Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
Kapitel Eins
Ich war gerade damit beschäftigt, einen schrulligen und weitschweifigen Artikel über das Goldene Zeitalter des Kriminalromans zusammenzustreichen, als Phoebe anrief.
»Cassie, Darling. Ich weiß, wie beschäftigt du bist, und will dich nicht lange aufhalten.«
Ihre Stimme klang sanft und frisch, mit einem schwachen Edinburgher Akzent wie der Duft von Heidekraut. Es war die Stimme der Güte und Sicherheit, und ich schmiegte mich unbewusst hinein, legte meine Brille ab und streckte mich auf meinem Schreibtischstuhl.
»Das ist schon in Ordnung, wir sind nicht besonders beschäftigt.«
»Es ist so«, sagte Phoebe, »dass ich über etwas nachgedacht habe. Und da brauche ich deinen Rat.«
»Meinen Rat?«
»Es gehört zu deinem Fachgebiet.«
»Du meinst Bücher.« Ich war die Chefredakteurin von The Cavendish Quarterly, Londons angesehenstem Literaturmagazin, und Phoebe bat mich häufig, ihr Buchempfehlungen für verschiedene Freunde zu geben (ich erwähnte stets erfolglos, dass dies normalerweise nicht zu meinem Job ge-hörte).
»Dieses Mal nicht«, sagte Phoebe. »Ich kann es dir nicht am Telefon erzählen, weil du lachen wirst.«
Ich sagte: »Du hast wieder eine von deinen Ideen.«
Es war keine Frage. Phoebe war berühmt für ihre Ideen.
»Nun ja«, sagte sie mit diesem vertrauten Unterton der Ehrfurcht vor ihrer eigenen Brillanz. »Es ist eine wundervolle Idee, aber ich weiß nicht, wie ich sie ohne dich umsetzen könnte.«
»Solange sie nicht bedeutet, dass ich mich als Eichhörnchen verkleiden muss«, sagte ich.
Phoebe kicherte am anderen Ende der Leitung. Vor zehn Jahren, in meiner Studentenzeit, hatte sie mich dazu überredet, als rotbraunes Eichhörnchen verkleidet Flugblätter zu verteilen. Diese grässliche Erfahrung hatte tiefe Wunden in meiner Seele hinterlassen, was ich sie nie vergessen ließ.
»Nichts dergleichen«, versicherte sie mir. »Es geht um eine völlig andere Idee. Ich kann es kaum erwarten, sie dir zu erzählen – könntest du vielleicht heute Abend vorbeikommen?«
Ich überlegte rasch. Es würde bedeuten, Matthew absagen zu müssen, was ihm nicht gefiele. Aber er würde es verstehen. Er wusste, dass jeglicher Ruf von Phoebe heilig war. Sie war für mich das, was einer Mutter am nächsten kam.
»Natürlich«, sagte ich. »Sehr gerne.«
»Ich mache Abendessen. Ich habe frische Tagliatelle.«
»Soll ich etwas mitbringen?«
»Nicht nötig, Liebling, nur dich selbst«, sagte Phoebe liebevoll. »Wir werden allein sein. Diese Idee möchte ich nicht vor den Jungs besprechen.«
Ich hätte mir denken können, dass es darum ging. Denn Phoebe war, schon solange ich sie kannte, völlig verrückt mit ihren Jungs. Auf jedem anderen Gebiet war sie vollkommen vernünftig, aber wenn es um die Jungs ging, konnte sie sich alles einreden. Ich liebte sie für diese gewaltige Schwäche nur umso mehr.
»Du tust sehr geheimnisvoll«, sagte ich. »Was ist los?«
»Warte es ab.« Ihre Stimme klang heiter und neckend, was ich als gutes Zeichen deutete. »Und Cassie, falls du zufällig Fritz oder Ben triffst, dann erwähne nichts hiervon. Ich -meine, du kannst sagen, dass du zum Abendessen kommst, aber nicht mehr.«
»Okay, kein Sterbenswörtchen wird mir über die Lippen kommen. Bis heute Abend.«
Das Gespräch endete damit, dass ich den Hörer hochhielt, damit Betsy von der anderen Seite des Büros Grüße herüberrufen konnte. Betsy Salmon war meine Stellvertreterin. Ich war mit ihren vier Töchtern zur Schule gegangen, und sie kannte Phoebe schon, seit die Jungen Babys waren – sie hatte Fritz einmal bei einer Geburtstagsparty einen Klaps versetzt, weil er den Zauberer geärgert hatte.
Sobald ich den Hörer aufgelegt hatte, fragte Betsy: »Und? Was glaubst du – wie geht es ihr?«
»Gut. Offensichtlich müde.« Ich war kurz angebunden. Ich sprach nicht gern über Phoebes Gesundheit.
»Und die Jungen?«
»Sie hat nichts davon gesagt, aber ich nehme an, es geht ihnen gut.« Ich war mir bewusst, dass es schäbig war, Betsy gegen-über so kurz angebunden zu sein, obwohl sie so liebenswürdig fragte. Ich streckte mich und rollte meinen Stuhl zurück. »Ich hörte Shay und Puffin gerade zum Pub abdampfen«, sagte ich. »Also sollten wir eine offizielle Mittagspause einlegen.«
»Oh, gute Idee«, sagte Betsy. »Genau das Richtige, um vom Morgen in den Nachmittag überzugehen.« Sie beugte sich zu ihrer Einkaufstasche im Schottenmuster hinab, die sie als Handtasche benutzte, und
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