Jeremy X
könne - die ganze Batterie, eben. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du so früh nach Hause kommst, und auf der Arbeit wollte ich dich nicht beunruhigen. Aber als mir klar wurde, dass wir uns verspäten werden, habe ich mich sofort bei dir gemeldet. Dass du schon zu Hause bist, habe ich erst gemerkt, als du drangegangen bist.«
»Hier bleibe ich aber nicht lange«, gab er zurück. »Wenn du noch eine Weile dableiben musst, dann kann ich ja wenigstens in den Wagen springen und zu dir kommen. Und zu Frankie.«
»Das würde mir gefallen«, sagte sie leise.
»Na, in ein paar Minuten bin ich da«, erwiderte er, ebenso leise. »Tschüss, Schatz.«
Kapitel 7
Ich möchte ja wirklich nicht übermäßig skeptisch klingen«, sagte Jeremy X und klang dabei genau so. »Aber seid ihr sicher, dass ihr nicht alle bloß an ESS leidet?« Er sprach jeden Buchstaben des Akronyms einzeln aus.
Verwirrt blickte Prinzessin Ruth ihn an. »Was bitte schön ist denn ›Ess‹?«
»E-S-S. Steht für ›Exzessive-Spionage-Syndrom‹«, erläuterte Anton Zilwicki. »Beim Office of Naval Intelligence auch bekannt als ›Spiegelkabinett-Fieber‹.«
»Bei der Systemsicherheit hieß es ›Spyrot‹«, merkte Victor Cachat an. »Der Begriff hat sich dann auch zum FIS hinübergerettet.«
Ruths verwirrter Blick wanderte zu Jeremy hinüber. »Und was bedeutet das nun wieder?«
»Das ist eine berechtigte Frage, Prinzessin«, sagte Anton. »Ich habe selbst schon ein paar Stunden darüber sinniert.«
»Ich auch«, bestätigte Cachat. »Tatsächlich war das das Erste, was mir in den Sinn kam, als ich erneut alles überprüfte, was ich über Manpower wusste - oder zu wissen glaubte. Es wäre nicht das erste Mal, dass Spione sich selbst ein Bein stellen, indem sie mehr zu sehen glauben, als tatsächlich vorhanden ist.« Er warf einen Blick auf Zilwicki. »›Spiegelkabinett-Fieber‹, ja? Den Ausdruck habe ich noch nie gehört, aber er ist treffend.«
»Bei unserer Arbeit, Ruth«, erklärte Anton, »kann man die wichtigen Dinge normalerweise nicht direkt sehen. In Wirklichkeit suchen wir immer nach Spiegelbildern. Haben Sie in einem Vergnügungspark jemals ein Spiegelkabinett besucht?«
Ruth nickte.
»Dann verstehen Sie auch, was ich meine, wenn ich sage, man kann sich unglaublich leicht in einer Kaskade von Bildern verlieren, die bloß Spiegelungen voneinander sind. Wenn auch nur eine einzige falsche Schlussfolgerung oder Annahme Bestandteil einer logischen Argumentation wird, dann wird das immer weiter falsche Bilder erzeugen.«
»Na gut, aber ...« Ruth schüttelte den Kopf. Die Geste verriet mehr Verwirrung als Widerspruch. »Ich verstehe nicht, wie das hier irgendwie wichtig sein könnte. Ich meine, wir haben es hier mit der internen Korrespondenz verschiedener Leute zu tun, die alle für Mesa Pharmaceuticals gearbeitet haben. Das erscheint mir doch ziemlich geradeheraus.« Fast schon kläglich: »Da ist doch nirgends ein Spiegel in Sicht.«
»Ach, nein?« Cachat lächelte dünn. »Woher wissen wir denn, ob der Empfänger dieser Korrespondenz auf Mesa« - er warf einen Blick auf das Lesegerät in seiner Hand, dann schaute er noch einmal kurz den Bericht durch - »... diese Dana Wedermeyer, so hieß sie ...«
»Könnte auch ein ›er‹ sein«, fiel ihm Anton ins Wort. »Dana ist einer dieser Unisex-Namen, deren Verwendung man wirklich unter Todesstrafe stellen sollte. Die bringen doch jedem hart arbeitenden Spion bloß unnötig Ärger.«
Cachat sprach weiter. »Woher wissen wir, dass sie oder er tatsächlich für Mesa Pharmaceuticals gearbeitet hat?«
»Ach, jetzt kommen Sie schon, Victor«, protestierte Ruth. »Ich kann Ihnen versichern, dass ich das alles zweimal überprüft habe und dann noch einmal durchgegangen bin. Es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass die Korrespondenz, die wir in den Dateien gefunden haben, aus dem Mesa-Hauptquartier von Pharmaceuticals stammt.«
»Daran zweifle ich auch nicht«, erwiderte Victor. »Aber Sie missverstehen, worauf ich hinauswill. Woher wissen wir, dass die Person, die diese Schriftstücke vom Pharmaceuticals-Hauptquartier aus abgesendet hat, wirklich für Pharmaceuticals gearbeitet hat?«
Ruth runzelte die Stirn. »Wer sonst außer einem Angestellten von Pharmaceuticals soll denn da herumsitzen, verdammt noch mal? Oder wer außer einem hochrangigen Manager? Letztendlich ist es völlig unmöglich, dass irgendein unbedeutender Handlager derartige Anweisungen verschickt hat.«
Anton
Weitere Kostenlose Bücher