Jerry Cotton - 0513 - 12 Stunden Todesangst
Rand des Loches, bereit, mich sofort wieder fallen zu lassen.
Doch das chaotisch aussehende Zimmer war leer.
Mit dem ersten Blick sah ich etwas, was mich ungemein beruhigte. Auf einem Sessel lag eine Pistole mit aufgesetztem Schalldämpfer. Benny Rose war offensichtlich unbewaffnet. Die Maschinenpistole lag unten im Laden, begraben unter dem an einem Genickbruch gestorbenen Mann, von dem ich bisher nur den Spitznamen Fatso kannte. Der Colt, mit dem er mich niedergeschlagen hatte, war bei der Polizei, nachdem er ihn auf die Straße geworfen hatte. Und hier lag die Schalldämpferpistole.
Ich schwang mich hoch und fühlte mich jetzt schon viel wohler. Mit zwei großen, aber lautlosen Schritten war ich an der Tür zum Flur. Ich lugte um die Ecke und huschte weiter.
Ein letzter Schritt brachte mich an die Schlafzimmertür.
Ich sah Entsetzen in den Augen der Gefesselten. Sie mußten denken, ich sei ein ihnen bisher unbekannter Gangster.
Benny Rose stand gebeugt über dem immer noch an den Händen gefesselten und durch einen Knebel zum Schweigen gebrachten Mädchen und massierte mit rohen Griffen die blaurot angeschwollenen Fußgelenke.
»Benny Rose«, flüsterte ich.
Er fuhr herum, als habe ihn ein kalter Blitz getroffen.
Ich hatte schon meine 38er in der Hand. Er sah es und blieb mitten in der Bewegung stehen.
»Hands up, Rose«, sagte ich, ohne meine Stimme sonderlich anzustrengen. »Ich bin Cotton vom FBI, wie Sie…«
Meine Kollegen ersparten es mir, den Satz beenden zu müssen.
Berstend gingen die Fensterscheiben in Trümmer, und sofort stürzten zwei Mann ins Zimmer. Ich zuckte zusammen, denn ich hatte keine Ahnung, daß Phil in diesem Moment den Angriffsbefehl gegeben hatte.
Sekunden später barst auch die Wohnungstür, und fast gleichzeitig stürmten sie über eine Fahrleiter durch das Wohnzimmerfenster.
Cassel war der erste Kollege, der die Lage erkannte. »Jerry!« brüllte er. Benny Rose wollte die Gunst des Augenblicks nutzen. Er fuhr herum, sprang jedoch direkt in die Arme des nächsten Kollegen.
Dann überschlugen sich die Ereignisse.
Der Kopfschmerz kam wieder. Es war vermutlich wirklich eine Gehirnerschütterung. Irgend etwas bohrte in meinem Schädel. Ich lehnte mich gegen die Wand und schloß die Augen.
»… und der da steht und schläft«, riß mich eine bekannte Stimme wieder in die Wirklichkeit zurück.
Phil stand in der Tür und tat so, als schüttle er empört den Kopf. Aber ich sah die feinen Lachfalten um Mund und Augen.
»Habt ihr sie alle, Phil?« fragte ich. »Ford gefesselt im Laden, Fatso tot auch unten, Benny Rose hier oben und Mason bei euch unten?«
»Ja, Jerry, wir haben sie alle.«
»Die Leute hier brauchen einen Arzt, Phil.«
»Du auch, Jerry.«
Ausnahmsweise widersprach ich in diesem Punkt nicht. Die Brandwunde mußte auf jeden Fall versorgt werden. Und 24 Stunden Schlaf wegen der Gehirnerschütterung konnten auch nichts schaden'.
»Komm, Jerry, die Ambulanz ist unten. Oder brauchst du eine Trage?«
Ich wollte den Kopf schütteln, aber es ging nicht. Der Schmerz war zu stark. Phil nahm mich am Arm, als wäre ich ein uralter Mann. »Komm!«
Wir gingen zusammen den Flur entlang.
Mr. High kam uns entgegen.
»Jerry!«
»Hallo, Mr. High. Muß ich gleich einen Bericht machen oder…?«
»Das bestimmt der Arzt«, sagte auch er. Ich mußte verteufelt mitgenommen aussehen.
Ich ging weiter, Phi] führte mich. Wir waren fast an der Tür, als uns Joe Brandenburg entgegenkam.
Ich blieb noch einmal stehen. »Joe!«
»Jerry, old Boy?«
»Da ist Mr. High«, sagte ich, »melde dich gleich zum Dienstantritt, sonst glaubt er noch, das wäre eine Begrüßungsfeier für dich gewesen.«
ENDE
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