Jeremy X
attraktives äußeres Erscheinungsbild.
Allerdings galt das nicht für die Team-Mitglieder, die stets die Rollen der Schwerstarbeiter übernahmen. Sobald ein Sklavenhändler Hugh Arai zu Gesicht bekam, verlangte er sofort, der ›Sklave‹ solle die Zunge herausstrecken. Der Mann war riesig und so muskulös, dass er fast schon missgestaltet wirkte. Niemand trat näher an ihn heran als unbedingt notwendig, ganz egal, in wie viele Ketten er auch gelegt sein mochte, solange er nicht das genetisch aufgeprägte Sklavenzeichen von Manpower gesehen hatte. Selbst über eine gewisse Entfernung hinweg war es praktisch unmöglich, dieses Zeichen zu überdecken - oder vorzutäuschen.
Arai streckte sich. Die kleine Brücke schien noch kleiner zu werden. Er lächelte seine Kameraden an und streckte träge die Zunge heraus.
Es bestand keinerlei Notwendigkeit, das Manpower-Sklavenzeichen vorzutäuschen. Da war es, genau auf seiner Zungenspitze, und dort war es schon gewesen, als seinerzeit die Manpower-Arbeitsschritte abgeschlossen waren, die dort das Gegenstück der ›Geburt‹ darstellten.
F-23xb-74421-4/5.
Das vorangestellte ›F‹ kennzeichnete einen Sklaven vom Schwerstarbeiter-Typ. ›23‹ war der Körpertyp. ›xb‹ statt des üblichen ›b‹ oder ›d‹ für einen männlichen Sklaven zeigte an, dass es sich um eine experimentelle Variante handelte - in diesem Falle ging es um Genmanipulation mit dem Ziel, zusätzlich zu der gewaltigen Körperkraft auch noch außergewöhnliche Geschicklichkeit zu erhalten. ›74421‹ war der Zuchtsatz, und »4/5«, bedeutete, dass Hugh das vierte von fünf männlichen Kindern war, die zur gleichen Zeit ›geboren‹ worden waren.
»Was für ein Outfit willst du denn dieses Mal tragen, Schatz?«, fragte Marti. »Verschmutzte Lumpen, zerfetzte Lumpen oder lieber Lumpen mit Flecken von unbekannter, aber höchstwahrscheinlich immens widerlicher Herkunft?«
»Nimm die Flecken«, entschied Haruka. Er deutete auf den Bildschirm. Sie hatten den Hangar schon fast erreicht. Jetzt konnte man auf dem Bildschirm nur noch einen kleinen Ausschnitt von Parmley Station erkennen. Dieser Teil der Station wirkte - wenig überraschend - alt und verschlissen. Doch zugleich war er auch schlichtweg dreckig, und das war unter Vakuum-Bedingungen alles andere als normal. Vermutlich war das eine Nebenwirkung des Plasma-Torus' vom nahen Mond. »Das verdammte Ding sieht aus, als müsste es dringend mal wieder anständig geschrubbt werden.«
Wieder quäkte die Com-Einheit. Dieses ›Quäken‹ war gänzlich artifizieller Natur, das Produkt genialer beowulfianischer Elektroingenieurskunst. Das Signal wurde automatisch auch auf das Com-Gegenstück der Sklavenhändler übertragen und erweckte so einen angemessen heruntergekommenen Eindruck sämtlicher Gerätschaften an Bord.
»Nehmen Sie Dock 5.«
»Okay«, gab Garner zurück. »Also Dock 5.« Sie schaltete das Com ab.
»Und das wird auch gleich geschrubbt werden. Sogar feucht nachgewischt.«
Arai nickte. »Das Gefäßsystem des menschlichen Körpers enthält durchschnittlich fünf bis sechs Liter Blut. Das gilt sogar für Sklavenhändler, obwohl die gar kein Herz haben.«
Kapitel 10
Brice Miller betätigte die Bremsen und brachte die Gondel gemächlich zum Stehen. Die Bremsen basierten auf einer uralten Technik. Sie verließen sich auf das Prinzip der Hydraulik und funktionierten einwandfrei. Tatsächlich mochte Brice sie sogar. Wie so viele andere Teile der Station auch, bei denen nur allzu viel provisorisch repariert oder erneuert worden war, erforderte es ein gewisses Geschick, sie zu bedienen.
Eine kleine Gruppe erwartete ihn am Endpunkt der Bahn. Brice winkte seinen Cousins James Lewis und Ed Hartman zu und versuchte sich ein allzu offensichtlich mürrisches Gesicht zu verkneifen, als er das dritte und vierte Mitglied der kleinen Versammlung erkannte.
Es waren Michael Alsobrook und Sarah Armstrong. Sie waren schon Mitte zwanzig, keine Teenager wie Ed und James und Brice selbst.
Ja, Mitte zwanzig und schon kurz vor dem Verkalken, dachte Brice zsäuerlich. Endlich kam die Gondel ganz zum Stillstand, und Brice kletterte heraus.
»Jetzt schau uns nicht so finster an«, sagte Sarah. »Du kennst doch die Spielregeln - und außerdem sind es sowieso Gannys Spielregeln.«
»Natürlich bin ich ganz ihrer Meinung«, setzte Alsobrook hinzu. »Das Letzte, was wir in einer so prekären Situation gebrauchen können, sind freilaufende Hormone mit
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