Jenseits
dem Juwelier und bei Mr. Mueller aus. Ist mir vollkommen egal, was du sagst, John. Ich bin sicher, die beiden waren auch Furien. Dieses Ding hier hat sich kein einziges Mal getäuscht. Ich konnte die Zeichen nur nicht richtig deuten. War ja auch keine Bedienungsanleitung dabei oder so. Was wirklich schade ist, denn wenn ich wüsste, was all diese verschiedenen Farben zu bedeuten haben, könnte mir das ziemlich gut weiterhelf…«
»Pierce«, sagte John, sein Gesicht ernster denn je. »Die Furien haben Jade getötet.«
Tränen schossen mir in die Augen, und ich ließ den Diamanten los, der mit einem dumpfen Klatschen gegen mein Brustbein schlug. »Oh, nein. John. Meine Oma …« Ich war zu entsetzt, um den Satz zu Ende zu sprechen.
»Nein, sie war es nicht. Aber wenn das, was du sagst, stimmt, waren es wahrscheinlich Freunde von ihr. Drei Männer haben Jade getötet. Sie sagte, sie hätte keinen von ihnen erkannt. Sie trugen Masken.«
»Warum Jade?«, stammelte ich. »Jade hat nie jemandem etwas getan.«
Außer gut gemeinte Ratschläge und zuckerfreie Lakritze zu verteilen, vielleicht.
»Verstehst du es denn immer noch nicht?«
Der Blick seiner grauen Augen verhieß nichts Gutes.
»Jade ist tot, weil sie dachten, du wärst es, Pierce. Du fährst doch immer mit deinem Rad durch den Friedhof …«
»John, wenn Mr. Mueller eine Furie war, war das mit Jade nicht das erste Mal, dass jemand wegen mir zu Schaden gekommen ist«, sagte ich, und der Schmerz zerriss mich beinahe. »Weil … Hannah. Was ist mit Hannah?«
Stumm erwiderte er meinen Blick.
Der Regen war noch stärker geworden, und es goss jetzt wie aus Eimern.
»Ich hätte«, sagte ich leise, »dich ihn töten lassen sollen.«
»Nein.« John presste mich noch fester gegen den Spind. »Es war richtig von dir, mich aufzuhalten. Auch beim Juwelier. Es sind nicht sie , die diese Morde begehen. Es sind die Furien, die von ihnen Besitz ergriffen haben. Manchmal vergesse ich das.«
»Wir müssen sie irgendwie aufhalten, bevor sie noch mehr Leuten etwas antun, John«, stammelte ich. »Es muss einen Weg geben.«
»Man kann sie nicht aufhalten«, sagte John. »Du kannst ihnen alle Knochen brechen und sogar den Körper töten, den sie bewohnen. Es nützt nichts das Geringste.«
»Aber als ich meine Großmutter vorhin mit der Faust zu Boden …«
»Wenn es irgendetwas bewirken würde, auf sie einzudreschen, glaubst du, dann wäre auch nur eine Einzige noch am Leben?«, unterbrach er mich und spähte ständig um die Ecke, als würde er erwarten, meine Oma jeden Moment dort auftauchen zu sehen. »Glaub mir, ich habe so viele von ihnen schon so oft in Grund und Boden gestampft, dass sie mittlerweile ausgestorben sein müssten. Aber sie kommen immer wieder zurück. Suchen sich einfach einen neuen Körper, von dem sie Besitz ergreifen können. Die nächste schwache Seele, die sie korrumpieren können.«
»Aber was sollen wir denn dann tun?«, fragte ich und schlang meine Arme um seinen Hals, um mich irgendwie zu trösten.
Er vergrub seinen Kopf an meinem Halsansatz und umklammerte mich, als wäre er wieder draußen auf dem Meer, ein Spielball der sturmgepeitschten Wellen, und ich der letzte Strohhalm, mit dem er sich noch an seinem Leben festhalten konnte.
Anstatt dass ich bei ihm Trost fand, suchte er Trost bei mir , wie mir klar wurde. Und das machte mir beinahe mehr Angst als alles andere, was in den letzten Tagen geschehen war.
»Ich weiß nicht, wie ich jemals auf die Idee kommen konnte, du wärst vor ihnen in Sicherheit. Nur weil du dich entschieden hast, nicht bei mir zu bleiben«, sagte er, seine Stimme gedämpft von meinem Haar, »dabei bist du die ganze Zeit über nicht einmal vor deiner eigenen Familie …«
»Schhhhh«, machte ich. Ich konnte es nicht ertragen, ihn den Satz zu Ende sprechen zu lassen. Was in aller Welt konnte er getan haben, dass meine Großmutter ihn so sehr hasste? »Es wird alles in Ordnung kommen. Wir werden bestimmt einen Weg finden.«
»Nein.« Mit einem Ruck richtete er sich auf. Aber er ließ mich immer noch nicht los, sondern hielt mich weiterhin bei den Schultern gepackt. »Nichts wird in Ordnung kommen, Pierce. Sie sind Furien. Sie sind hier. Und sie sind hinter dir her.«
»Aber meine Halskette«, sagte ich und deutete auf den Diamanten. Ich wollte ihm sagen, dass ich auf mich aufpassen konnte, mich selbst beschützen konnte, mich schon erfolgreich selbst beschützt hatte . Es war mir bis jetzt nur nicht gelungen, auch
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