANG
Das starke, naturalistische Emergenz-Prinzip: Warum das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile
Als ich am Manuskript von »Jenseits von Gut und Böse« arbeitete, stellte sich die Frage, ob ich das komplexe Thema »Emergenz« im Buch behandeln sollte oder nicht. Eigentlich wäre dies im Zuge der Diskussion um Determinismus und Fatalismus notwendig gewesen, aber ich scheute mich davor, ein theoretisches Problem anzuschneiden, das mir selbst schlaflose Nächte bereitet hatte. Das Buch sollte schließlich trotz seiner Informationsdichte möglichst unterhaltsam sein und auf keinen Fall ernste Kopfschmerzen bei der Lektüre verursachen! Also fasste ich den Entschluss, die Frage »Was ist Emergenz?« nicht explizit im Buch zu erörtern.
Im Nachhinein betrachtet war dies vielleicht ein Fehler, denn einige Leserinnen und Leser hatten offenbar Schwierigkeiten, nachzuvollziehen, warum ich das »Eigennutz-Prinzip« als »Naturgesetz des Lebens« beschreibe oder »Kultur« als den entscheidenden »4. Akt der Evolution« darstelle. Hatte ich denn nicht ausgeführt, dass es in Natur und Kultur »mit rechten Dingen« zugeht? Warum also sollten für das »Reich des Lebendigen« andere Gesetze gelten als für das Reich der toten Materie? Wäre es im Rahmen einer naturalistischen Weltsicht nicht viel angemessener, Biologie und Kultur als bloße Folgeerscheinungen der Physik zu begreifen?
Diese Frage lässt sich nur beantworten, wenn man eine Vorstellung davon hat, welche Rolle »emergente Systeme« in der Natur spielen. Ich möchte deshalb in diesem Nachwort ansatzweise nachholen, was ich im Buch aus Rücksicht auf die
Weitere Kostenlose Bücher